Business-Talismane: Wenn Beratung zum Placebo wird

Business-Talismane: Wenn Beratung zum Placebo wird

10 Minuten

Beschreibung

vor 3 Wochen
Kartendecks & more: https://store.deine-lieferkette.deDie
Bücher zum Kanal gibt es hier:Supply Chain AD ABSURDUM (September
2025):
https://deine-lieferkette.de/supply-chain-ad-absurdum/Heilsteine
oder High-End-Beratung – gibt es Parallelen?Kürzlich habe ich zum
Start augenzwinkernd drei Heilsteine in die Kamera gehalten:
Amarit, Lapislazuli und einen mysteriösen grünlichen Stein – Preis
je nach Größe und Qualität gerne mal 10, 20 oder 25 Euro. Viele
schwören auf die magischen Effekte dieser Steine: gegen Stress,
Hautprobleme, Angstzustände und vieles mehr.Im rationalen Umfeld
eines Supply Chain Managers wird das schnell als Esoterik abgetan –
„Humbug!“, denkt sich so mancher.Doch dann halte ich ein weiteres
„Objekt“ hoch: Einen hundertseitigen Managementbericht einer
Top-Beratung. Kostenpunkt mal eben 200.000 bis 500.000 Euro – das
kostet nicht nur der Bericht, sondern das ganze Projekt. Was
passiert, wenn wir den falschen Beweggrund für die Beauftragung
haben? Dann entfaltet so ein Bericht vielleicht genauso viel (oder
wenig) Wirkung wie der Heilstein…Sind wir im „Club der
Business-Esoteriker“ gelandet?Die Kernfrage, die ich in dieser
Episode stelle: Gibt es in der Geschäftswelt analoge „Talismane“?
Also Dinge, auf die wir uns verlassen, um Sicherheit,
psychologisches Wohlbefinden oder gar Glück zu fühlen? Die Antwort:
Absolut! Ein teurer Managementbericht kann zum Business-Talisman
werden – und zwar immer dann, wenn er uns das Gefühl gibt,
abgesichert und „nicht mehr allein“ mit unseren Sorgen zu sein.In
unserer Ausbildung lernen wir, alles rational und wissenschaftlich
anzugehen. Das ist richtig und wichtig! Aber Fakt ist doch: Der
Alltag in der Supply Chain ist geprägt von Unsicherheit, Druck und
Volatilität. Zwischen Commercial, Supply Chain und Finance prallen
die Interessen aufeinander – und am Ende werden wir in der Mitte
ordentlich zerrieben. Die Angst zu scheitern ist real – und so
greifen wir häufig nach jedem „Strohhalm“, um innere Sicherheit
zurückzugewinnen. Manchmal sogar unabhängig vom Preis.Das
S&OP-Dilemma als BeispielNehmen wir das klassische
S&OP-Dilemma (Sales & Operations Planning): Der Vertrieb
will verkaufen, die Forecasts werden … nennen wir es wohlwollend …
„optimistisch“ gestaltet. Die Supply Chain bremst, will realistisch
bleiben. Finance möchte eh alles konservativ sehen.Das Ergebnis:
Man kann sich ewig nicht einigen, Prozesse stocken, Entscheidungen
werden vertagt.Und was tun wir dann?Genau – wir holen uns externe
Berater ins Haus, am liebsten von einer renommierten Adresse. Denn
die bringen – so hoffen wir – die magische Lösung mit, obwohl das
Wissen eigentlich längst im Team steckt.Typisch ist, dass wir
enorme Energien und Kosten in Auswahl und Verhandlung investieren.
Am Ende fühlen sich die eigenen Fachleute oft übergangen oder sogar
entmündigt, wenn sie die gleichen Vorschläge auf teurem
Beraterpapier präsentiert bekommen, die sie schon selbst auf der
Agenda hatten.Placebo oder echte Wirkung?Warum „wirkt“ die Beratung
scheinbar plötzlich?Weil, so ist meine Erfahrung aus unzähligen
Unternehmen, der externe Stempel eine andere Wirkung entfaltet.
Jetzt hört das Management hin, jetzt werden Prozesse angestoßen,
jetzt bewegt sich etwas.Ob das immer die beste Lösung ist? Sicher
nicht. Ich finde, wir sollten stärker unsere eigenen Teams und
unser internes Wissen nutzen. Wenn wir Kompetenzaufbau und offene
Kommunikation fördern, sparen wir nicht nur immense Kosten, sondern
gewinnen an Motivation und Ownership.Doch klar: Manchmal braucht es
den neutralen Blick von außen – aber dann bitte gezielt und
unterstützend, nicht als Talisman oder Placebo, der uns (nur) ein
sicheres Gefühl verschafft.

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