IAA-Vorschau: Verliert Deutschland bei der Elektromobilität den Anschluss?
Ein Gespräch mit Beatrix Keim, Direktorin des CAR Center Automotive
Research
43 Minuten
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Die Elektromobilität wächst – und wir schauen hinter die Kulissen, beleuchten Trends und Kontroversen.
Beschreibung
vor 3 Monaten
China drängt mit E-Autos nach vorne, Deutschland ringt um die
Zukunft des Verbrenners – und eine neue Studie zeigt, wie hart
der Förderstopp den Markt getroffen hat. Verliert Deutschland bei
der Elektromobilität den Anschluss? Darüber spricht
electrive-Chefredakteur Peter Schwierz mit
Beatrix Keim, Direktorin des CAR Center
Automotive Research.
Das CAR hat kürzlich die Studie „Elektromobilität am Wendepunkt –
Notwendige Entwicklungen bis Ende 2025“ vorgestellt. Keim nennt
das Ende der Umweltprämie Ende 2023 einen Knackpunkt: „Das war
ein absoluter Fauxpas, gelinde gesagt idiotisch, zu kurz
angesagt, nicht wirklich gut erklärt – und der Bevölkerung wurde,
sehr salopp gesagt, der Stinkefinger gezeigt.“ Während die
Bundesregierung 15 Millionen E-Autos bis 2030 anstrebe, habe sie
das Gegenteil signalisiert.
Hinzu komme mangelnde Aufklärung. „Es wird immer noch nicht
ausreichend erklärt, was E-Mobilität eigentlich ist, welche
Vorteile sie bringt und für wen sie geeignet ist.“ Mythen zu
Batterien oder Reichweite hielten sich. Auch das „Verbrenner-Aus“
2035 werde falsch verstanden – viele dächten, Verbrenner würden
dann verboten.
Soziale Förderung und Ladeinfrastruktur
Um Privatkunden zu gewinnen, fordert Keim eine sozialere
Förderung. „Es reicht nicht, wenn steuerliche Vorteile vor allem
Dienstwagenbesitzern zugutekommen. Auch Menschen mit normalen
Gehältern brauchen Zugang.“ Sie verweist auf das französische
„Social Leasing“. Zudem müsse der Ausbau der Ladeinfrastruktur
beschleunigt werden: „Es ist besser, fast schon zu viel zu haben,
als wirklich zu wenig. Die gefühlte Lücke sorgt für Unsicherheit
– und die Reichweitenangst sitzt tief.“
Einstiegspreise und Batterieabhängigkeit
Erschwingliche Modelle fehlen. „Ich habe Volkswagen schon gesagt:
Bringen Sie bitte den ID.2 oder ID.1 so schnell wie möglich –
besser nicht erst 2027.“ Auch Stellantis oder chinesische
Hersteller könnten einspringen. Trotz EU-Zöllen blieben Importe
konkurrenzfähig. Parallel warnt Keim: „Wir brauchen dringend mehr
Zellfertigung in Europa. Solange wir bei Batterien von China
abhängig sind, bleiben wir verwundbar.“
Deutsche Hersteller: zwischen Hoffnung und
Realität
Bei VW sieht Keim Licht und Schatten: „Die ID-Modelle werden in
Europa durchaus gut angenommen, auch Cupra läuft sehr gut. Aber
in China sieht es schwieriger aus.“ Audi und Porsche hinkten
hinterher. BMW setze mit der „Neuen Klasse“ ein starkes Signal:
„Das ist ein echter Hoffnungsträger, technologisch sehr stark und
mit internationaler Ausrichtung.“ Mercedes halte mit seiner
MMA-Plattform den Verbrenner offen. „Wir haben noch zehn Jahre
bis zum Verbrenner-Aus. Der US-Markt ist weiter ein
Verbrennermarkt, auch in China dominiert der Verbrenner noch.“
Opel wiederum setzt statt reiner E-Mobilität auf Multi-Energy.
„Man versucht hier nach allen Halmen zu greifen. Aber ob das
Vertrauen schafft, ist fraglich.“
China drängt nach Europa
BYD, Changan und andere treten in München groß auf, begleitet von
Batterieproduzenten wie CATL. „Die Fahrzeuge sind technisch gut,
aber die Marken haben noch Nachholbedarf beim Image. Ohne mehr
Kommunikation und Sichtbarkeit wird es schwer, Vertrauen
aufzubauen.“ Parallel werde aggressiv der Flotten- und Abo-Markt
bedient.
Schafft Deutschland den Turnaround?
„Es muss endlich gehandelt werden. Die Bundesregierung darf diese
Schlüsselindustrie nicht einfach laufen lassen.“ Über 50.000
Arbeitsplätze seien bereits verloren gegangen. „Wenn wir nicht
reagieren, verlieren wir nicht nur Marktanteile, sondern auch
industrielle Substanz.“
Ihre Kernbotschaft: „E-Mobilität ist eine sehr schöne, sehr
emotionale Mobilität. Aber sie muss von Politik, Industrie und
Gesellschaft getragen werden – sonst werden wir in Europa nur
noch zuschauen.“
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