Europa im Schuldentaumel | Von Günther Burbach

Europa im Schuldentaumel | Von Günther Burbach

11 Minuten

Beschreibung

vor 3 Wochen

Der große Kredit auf Vertrauen


Ein Standpunkt von Günther Burbach.


Europa feiert sich selbst als „Stabilitätsanker“, während es
längst auf einem Schuldenberg steht, der jeden Tag wächst. Die
Europäische Union hat sich von einem Wirtschaftsprojekt in eine
Schuldenmaschine verwandelt und Ursula von der Leyen lächelt
tapfer in die Kameras, als wäre alles in bester Ordnung. Doch
hinter dem Lächeln bröckelt die Fassade: Die EU lebt über ihre
Verhältnisse, ihre Mitgliedstaaten ebenfalls. Und während überall
Sparprogramme, Steuererhöhungen und Sozialkürzungen drohen,
werden in Brüssel neue Milliardenfonds beschlossen, als wäre Geld
eine politische Fantasiegröße.


Es ist kaum zu fassen, wie routiniert die EU inzwischen Schulden
aufnimmt. Was 2020 als Notlösung begann, ist heute Dauerzustand.
Der „NextGenerationEU“-Fonds, einst als
einmaliger Corona-Aufbauplan gedacht, läuft längst weiter. Mehr
als 320 Milliarden Euro hat die Kommission inzwischen
aufgenommen. Bis 2026 sollen es über 800 Milliarden werden.


Dazu kommen neue Pläne:


Ein Rüstungsfonds im Umfang von bis zu 150 Milliarden Euro,

eine Ukraine-Fazilität über 50 Milliarden,

und immer neue Kreditlinien unter wohlklingenden Etiketten
wie „Green Transition“ oder „Digital Europe“.



Die EU, die laut Vertrag eigentlich keine eigenen Schulden machen
darf, hat sich selbst in einen kreditfinanzierten Staat
verwandelt, nur ohne Wähler, ohne Finanzminister und ohne
parlamentarische Kontrolle.


Die Schulden laufen über den EU-Haushalt, werden durch die
Mitgliedsstaaten garantiert und von den Finanzmärkten begeistert
aufgenommen. Warum? Weil Anleger wissen: Wenn etwas schiefläuft,
springt Deutschland ein. Die Bonität der Union ist nur so gut,
weil Berlin, Den Haag und Wien mit ihrem wirtschaftlichen Gewicht
stillschweigend dafür bürgen. Und niemand in Brüssel sagt das
laut.


Die große Täuschung: BIP statt Bonität


Das Rückgrat dieser Schuldenarchitektur ist eine Illusion, die
Vorstellung, dass ein hohes Bruttoinlandsprodukt gleichbedeutend
mit Zahlungsfähigkeit ist. Das ist ökonomischer Unsinn. Denn das
BIP misst nur, wie viel in einem Land produziert wird, nicht, was
davon übrig bleibt.


Frankreich zum Beispiel: rund 2,8 Billionen Euro
Wirtschaftsleistung, aber 3,2 Billionen Euro Schulden, das sind
114 Prozent des BIP.


Italien: 2,2 Billionen BIP, 2,9 Billionen Schulden, also 131
Prozent.


Griechenland: noch immer über 150 Prozent.


Selbst Spanien liegt bei über 110 Prozent.


Diese Staaten gelten in Brüssel trotzdem als „verlässliche
Beitragszahler“.


Warum? Weil sie groß genug sind, um nicht zu fallen und weil die
EU bei der Berechnung ihrer Zahlungsfähigkeit nicht fragt, was
real an fiskalischem Spielraum bleibt.


Das ist, als würde eine Bank Kredite vergeben, weil der Kunde
viele Rechnungen schreibt, nicht weil er sie bezahlt.


Währenddessen drängt die Kommission auf weitere gemeinsame
Programme. Von der Leyen spricht von „Souveränität“ und
„Solidarität“, meint aber: Schuldenvergemeinschaftung durch die
Hintertür.


In der Theorie ist die EU keine Schuldenunion. In der Praxis ist
sie längst eine. Mit jedem neuen Fonds wächst der Haftungsrahmen.
Der Unterschied: Er taucht nicht in den nationalen Haushalten
auf. Deutschland weist aktuell rund 2,6 Billionen Euro Schulden
aus, aber die EU-Verpflichtungen stehen dort nicht. Sie gelten
als „Eventualverbindlichkeiten“. Politisch bequem, ökonomisch
brandgefährlich.


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