Die Arbeit als IT-Freelancer mit Christian Dröge – IT-Berufe-Podcast #170

Die Arbeit als IT-Freelancer mit Christian Dröge – IT-Berufe-Podcast #170

Über seine Arbeit als IT-Freelancer erzählt Christian Dröge in der einhundertsiebzigsten Episode des IT-Berufe-Podcasts. Die Arbeit als IT-Freelancer Allgemeines zur Person Wie ist dein Name? Christian Dröge, 43 Jahre alt, aus Frankfurt.
1 Stunde 11 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren

Über seine Arbeit als IT-Freelancer erzählt Christian Dröge in
der einhundertsiebzigsten Episode des IT-Berufe-Podcasts.
Die Arbeit als IT-Freelancer Allgemeines zur Person

Wie ist dein Name?

Christian Dröge, 43 Jahre alt, aus Frankfurt. Ich bin
seit 2007 Freelancer in der IT.



An welchen Projekten arbeitest du zur Zeit?

Als IT-Consultant bin ich zurzeit in einem
Digitalisierungsprojekt bei einem internationalen Real Estate
Asset Manager, der Immobilien-Fonds verwaltet.

Hier habe ich mit einem IT-Freelancer-Kollegen (Software
Entwickler/Architekt) eine Art ERP (Enterprise Resource
Planning) bzw. ein Portfolio Management System mit DWH (Data
Warehouse) gebaut. Ziel des Projekts ist es, von der
Excel-Welt via Datenbankanwendung zur Web-Anwendung zu
kommen.

Technisch habe ich hier mit Microsoft SQL Server, Access
und Excel also mit T-SQL und VBA viel zu tun. Mein Kollege
programmiert sehr viel mit C# und PowerShell für
Schnittstellen, um u.a. CSV- und XML-Dateien zu importieren
und exportieren.

Ich beginne bald noch ein weiteres Projekt als
Requirements Engineer bzw. Anforderungsmanager im
öffentlichen Sektor, wo ich es mit Oracle-Datenbank, XML,
BPMN und UML zu tun habe. Das bestehende Projekt bzw. System
betreue ich dann ein bisschen nebenbei.



Wie bist du zur Informatik gekommen?

Über das Computerspielen hatte ich schon in der Kindheit
mit C64, Amiga 500 und PC immer schon viel Spaß mit dem
Computer. Ende der 90er kam noch das Internet dazu.

In den 90ger-Jahren habe ich ein Fachabitur Wirtschaft
und eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann
gemacht. Ich wollte unbedingt etwas Kreatives studieren, weil
ich gerne zeichne und mir Comics und Brettspiele ausdenke.
Aber mein Wunsch Kommunikationsdesign hat nicht geklappt.

Irgendwann wusste ich, dass ich etwas Kreatives bzw.
Technisches erschaffen können muss, um langfristig
erfolgreich und unabhängig zu sein. Als Kaufmann braucht man
ja jemanden, der ein Produkt bzw. Dienstleistung erschaffen
kann, um es verkaufen zu können.



Welche Ausbildung bzw. welches Studium hast du im Bereich der
Informatik absolviert?

Ich habe ein FH-Diplom in Wirtschaftsinformatik.

Angefangen habe ich mit Medieninformatik, aber darunter
hatte ich mir etwas anderes vorgestellt.

Vor paar Jahren habe ich auch an der Uni Bamberg
Wirtschaftsinformatik studiert, um einen Master
berufsbegleitend zu machen. Habe ich aber nach 3 Jahren
abgebrochen, da zu aufwändig und zu wenig Mehrwert für einen
IT-Freelancer wie mich.



Mit welcher/n Programmiersprache/n arbeitest du im Alltag?

Hauptsächlich VBA mit SQL.



Was ist deine Lieblingsprogrammiersprache und warum?

Mir gefällt aus dem Studium Java und im Job bzw.
Fortbildung C#, da einfacher als C++ (Studium). Aber ich kann
aktuell nur noch VBA gut, da ich direkt bei den
Fachabteilungen arbeite und die haben nur Microsoft Office
und somit VBA im Einsatz.



IT-Freelancing

Welche Dienstleistungen bietest du genau an?

IT-Beratung mit Schwerpunkt Business Analyse und
Requirements Engineering für Datenmanagementlösungen also
Datenbanken und Business Intelligence.

Vor Projekten berate ich die Kunden zu Business Cases
oder Make-or-buy-Entscheidungen.

Ich berate auch dabei, welche Rollen für das Team
benötigt werden. Und am Ende gibt es „Lessons Learned“.

Im klassischen Wasserfallmodell erstelle ich z.B.
Pflichtenhefte. Hier wird oft DOORS eingesetzt.

Methodiken, die ich einsetze: Pflichtenheft, UML
(Aktivität, UseCase), BPMN (SwimLanes, Prozessmodellierung).

PowerPoint setze ich auch gerne zum „Malen“ von Prozessen
ein. Visio hat meist niemand, genau wie Microsoft Project.
LucidCharts ist auch interessant für kleine Projekte.

Weiterer Schwerpunkt von mir: Datenbanken, Business
Intelligence, Datenmodellierung, XML-Schnittstellen,
relationale Datenbanken, Microsoft SQL Server/Oracle. Daten
modellieren und für Fachbereich bereitstellen mit
Excel/Access, PowerBI etc.

Bei „Make-or-buy“ schaue ich, ob es Lösungen am Markt
gibt („best of breed“). Sonst bauen wir die selbst.

Prototyping ist dabei immer wichtig und macht auch viel
Spaß.

Viele Kunden haben Daten noch in PDF-Dateien und Excel
und sind noch längst nicht bei „Big Data“ angekommen!



Wie sieht dein Alltag als Freelancer aus? 9-to-5 oder
Überstunden ohne Ende?

Wenn die Familie versorgt ist, setze ich mich an den
Computer und bearbeite meine E-Mails (erst die wichtigen des
Freelancers, dann die der Kundenprojekte) oder fahre zum
Kunden.



Arbeitest du wirklich „selbst“ und „ständig“?

Ich arbeite in den Projekten selbst. Beim Drumherum
(Büro, Papierkram, Buchhaltung, etc.) unterstützt mich meine
Frau, die für mich seit 10 Jahren arbeitet.

Ständig arbeite ich nicht. Ich bin natürlich immer an
Methoden, IT und Wirtschaft (also Prozessen und Management)
interessiert. Ich arbeite nicht mehr als andere. 40 Stunden
pro Woche.



Wann und warum hast du den Entschluss gefasst, dich
selbstständig zu machen?

Während meines ersten Projekts als festangestellter
IT-Berater. Ein Kollege hat mir gesagt, er mache sich jetzt
selbstständig, und mir empfohlen, das auch zu tun.

Mein Ziel war, selbst über die Projekte entscheiden zu
können und natürlich auch mehr zu verdienen.

Vorher war ich Praktikant und habe mitbekommen, dass
Berater 1.000 EUR Tagessatz haben. Das hat mich schon
beeindruckt.



Wie lange dauern deine Projekte?

Ich mache eher lange Projekte, also durchaus mehrere
Jahre.

Oft gibt es auch Folgeprojekte, denn die Systeme haben
eine lange Lebensdauer. Da kommen dann weitere Anforderungen
dazu.



Wie entscheidest du dich zwischen konkurrierenden Projekten?

Das Projekt, welches zur meiner Rolle, meinen Skills und
zu meiner Lebenssituation passt, nehme ich an. Also
IT-Berater (Datenbanken), Remote, langfristig (> 6 Monate)
und höchster Stundensatz ist am interessantesten.

Ich habe meist ein Hauptprojekt und ein Nebenprojekt in
„Teilzeit“.



Wie findest du deine Kunden/Projekte?

XING, LinkedIn, Freelancermap, Lyncronize, Gulp, oder
Personalberater (z.B. Hays) kontaktieren mich.



Wie bist du in die Selbstständigkeit gestartet? Was war dein
erstes Projekt?

Ein Kollege hat sich selbstständig gemacht und mich
„inspiriert“.

Ich hatte einen „Deal“ mit meinem Arbeitgeber, dass ich
25% vom Tagessatz abgebe.

2007 lag ich bei 67,50 EUR pro Stunde „all in“. Das war
viel Geld für mich!

Als IT-Freelancer konnte ich innerhalb eines Monats mein
Einkommen im Vergleich zu meinem Gehalt als festangestellter
IT-Berater verdreifachen.

Festangestellt hatte ich zwar eine gewisse „Sicherheit“,
aber ich habe es einfach ausprobiert und bin das Risiko
eingegangen.

Seit 2007 war ich nicht einen Tag ohne Projekt!



Ist der Freelancer krisenfester als eine Festanstellung?

IT wird immer gebraucht, aber es kommt auch auf das
Unternehmen an.

Ich habe als Junior IT-Consultant im Jahr 2008 schon
einmal über 20.000 EUR Umsatz im Monat durch viele
Überstunden verdient. Das ist als Festangestellter nicht so
einfach möglich.



Was sind aus deiner Sicht die Vor- und Nachteile des
Freelancings ggü. einer Festanstellung?

Mehr Freiheit (wo und was) und (viel) mehr Geld als
Fachkraft.

Kein Geld bei Urlaub, Krankheit, wenn kein Projekt läuft
und während Fortbildungen.

Wenn man oft krank ist, ist der Job Freelancer nichts!
Und viel Urlaub ist meist auch nicht drin, denn in der Zeit
verdient man nichts.



Arbeitest du eher remote oder vor Ort bei Kunden?

Vor Corona vor Ort. Jetzt ca. 80% Remote.



Wie hast du deinen (ersten) Stundensatz bestimmt?

Deal mit Arbeitgeber: Stundensatz – 25%

Ansonsten Durchschnitt IT-Freelancer-Marktpreis
(Projektmanager, Berater, Entwickler, Admin, Tester,
Support), immer mehr als jetzt und nicht weniger als aktuell,
weniger nur, wenn es andere Vorteile gibt, wie z.B. 100%
Remote.

95 EUR ist aktuell der Marktdurchschnitt, geht aber 2021
wieder runter (ca. 10%) wegen 100% Remote-Arbeit.

Ein hoher Stundensatz heißt aber auch oft: „Den müssen
wir schnell wieder loswerden!“ Daher eher am Markt
orientieren. Dann ist man „ständig da“ und läuft unter dem
Radar.



Gibt es etwas, das du am Freelancing nicht magst (z.B.
Buchhaltung, Akquise)?

Die Ungewissheit (Trends und Krisen), da ich mir die
Projekte nicht selbst ausdenke.

Buchhaltung ist nichts für mich, aber dafür habe ich
meine Frau eingestellt, die Finanzbuchhalterin ist. Wir
machen das mit Lexware.

Lexoffice haben wir uns auch angeschaut, aber das ist nur
für „neue“ Freelancer gut, da die Altdatenübernahme nicht so
gut geht.

Website, Profil verwalten, Visitenkarten usw. mache ich
alles selbst, weil es mir auch Spaß macht.

Mein Logo habe ich damals erstellen lassen.



Wie ist das Verhältnis zwischen Fachlichkeit und dem
„Drumherum“?

90% meiner Zeit gehen in die Kernarbeit, die verrechenbar
ist. 5% brauche ich für das Drumherum. Und nochmal 5% für
Fortbildungen.



Wie hältst du dich technologisch auf dem neusten Stand?

Recherche im Internet (Fachartikel), Bücher,
LinkedIn-Learning und Udemy

Austausch mit anderen Experten

Instagram, Podcast

Ich habe gerne auch mal ein dickes Buch in der Hand.

Früher habe ich oft Seminare besucht, aber 5 Tage kosten
viel und man verdient nichts in der Zeit.

Heute läuft alles online. Und der Austausch vor Ort war
eh meist nicht gegeben, da auch nur ein Schulungsprogramm
abgespielt wird.

Zertifikate kann man auch gut online machen.

Aktuell: relationale Datenbanken entwickeln sich Richtung
Cloud und wieder ist alles neu. NoSQL ist auch wichtig.



Machst du auch Weiterbildungen in der jeweiligen Domäne?

Ja, das kann nötig sein.

Ich unterscheide drei Bereiche: Methodik, Technik,
Fachlichkeit/Branche.

Methodenwissen wie Scrum „hält“ lange im Gegensatz zu
Technologie(-Trends). Vor 5 Jahren haben wir noch alles mit
WPF umgesetzt, heute macht das keiner mehr, sondern Angular,
React etc.

Teilweise ist es auch unmöglich, bei jeder Technologie
(z.B. Webentwicklung, Cloud, KI etc.) mitreden zu können und
auf dem neuesten Stand der Technik (Trends) zu sein.

Branchenwissen ist auch sehr wichtig. Und allgemeine
Sachen wie DSGVO, Regularien, Fachbegriffe.



Wie läuft die Einarbeitung in ein neues Projekt ab?

Immer gleich: Interview, Dokumentenanalyse,
System-Archäologie, Glossar, Recherche.

Man muss sich schnell einarbeiten können als Freelancer
und muss direkt Gas geben, weil man sonst weg vom Fenster
ist. Man gibt 100% von Anfang an.

Daher habe ich viel Erfahrung mit analytischem Denken und
kann mich schnell einarbeiten.

Ich sammle Dokumente und liste sie in Excel auf. Was gibt
es schon und was fehlt? Dann führe ich Interviews, um
fehlende Daten zu finden.

Fachbegriffe muss ich auch mal im Netz recherchieren,
z.B. in einer Bank Derivate, „Value at Risk“ etc.



Wo liegt dein Fokus? Bist du Generalist oder Spezialist?

Ich bin Generalist, aber beides ist gut möglich als
Freelancer.

Der Spezialist (z.B. Entwickler) hat vielleicht eher ein
Gewerk und daher kurze Projekte, aber höheren Stundensatz und
ist sehr gefragt.

Ein Generalist (z.B. Projektmanager und Business Analyst)
wird eher weniger gesucht, weil man keinen bestimmten Fokus
hat, der gezielt benötigt wird.

Nachteil beim Spezialisten (z.B. Entwickler): Konkurrenz
mit Osteuropa/Indien, die sehr gut sind, doch geringere
Stundensätze haben.

Entwickler liegen aktuell bei ca. 80 EUR, Berater bei 90
EUR, Projektleiter bei 100 EUR.

Hohe Stundensätze (>100 EUR) gibt es insb. für
„Trend-Themen“ (z.B. Azure Cloud, Cyber Security, KI, etc.),
wenn man dort Architekt ist (also konzipieren und umsetzen
kann).

Ich bin IT-Berater. Kundenkontakt ist mir wichtig. Ich
möchte gar nicht 8 Stunden am Tag programmieren.

Aber auch Berater sollten Technik „können“, damit sie
auch mal was umsetzen können und nicht nur „schnacken“.



Welche Tipps würdest du heutigem IT-Nachwuchs geben, wenn sie
Freelancer werden wollen?

Vorher die Nachfrage überprüfen. Sich selbst überprüfen,
ob man Manager, Macher und Verkäufer-Qualitäten hat.

Altersvorsorge ist grundsätzlich wichtig, egal ob
Freelancer oder nicht.

Viele machen das inzwischen erstmal nebenberuflich und
tasten sich langsam ran.

Man kann z.B. ein eBook schreiben oder das Thema bei
Instagram/LinkedIn pushen.

Aber Technologie ist eh immer gefragt! Die
Digitalisierung lässt grüßen.

Viele Unternehmen hängen auch heute noch auf Excel fest,
da gibt es viele Möglichkeiten/Aufgaben für Freelancer.

Spannende Trends: KI, Cloud, Low Code, Process
Intelligence, IoT, Smart Factory.

Da ist es gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten
und auf dem Laufenden zu bleiben. Es werden hohe
Anforderungen an Freelancer gestellt und man schafft nicht
alles.



Würdest du nochmal zurück in die Festanstellung?

Ich bleibe Freelancer solange es geht und werde immer
(natürlich im Rentenalter weniger) arbeiten. Sonst wird mir
langweilig.

Vielleicht werde ich noch Dozent und gebe mein Wissen
weiter. Oder ich schreibe Bücher.

Eigentlich bin ich als Freelancer zur Überbrückung
gestartet und wollte danach Abteilungsleiter werden (von der
Fachkraft zur Führungskraft), aber als IT-Freelancer hat man
die Chance als Fachkraft wie eine Führungskraft (>100.000
EUR Brutto) zu verdienen.

Einige machen das auch so: bis Alter 50 als Freelancer
arbeiten und dann zurück in die Festanstellung als gut
verdienender Abteilungsleiter.

Vielleicht werde ich auch irgendwann „müde“, immer etwas
Neues zu suchen. Dann werde ich vielleicht besser
Senior/Partner.

Aber aktuell würde ich noch zu wenig verdienen als
Festangestellter.



Aus- und Weiterbildung

Was ist dein absolutes Lieblingsbuch mit Bezug zur
IT/Programmierung und warum?

Basiswissen Requirements Engineering* von Klaus Pohl und
Chris Rupp.



Welche Quellen kannst du für die Aus- und Weiterbildung im
Bereich IT empfehlen und warum?

LinkedIn-Learning und Udemy*

*



Abschluss

Wo können die Hörer mehr über dich erfahren bzw. dich
kontaktieren?

Website, Xing, LinkedIn, Instagram



Literaturempfehlungen

Christian empfiehlt Basiswissen Requirements Engineering* von
Klaus Pohl und Chris Rupp zum Einstieg in die Thematik. Er holt
es immer wieder gerne hervor und schlägt Dinge nach.


*
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