SG #188: Heinrich Hoffmann und sein Struwwelpeter
Habt Ihr schon einmal etwas vom Struwwelpeter gehört? Dieses Buch
gehört zu den erfolgreichsten deutschen Kinderbüchern und wurde in
viele Sprachen übersetzt. Mark Twain hat das Buch beispielsweise
ins Englische übersetzt ( Titel: Slovenly Peter).
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Beschreibung
vor 6 Jahren
Habt Ihr schon einmal etwas vom Struwwelpeter gehört? Dieses Buch
gehört zu den erfolgreichsten deutschen Kinderbüchern und wurde
in viele Sprachen übersetzt. Mark Twain hat das Buch
beispielsweise ins Englische übersetzt ( Titel: Slovenly Peter).
Der Struwwelpeter ist die Titelfigur des 1845 veröffentlichten
Buches von Heinrich Hoffmann. Er war Arzt, Psychiater und
Zeichner. Das Bilderbuch „Der Struwwelpeter“ enthält Geschichten
über unvorsichtige oder ungehorsame Kinder, die durch ihren
Leichtsinn Schaden erleiden.
Wie kam nun Heinrich Hoffmann auf die Idee, dieses Buch zu
schreiben? Im Dezember 1844 war sein Sohn Carl drei Jahre alt.
Sein Vater wollte ihm ein Bilderbuch zu Weihnachten schenken,
fand aber keines, das ihm gefiel. Er kaufte sich kurzerhand ein
Schreibheft und beschloss, selber ein Kinderbuch zu basteln. Da
er ein begabter Zeichner und Schriftsteller war kam dabei ein
Buch heraus, das seinem Kind gut gefiel, und später auch dem
gesamten Bekanntenkreis. Hoffmann wurde von vielen dazu
aufgefordert, das Buch drucken zu lassen, und zu veröffentlichen.
Und genau das tat er.
Bei der Veröffentlichung hieß das Buch noch „Lustige Geschichten
und drollige Bilder für Kinder von 3–6 Jahren“ und der Autor
verwendete das Pseudonym Reimerich Kinderlieb. Jetzt seid Ihr
bestimmt neugierig geworden, welche Geschichten in dem Buch
stehen. Die Titelgeschichte ist die kürzeste. Der Struwwelpeter
wehrt sich gegen Schere und Kamm. Deshalb hat er lange,
ungepflegte („struwwelige“) Haare und sehr lange Fingernägel. Er
ist eine sehr ungepflegte, garstige Erscheinung, mit der niemand
etwas zu tun haben will.
Es gibt auch die Geschichte des Tierquälers Friedrich. „Der
Friederich, der Friederich der war ein arger Wüterich!“ Er quälte
Tiere zu seinem Vergnügen, bis er an einen großen Hund geriet:
„Da biss der Hund ihn in das Bein, Recht tief, bis in das Blut
hinein.“
Die Moral von dieser Geschichte – also das, was man daraus lernen
kann: Quäle keine Tiere!
Im Buch wird auch deutlich gegen Rassismus Stellung bezogen: Ein
schwarzes Kind, ein „Mohr“, wird von drei Kindern verspottet. Die
Kinder werden ermahnt, das bleiben zu lassen. Sie gehorchen nicht
und werden daraufhin in ein Tintenfass gesteckt, und sind
hinterher noch „viel schwärzer als das Mohrenkind.“
Eine weitere Geschichte: Der Zappel-Philipp, der auch im Buch
beschrieben wird, gilt als erstes Beispiel eines Kindes mit ADHS,
also mit der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung. Er
zappelt am Tisch herum und zieht dabei die Tischdecke mitsamt des
Essens herunter. Die Eltern sind daraufhin wütend, weil sie
nichts mehr zu essen haben.
Als es in den 1970er Jahren zu großen Veränderungen bei der
Kindererziehung kam, wurde der Struwwelpeter kritischer gesehen
als zuvor. Es wurde kritisiert, dass mit den Kindern schlimme
Dinge passieren. Beispielsweise wurde dem Jungen, der ständig den
Daumen in den Mund steckte, der Daumen mit einer Schere
abgeschnitten. So wie dem Daumenlutscher geht es vielen Kindern
im Buch – viele von ihnen kommen zu Schaden. Der Suppenkasper
stirbt, weil er nichts mehr essen will, der fliegende Robert geht
bei einem Sturm mit einem Schirm ins Freie und wird vom Wind
davongetragen und ward nicht mehr gesehen und Paulinchen
verbrennt, weil sie mit Streichhölzern spielt. Der Struwwelpeter
wurde also der „schwarzen Pädagogik“ zugerechnet, die mit
empfindlichen Strafen und Gewalt arbeitet, und bei der die Kinder
gebändigt und gekränkt werden. Ein beliebter Satz der schwarzen
Pädagogik war: „Wer nicht hören will, muss fühlen.“
Heinrich Hoffmann tut man aber damit unrecht. Er war ein
Menschenfreund und liebevoller Vater. Die einzelnen Geschichten
werden bewusst übertrieben dargestellt. Vergleichbar sind sie
eher mit den klassischen Märchen, die man sich heute noch
erzählt. In manchen Zeichentrickfilmen für Kinder geht es weitaus
gewalttätiger zu.
Was meint Ihr zum Struwwelpeter? Sollte man ihn Kindern auch
heute noch vorlesen, oder lieber nicht?
Falls ihr das Buch lesen möchtet, hier ist ein PDF des ganzen
Buches: http://www.gasl.org/refbib/Hoffmann__Struwwelpeter.pdf
Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg188kurz.pdf
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