Die Gender-Debatte in Deutschland – SG #215
Es tut mir leid, dass ich in diesem Fall nicht so richtig vom
Anglizismus wegkomme. Natürlich kann ich sagen, dass es in der
heutigen Episode über die Geschlechterdebatte geht - aber das Wort
Gender hat sich in Deutschland mittlerweile durchgesetzt.
9 Minuten
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vor 5 Jahren
Es tut mir leid, dass ich in diesem Fall nicht so richtig vom
Anglizismus wegkomme. Natürlich kann ich sagen, dass es in der
heutigen Episode über die Geschlechterdebatte geht – aber das
Wort Gender hat sich in Deutschland mittlerweile durchgesetzt. Es
geht heute also um Männer, Frauen – und nicht nur das. Natürlich
ist das mal wieder ein Thema, das ich nur oberflächlich
besprechen kann. Immerhin gibt es ganze Forschungszweige darüber.
Denn wir reden heute auch über das dritte Geschlecht. So
bezeichnen wir Menschen, die sich weder als „männlich“ noch als
„weiblich“ einordnen möchten oder können. Seit 2018 dürfen sich
diese Menschen in ihren Ausweis das Geschlecht „divers“ eintragen
lassen. Der Bundestag hat das als Gesetz verabschiedet. Das
bedeutet, dass bei der Geburt eines Kindes auch das „diverse“
Geschlecht eingetragen werden kann, wenn diese Kinder nicht
eindeutig das männliche oder weibliche Geschlecht haben. Früher
war es so, dass die Eltern sich entscheiden mussten. Seitdem ist
es übrigens auch üblich, dass bei Stellenanzeigen zum Beispiel
steht „Verkäufer (m/w/d).
Für viele Menschen in Deutschland war das alles ein großes
Problem. Sie regten sich auf, als es Diskussionen über Toiletten
gab. Ein Beispiel: Eine als Frau geborene Person fühlt sich
eigentlich als Mann. Das nennt man transgender. Der Körper bleibt
aber der einer Frau, wenn sich diese Person keinen Operationen
unterzieht. Auf welche Toilette sollte die Person also gehen? Auf
der Frauentoilette würde niemand etwas merken – aber die Person
selber würde sich nicht wohlfühlen. Auf der Männertoilette würde
sie sich selber gut fühlen, die Männer dort wären aber verwirrt.
Daher wurde diskutiert, entweder wieder Unisex-Toiletten
einzuführen, also Toiletten für alle Menschen, egal welchen
Geschlechts. Oder man wollte spezielle Toiletten bauen, die für
all jene wären, die sich weder als „Mann“ noch als „Frau“ sehen.
Als „Gender-Wahn“ oder „Gender-Gaga“ wurden Gespräche über das
dritte Geschlecht oft abgetan. Sehr ernst wird auch eine andere
Diskussion geführt, und zwar jene um die Ungleichbehandlung von
Männern und Frauen. Der sogenannte „Gender Pay Gap“ ist natürlich
auch in Deutschland ein Thema. Frauen verdienen im Durchschnitt
weniger als Männer mit der gleichen Qualifikation. Oft werden
auch die höheren Posten mit Männern besetzt, nicht mit Frauen. In
der Politik tut sich da zum Glück einiges: Angela Merkel ist
schon sehr lange unsere Kanzlerin. 40 Prozent der Ministerposten
sind mit Frauen besetzt. Im Parlament sitzen aber nur 30 Prozent
Frauen. Weiterhin bleibt die Familie Frauensache in Deutschland:
Nur 55 Prozent der Frauen arbeiten, bei den Männern sind es 78
Prozent.
Ein Thema, das mich gerade sehr beschäftigt, ist das Thema
Sprache. Unsere deutsche Sprache geht in der Regel von Männern
aus. Ein Beispiel: In den Nachrichten wird von einer aktuellen
Forschung berichtet. Der Sprecher sagt dann: „60 Wissenschaftler
haben eine Entdeckung gemacht“. Es sind also Wissenschaftler –
nicht Wissenschaftlerinnen. Um das zu verhindern, gibt es
verschiedene Möglichkeiten: Lange Zeit sah man dann ein großes
„I“ im Wort. Dann waren es also WissenschaftlerInnen. Dieses
sogenannte Binnen-I sollte Männer und Frauen gleich behandeln und
für eine geschlechtergerechte Sprache sorgen. In der offiziellen
deutschen Rechtschreibung gibt es das große „I“ mitten in einem
Wort nicht. Und ich hatte auch gerade beim Schreiben des Textes
das Problem, dass meine Autokorrektur das große „I“ als
Tippfehler entfernt hat. Außerdem sieht es immer aus wie ein
kleines „l“, oder?
Wie kann ich denn dann kennzeichnen, dass ich alle Geschlechter
meine? Viele verwenden das sogenannte Gendersternchen, also dann
wären es die Wissenschaftler*innen. Aber das sieht auch immer
komisch aus, finde ich. Es trennt das Wort. Und: Screenreader,
die beispielsweise für blinde Menschen den Text vorlesen, lesen
dann so wie ich gerade „Wissenschaftler*innen“. Jedes Mal
„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ zu sagen ist
umständlich. Nur Wissenschaftlerinnen zu sagen und alle zu
meinen, wird so nicht erkannt. Ich habe mich dazu entschlossen,
den Doppelpunkt zu verwenden – dann sind es also
Wissenschaftler:innen.
Was ich übrigens oft im Radio höre, ist entweder eine kleine
Pause zwischen dem Wissenschaftler und den „innen“. Also
Wissenschaftler:innen. Oder sie versuchen es zu vermeiden, das
Geschlecht zu benennen. Dann werden aus Studentinnen und
Studenten die Studierenden, aus Forscherinnen und Forschern die
Forschenden.
Sprache ist wichtig, um Menschen nicht zu diskriminieren. Vor
allem ist aber wichtig, dass wir in unserem Handeln niemanden
diskriminieren. Jeder Mensch ist anders. Freuen wir uns darüber.
Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg215kurz.pdf
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