Zwei Ärztinnen zwischen Bürokratie, Krankenkassen-Wahnsinn und Berufung | Laura Dalhaus

Zwei Ärztinnen zwischen Bürokratie, Krankenkassen-Wahnsinn und Berufung | Laura Dalhaus

1 Stunde 4 Minuten

Beschreibung

vor 1 Monat

Wie funktioniert die ambulante Versorgung, vor allem im
ländlichen Raum? Welchen Herausforderungen stehen Hausärzt:innen
gegenüber und was haben Arbeitsbedingungen, Entlassmanagement und
Ambulantisierung damit zu tun?


Für diese Fragestellungen hat sich Dr. Andrea Morawe jemanden
eingeladen, die für sie selbst ein richtiger Star ist: Dr. Laura
Dalhaus. Diese ist bekannt durch ihre Social Media-Aktivitäten,
die Berufspolitik und den eigenen Podcast „5 Minus – Das
Gesundheitssystem verfehlt das Klassenziel“.


Laura ist auch Hausärztin auf dem Land. Die beiden kennen sich
über Fortbildungen und waren direkt auf einer Wellenlänge.


Wenn man sich im ländlichen Raum niederlässt, steht man erstmal
vor Herausforderungen. Zum Beispiel weiß man gar nicht, was nun
vergütet wird und was nicht.


Es gibt beispielsweise Pauschbeträge mit Minutenwerten. Und da
findet man dann schnell raus: Die geplanten 9 Minuten im Quartal
reichen vorne und hinten nicht.


Laura war relativ entsetzt über Zahlen der Krankenkassen:
Patient:innen bekommen für 208€ die komplette hausärztliche
Versorgung, die Verwaltung kostet 170€ - der Unterschied ist für
sie viel zu klein.


Auf der anderen Seite gibt es einen Bonus von bis zu 10.000 € im
Jahr, diesen bekommt man aber nicht, wenn man zu viele Labore
abnimmt. Wenn man das aber macht, dann macht man eigentlich gute
Medizin.


Für Laura ist wichtig zu betonen, dass sie zwar selbstständig ist
und das finanzielle, juristische und medizinische Risiko trägt,
gleichzeitig aber durch KV, Krankenkassen und Politik in ihren
Preisen beschränkt ist.


Diese Herausforderungen sind Patient:innen allerdings nicht klar.
Diese haben oft die Erwartungshaltung, dass Ärzt:innen schon
alles Notwendige machen – und diese oft das Gefühl, unseriös zu
sein, wenn sie etwas als IGeL-Leistung verkaufen.


Eigentlich sollte die Politik darüber aufklären – macht sie aber
nicht.


Laura glaubt auch nicht, dass die Politik eine Reform schafft.
Wir haben viel zu viele Krankenkassen und bürokratisieren uns zu
Tode dabei. Andrea bringt das Beispiel, dass man an einem alten
Trabi auch nicht Ewigkeiten rumschrauben kann – irgendwann muss
ein neues Auto her.


Sie ist ein Fan von einer Grundversicherung für alle. Die hohe
Komplexität des Jobs sorgt auch dafür, dass ältere Ärzt:innen
nicht mehr weitermachen wollen.  


Die beiden sprechen auch über die Ambulantisierung. Die Zustände
in Krankenhäusern sind teilweise fatal, es geht viel um Geld,
nicht um die Patient:innen. Ist ja auch kein Wunder, wenn
Konzerne dahinter stehen. Hier fehlt es auch an gutem
Entlassmanagement, teilweise werden einfach keine Arztbriefe mehr
geschrieben.


Viele Arzt-Patienten-Kontakte könnte man sich sparen, wenn mehr
kommuniziert werden würde.


Laura würde auch für kein Geld der Welt mehr in einer Klinik
arbeiten.


Hier haben sich auch die Arbeitsbedingungen verändert: In
24h-Diensten gibt es keine Schlaf-Pausen mehr. Darunter leidet
auch die Fortbildung.


Doch gibt es einen Lichtblick? Laura hat mit ihrem Kollegen Heinz
Giesen das Buch „Operation am offenen Herzen“ geschrieben, ein
Businessplan für ein neues Gesundheitssystem. Die Reaktionen
waren dafür allerdings minimal. Social Media hat bisher am
meisten bewirkt.


Für Andrea ist es wichtig, dass die Patient:innen umdenken und
ihre Gesundheit mehr selbst in die Hand nehmen.


Trotz all der Widrigkeiten sind beide sehr glücklich mit ihrem
Beruf und würden nichts lieber machen wollen.


Folg Andrea auf LinkedIn: www.linkedin.com/in/andrea-morawe





Folg Andrea auf Instagram:
https://www.instagram.com/andrea.morawe/





Zum Podcast auf YouTube:

Kommentare (1)

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HalloBuerokratie
HalloBürokratie vor 1 Monat
Vielen Dank für die klaren Worte. Ich (vor 6 Wochen Facharztprüfung Allgemeinmedizin bestanden) bin tatsächlich bei allen von Ihnen angesprochenen Dingen Ihrer Meinung. Nur das Schlusswort "Trotz aller Probleme im System finden wir unseren Job toll." ist leider kontraproduktiv und zeigt, warum es niemals besser werden wird: die Ärzte machen ihren Job immer weiter, weil sie nunmal nichts anderes gelernt haben und gemäß des Sunken-Cost-Effekts höchstwahrscheinlich ihren Beruf auch nicht verlassen werden. Die Politik und die Krankenkassen ringen sich aber niemals dazu durch, das System so zu verändern, dass die Arbeit im Gesundheitssystem erträglich werden würde. Im aktuell herrschenden System versackt man als Hausarzt zu oft im Sumpf zwischen Bürokratie, Patienten mit pathologischer Anspruchshaltung, Regressgefahr, Terminfindung bei anderen Fachärzten für wirklich kranke Patienten u.v.a.m., so dass der Beruf tatsächlich nicht sonderlich attraktiv ist.

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