„Brief aus Budapest #2“: Orbán nimmt den Fehdehandschuh auf | Von Gábor Stier
11 Minuten
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vor 1 Monat
Ein Duell vor den Wahlen 2026
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, ein politischer
Vollblutkämpfer, hat angesichts der schwindenden Popularität
seiner Partei, der Fidesz, den Fehdehandschuh angenommen.
Entgegen seiner Gewohnheit gibt er nun eine Reihe von Interviews,
startete – wenngleich spät – eine digitale Community-Initiative
und begleitete dies alles mit einer Welle von Sozialmaßnahmen.
Damit hat er zu Beginn der Herbstsaison die Deutungshoheit in der
öffentlichen Debatte zurückgewonnen. Der Abwärtstrend der
Regierungspartei scheint gestoppt, während die Popularität der
oppositionellen Tisza-Partei ihren Zenit erreicht zu haben
scheint. Für die Parlamentswahlen im Frühjahr 2026 zeichnet sich
ein seit Langem nicht gesehener, erbitterter Kampf um den Sieg
ab.
Ein Standpunkt von Gábor Stier, aus dem
Ungarischen übersetzt von Éva Péli.
Die Risse im System: Aufstieg Péter Magyars
Seit dem schockierenden Begnadigungs-Skandal vom Februar 2024 hat
die ungarische Regierungspartei ihren Halt verloren. Die
Begnadigung eines wegen Beihilfe zur Vertuschung pädophiler
Verbrechen verurteilten stellvertretenden Kinderheimdirektors
führte zum Rücktritt von Staatspräsidentin Katalin Novák und zum
Rückzug der Justizministerin Judit Varga. Doch dies besänftigte
die Gemüter nicht; die Aura der Unverwundbarkeit von Orbáns
Partei war zerstört.
Aus diesem Vakuum heraus trat Péter Magyar auf die Bühne.
Angetrieben von Rache und Machtgier – und ehemals als
Orbán-Verehrer im zweiten Glied der Fidesz aktiv – nutzte der
narzisstisch veranlagte Ex-Ehemann Varga's die Gunst der Stunde.
Er positionierte sich als „Aufdecker“, veröffentlichte heimlich
mitgeschnittene private Gespräche mit seiner Frau, kaufte
kurzfristig eine Kleinpartei und konnte bei den Europawahlen 1,3
Millionen Stimmen auf sich vereinen, während Fidesz etwas mehr
als zwei Millionen erhielt.
Die Glaswand des Nationalen Kooperationssystems (NER) der Fidesz
hatte einen Riss bekommen. Lange war fraglich, ob Viktor Orbán
diesen Bruch kitten kann. Die Partei zeigt zunehmend die
Ermüdungserscheinungen der Regierungszeit seit 2010 mit
Verfassungsmehrheit: Korruption und der hemmungslose
Luxus-Lebensstil prominenter NER-Akteure. Obwohl diese Missstände
nicht neu sind, wirken sie seit dem Skandal in einem anderen
Licht. Der bekannte ungarische Analytiker Péter Tölgyessy weist
darauf hin, dass die Wahrnehmung von Korruption stärker wiegt,
weil die Fidesz sich im anhaltenden Abwärtstrend befindet, Orbán
das ungeschriebene Verbot der offensichtlichen Bereicherung
politischer Führer missachtet hat und die anhaltende
Wirtschaftsstagnation sowie die Inflation, die zwar von 25
Prozent (2023) auf unter 5 Prozent gesunken ist (aber bei
Lebensmitteln noch spürbar hoch ist), das Land zusehends
auszehren.
Strukturelle Bremsfaktoren: Dämpfer für Ungarns
Wirtschaftswachstum
Die ungarische Wirtschaft verzeichnete im zweiten Quartal 2025
kaum Wachstum: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg nur um magere
0,1 bis 0,2 Prozent und entging einer technischen Rezession nur
knapp. Während Baugewerbe, Konsum und Dienstleistungen
standhielten, schwächelten Industrie und vor allem die von Dürre
betroffene Landwirtschaft. Investitionen verharren auf einem
Tiefpunkt, da die externe Nachfrage, primär aufgrund der
Unsicherheiten in Deutschland, schwach bleibt. Experten erwarten
zwar einen Anstieg des Haushaltskonsums vor den Wahlen,
prognostizieren aber aufgrund struktureller Probleme für das
Gesamtjahr nur ein Wachstum von 0,5 bis 0,7 Prozent.
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