Der Rattenfänger von Hameln – SG #234
Ich habe überlegt, welche die wohl bekanntesten Geschichten und
Sagen aus Deutschland sind. Über die Loreley habe ich dir schon
etwas erzählt - aber vom Rattenfänger von Hameln noch nicht! Also:
Wir schreiben das Jahr 1284 und wir sind in einem klei...
9 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 4 Jahren
Ich habe überlegt, welche die wohl bekanntesten Geschichten und
Sagen aus Deutschland sind. Über die Loreley habe ich dir schon
etwas erzählt – aber vom Rattenfänger von Hameln noch nicht!
Also: Wir schreiben das Jahr 1284 und wir sind in einem kleinen
Dorf, das in Niedersachsen liegt, ungefähr 50 Kilometer von
Hannover entfernt. Es heißt Hameln. Die Geschichte geht so:
Eines Tages kam ein Mann in dieses Dorf. Er war sehr bunt
gekleidet und trug eine Flöte bei sich. Sein Beruf: Rattenfänger.
Sein Name ist nicht bekannt, genannt wurde er aber „Bunting“,
wegen seiner Kleidung.
In Hameln freute man sich über seine Ankunft, denn das Dorf war
von Ratten und Mäusen geplagt. Sie sprangen am helllichten Tag
auf Stühlen und Tischen herum, versteckten sich in Ecken und
Gassen und waren einfach überall.
Also versprach man ihm viel Geld, wenn er das Problem lösen
könnte. Der Rattenfänger zückte also seine Flöte und begann zu
spielen. Sein Flötenspiel war so bezaubernd, dass die Ratten und
Mäuse erstaunt aufhorchten. Sie folgten ihm. Der Rattenfänger
spielte weiter und ging langsam aus dem Dorf hinaus und hinunter
zur Weser. Das ist ein Fluss, der durch Hameln fließt. Er ging
also hinein ins Wasser, und die Tiere folgten ihm. Weil sie nicht
schwimmen konnten, ertranken sie im Fluss. Und Hameln war diese
Plage endlich los!
Anstatt dem Mann aber dankbar zu sein und ihm sein Geld zu geben,
verweigerten sie ihm den Lohn. Wütend ging der Mann davon. Aber
er kam wieder. Diesmal an einem sehr frühen Sommermorgen. Er sah
verändert aus, wie ein Jäger. Er fing wieder an, eine schöne
Melodie zu pfeifen. Dieses Mal aber lockte er nicht Ratten und
Mäuse aus den Häusern, sondern die Kinder des Dorfes. Sie folgten
ihm, und er führte sie weg. Ein Kindermädchen sah es und erzählte
den anderen Eltern davon. Doch so sehr sie auch suchten: Der Mann
und die Kinder wurden nie wieder gesehen. Nur zwei Kinder kamen
zurück, aber da das eine nicht reden konnte und das andere blind
war, konnten sie nicht erklären, was aus den anderen Kindern
geworden war. Das war also die Rache des Mannes: Er nahm den
Menschen von Hameln ihre Zukunft.
Diese düstere Geschichte kennen viele Menschen auf der ganzen
Welt. Die Gebrüder Grimm haben sie bekannt gemacht. Sie schrieben
die Geschichte 1816 in ihrem Buch der Deutschen Sagen auf. Goethe
hielt sie 1802 in einem Gedicht fest. Und auch Bertolt Brecht
dichtete etwas dazu. Die Internetseite der Stadt Hameln hat
übrigens all diese Originaltexte und Übersetzungen in
verschiedene Sprachen parat.
Ist es wirklich nur eine Geschichte, oder gibt es eine
historische Wahrheit dahinter? Das ist schwer zu sagen. Vermutet
wird, dass hier zwei Geschichten verknüpft wurden. Wahrscheinlich
ist der Teil mit den Ratten eine erfundene Geschichte. Denn
Ratten und Mäuse scheinen nicht auf Flötentöne zu reagieren.
Aber den Auszug der Kinder könnte es gegeben haben. In dieser
Zeit versuchte man, Menschen aus Deutschland im Osten
anzusiedeln. Vielleicht waren die Kinder also nach Siebenbürgen,
Mähren oder Pommern ausgewandert. Vielleicht gingen sie nicht
ganz so weit – denn in Brandenburg gibt es viele Gemeinden, die
einen ähnlichen Namen haben wie Hameln. Möglicherweise wanderten
also junge Menschen aus Hameln nach Osten aus und ließen sich
dann in Brandenburg nieder. Zur Erinnerung benannten sie die Orte
dann nach ihrer alten Heimat. Eventuell machte der Rattenfänger
einfach Werbung für den Umzug. Klingt nachvollziehbar, finde ich.
Noch heute lebt die Sage in der kleinen Stadt Hameln weiter – sie
nennt sich auch offiziell die „Rattenfängerstadt Hameln“. Die
Figur des Rattenfängers ist auf der Internetseite zu sehen und in
Kunstwerken. Männer führen Touristen als Rattenfänger durch die
Stadt. 57.000 Einwohner hat sie übrigens heute. Ein Haus heißt
auch „Rattenfängerhaus“. Es steht an der Bungelosenstraße. Durch
diese Straße soll der Rattenfänger die Kinder geführt haben. Bis
heute ist daher in dieser Straße Tanz und Musik verboten. 2014
wurde die Sage sogar von der UNESCO als Kulturerbe anerkannt.
Die Figur des Rattenfängers taucht in Comics, Kunstwerken und
Musikstücken auf. Und es ist auch ein Wort geworden, das wir
heute noch verwenden: Wenn jemand viele Menschen in seinen Bann
zieht, sie sozusagen verführt, dann ist er ein Rattenfänger. Das
wird zum Beispiel von manchen Politikern gesagt.
Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg234kurz.pdf
Weitere Episoden
11 Minuten
vor 1 Woche
10 Minuten
vor 3 Wochen
8 Minuten
vor 1 Monat
10 Minuten
vor 1 Monat
10 Minuten
vor 2 Monaten
In Podcasts werben
Abonnenten
Berlin
Oberderdingen
Bonn
hürth
Berlin
dortmund
amberg
Karlsruhe
Werl
Mashhad
Altötting
Wien
Frankfurt am Main
syria
Sterzing
Tuttlingen
Kommentare (0)