Fehlgeleitete Seuchenpanik | Von Felix Feistel

Fehlgeleitete Seuchenpanik | Von Felix Feistel

21 Minuten

Beschreibung

vor 3 Wochen

Ein Standpunkt von Felix Feistel.


Die Vogelgrippe bei Kranichen und infolgedessen auch bei
Nutzgeflügel scheint kein Ende zu finden. Bereits seit Mitte
Oktober wird von Ausbrüchen der Krankheit berichtet und mehrere
Landkreise im Nord-Osten Deutschlands ergriffen schon bald erste
Maßnahmen. Darunter der Landkreis Vorpommern-Greifswald, der nach
dem vermeintlichen Nachweis von H5N1 bei gerade einmal zwei
Kranichen eine Allgemeinverfügung erließ. Die Kraniche, die sich
aktuell auf ihrem Weg in den Süden befinden und dabei
Zwischenstation in Deutschland machen, sollen in diesem Jahr
besonders von der Vogelgrippe betroffen sein. (1) Befürchtet
wird, dass die Tiere auch Nutzgeflügel in großem Umfang anstecken
könnten, wenn die Tiere sich auf abgeernteten Feldern
niederlassen, um dort die Reste zu fressen.


Die Dynamik der Krankheit nimmt zu – zumindest medial. Der rbb
hat sogar einen Liveticker eingerichtet, in dem er die neuesten
Meldungen berichtet. (2) Hier erfahren wir, dass bereits am
Montag den 3. November fast eine Millionen Nutztiere vorsorglich
getötet wurden. Zehn Bundesländer seien mittlerweile betroffen,
in denen jeweils Nutztiere gekeult werden mussten. Diese
vorsorgliche Tötung erfolgt in der Regel mittels Vergasens oder
per Einschläferung. Bei den Massen an zu tötendem Geflügel ist es
aber unmöglich, jedem einzelnen Tier eine Spritze zu geben. In
diesem industriellen Umfang kann also nur auf mobile Gaskammern
gesetzt werden. Die Tötung und Entsorgung von Tieren ist an sich
schon ein ethisch fragwürdiges Unterfangen. So werden Tiere und
Tierbestandteile unter Anderen zu Mehlen und Fetten verarbeitet,
die dann in Alternativbrennstoffe für Kraftwerke und die
Zementindustrie, sowie in Biokraftstoffen zum Einsatz kommen. (3)


Die Spitzenwerte aus der Saison 2021, in der über zwei Millionen
Nutztiere getötet wurden, sind damit zwar noch nicht erreicht –
allerdings erwartet Christina Kühn, Präsidentin des
Friedrich-Löffler-Instituts in absehbarer Zeit keine Entspannung
der Lage. (4) Die Veterinärämter seien stark ausgelastet, und die
Bergung toter Wildtiere bleibe wichtig. Allerdings sind bis jetzt
bereits mehr Nutztiere vorsorglich getötet worden, als Kraniche
an der angeblichen Vogelgrippe gestorben sind. Zwar schreiben die
Medien in teils bildhafter Lyrik vom tragischen Tod ungezählter
Tiere, (5) aber wie viele es eigentlich genau sind wird nicht
beziffert. Im Linumer Teichland wurde die Zahl der toten Kraniche
bis zum 2. November mit bis zu 2500 beziffert. Dabei handelt es
sich allerdings lediglich um eine Erwartung und eine Schätzung.
Genaue Zahlen werden nicht kommuniziert. Auch im Nordwesten
Brandenburgs „erwartete“ man lediglich Todeszahlen unter
Kranichen im fünfstelligen Bereich – genauer um die 10.000 was
das absolute Minimum ist, um überhaupt vom fünfstelligen Bereich
sprechen zu können. (6) Das FLI, das auch das nationale
Referenzlabor für H5N1 darstellt, berichtet bislang von 250
eingesandten Tierkadavern, die positiv auf H5N1 getestet worden
seien.


Die Kraniche, so die allgemeine Erklärung, haben die Krankheit in
die Tierhaltung eingetragen, wodurch sich die Vögel in der
Tierhaltung angesteckt haben. Diese Theorie ist sehr verbreitet,
allerdings gibt es bislang keinen schlüssigen und kausalen
Nachweis dafür, dass eine solche Infektionskette überhaupt
besteht. Dennoch wird nun vermehrt von Ausbrüchen der Vogelgrippe
in Geflügelbetrieben berichtet, wobei die Vögel immer schon
getötet werden, bevor sie überhaupt Symptome entwickeln oder an
der vermeintlichen Krankheit sterben können. Die
Vogelgrippe-Panik wirkt tief hinein in die Gesellschaft, sodass
bereits jede tote Möwe zu einem Verdachtsfall wird. (7) Auch
Haustiere sollen nun in ständiger Gefahr schweben, durch Kontakt
zu erkrankten Vögeln selber zu erkranken und gegebenenfalls sogar
zu sterben. (8)


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