131 — Wot Se Fack, Deutschland? Ein Gespräch mit Vince Ebert

131 — Wot Se Fack, Deutschland? Ein Gespräch mit Vince Ebert

1 Stunde 8 Minuten

Beschreibung

vor 3 Monaten

Offensichtlich habe ich Vince Ebert bei unserem letzten Gespräch
nicht hinreichend abgeschreckt. Ich habe tatsächlich erneut die
Freude, ihn zu einem Gespräch begrüßen zu dürfen! Der Titel der
heutigen Episode folgt dem Buchtitel seines neuen Buches: »Wot Se
Fack, Deutschland?« und statt Deutschland könnte ebenso – wie
Vince Ebert im Gespräch erwähnt – Österreich stehen.  


Vince Ebert ist Diplom-Physiker und Kabarettist seit über 25
Jahren. In der ARD moderierte er jahrelang die Sendung „Wissen
vor Acht“. Seine Bücher sind Bestseller und haben sich über eine
Million Mal verkauft. Außerdem ist er einer der gefragtesten
Vortragsredner Deutschlands.  


Das Buch von Vince Ebert erscheint am 14. August 2025, und ich
wünsche an dieser Stelle natürlich viel Erfolg, denn dieses Buch
ist es wert, gelesen zu werden!  


Weiters möchte ich erwähnen, dass zwischen der Aufnahme unseres
Gesprächs und der Veröffentlichung bekannt wurde, dass Vince
Ebert mit der Hayek-Medaille 2025 ausgezeichnet wird. – Herzliche
Gratulation dazu!  


Diese Episode kreist um die Themen seines neuen Buches,
beschränkt sich aber nicht darauf. Ich stelle zunächst die Frage,
ob das Buch nachdenklicher als die früheren ist – oder
ärgerlicher – oder ist es etwa eher Fassungslosigkeit, die man
herausliest? Werfen wir unsere westlichen Werte und
Errungenschaften ohne Not aus dem Fenster?  


»Tagtäglich prasseln Meldungen auf uns ein, die immer absurder,
bizarrer und bedrückender werden.«


Warum bestätigen viele Menschen die Probleme und die Verrücktheit
der Situation in Vier-Augen-Gesprächen, sind aber nicht bereit,
dies im täglichen Leben auszudrücken und zu verändern?  


Gibt es wieder – wie früher in der DDR – eine private und eine
öffentliche Meinung, die sich komplett von der privaten Meinung
unterscheidet? Wie kann der Weckruf aussehen, um die Menschen,
die den Großteil der Bevölkerung ausmachen, aus dieser
Angststarre zu befreien?  


Wird der Sturm gar über uns hinwegziehen, wenn die Mehrheit der
Menschen sich duckt und stillhält?  


Warum schweigen führende Manager, wenn offensichtlich verheerende
Ideen in der Politik umgesetzt werden?  


»The fraud investigator Bill Black had coined the concept of a
‘criminogenic organisation’. It referred to an institution in
which incentives and management systems were structurally
designed to ensure that crimes would be committed.«, Dan Davies
 


Müssen Mitarbeiter und Bürger zunehmend die Feigheit des
opportunistischen Managements ausbaden? Gibt es nicht auch im
Alltag immer weniger Mut, seine Ansicht auszudrücken und sich
schlechten Ideen entgegenzustellen – vom Elternabend bis zum
beruflichen Umfeld?  


Erleben wir einen solchen Tsunami an irren Ideen, dass die
meisten Menschen davon überfordert sind? Gibt es eine
Empörungserschöpfung?  


»Das nimmt uns Satirikern eigentlich den Job weg.«  


Kommen wir in ein neues Biedermeier? Werden die Narren, die
häufig die Deutungshoheit zu haben scheinen, dadurch noch kecker?
 


»Wenn die Vernünftigen den Diskurs verlassen, überlassen sie den
Narren das Feld.«  


Die Krise, die wir erleben, scheint noch dazu im Kern hausgemacht
und eben nicht von großen externen Problemen getrieben zu sein.
Wie ist das zu erklären?  


Was sind die drei großen Baustellen, die wir nach wie vor
ignorieren und die das Potenzial haben, unsere Nationen zu
zerstören?  
Bürokratie (»Wir müssen da jetzt eine Kommission gründen, für
Bürokratieabbau«)   Energieversorgung (siehe auch frühere
Episode mit Vince Ebert)   Migration (in beide Richtungen)
 

Was war die Rolle der Merkel-Regierung ab ca. 2011? Hat sie die
Schienen für die heutige tiefe Krise gelegt? Neben der
politischen Dimension gibt es aber auch die Frage, wer überhaupt
noch als Experte gelten darf?  


»Besonders die sogenannten Expertenrunden im Zuge der
Diskussionen um Klima, Corona und Migration haben einen neuen
Oberlehrertypus hervorgebracht. Dieser verkauft seine
Weltanschauung als Wissenschaft, flankiert von latenter
Aggressivität und einer kaum zu überbietenden Überheblichkeit,
mit der alle diejenigen abserviert werden, die es wagen, zu
widersprechen oder auch nur Nachfragen zu stellen.«  


Expertise wird gerade auch an Unis gesucht, aber was ist an den
Unis los? Wie ist es zur starken Politisierung der Wissenschaft
und der Uni-Landschaft gekommen? Ist das überhaupt ein neuer
Trend? Sind Entscheidungen, etwa in Klima- oder Energiefragen,
tatsächlich alternativlos, wie sie häufig dargestellt werden?
 


»Klimaforschung ist natürlich objektiv, wenn sie korrekt
betrieben wird, aber Klimapolitik ist eine gesellschaftliche
Frage. Da muss eine Gesellschaft darüber diskutieren.«  


Wie ist das Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Politik zu
interpretieren?  


»Man weiß dann immer nie, ob die Politik sich die Wissenschafter
raussucht, die eine passende Meinung vertreten, oder ob sich die
Wissenschaftler politisiert und angepasst haben.«  


Darf man sich über die qualitativ fragwürdigen Ergebnisse
wundern, wenn Anreizsysteme eingerichtet werden, die Opportunität
fördern? Werden politisch erwünschte Erkenntnisse gefordert, so
ist das für den Wissenschaftsbetrieb fatal. Gibt es jedoch
Unterschiede zwischen Geistes- und Naturwissenschaften?  


Fahren Aktivisten eine »Bait and Switch«-Strategie – was ist
darunter konkret zu verstehen?  


Wem haben wir die woken Ideen zu verdanken? Welche Rolle spielt
der Postmodernismus und davor die Entwicklungen der
Naturwissenschaft und die Versuche, die Erfolge der
Naturwissenschaft in die Geisteswissenschaften zu übernehmen
(etwa im Rahmen des Wiener Kreises)?  


»Das Schiff wird während der Fahrt laufend neu gebaut«, Otto
Neurath


Geht es nicht mehr um Wahrheit, sondern nur noch um die (irrige)
Idee, alles wäre eine Frage von Machtverhältnissen? Wenn alles
eine Frage der Machtstruktur ist, dann habe ich kaum
Verantwortung mehr, dann läuft mein Leben nicht rund, weil ich
schlechte Entscheidungen getroffen habe, sondern weil mich das
Machtsystem unterdrückt und meine Genialität nicht erkennen will.
Ist das eine Perpetuierung einer selbstverursachten Opferrolle?
Eine bequeme Möglichkeit, die Verantwortungsübernahme zu
vermeiden?  


In der Geschichte gab es Gegenbewegungen, etwa die Romantik –
stecken wir in einer neuen Romantik fest? Alles Emotion, nichts
real? Ist alles subjektiv und es gibt keine objektiven Wahrheiten
– aber ist diese Behauptung nicht selbstwidersprüchlich? Wie weit
ist der Weg von der Postmoderne zur völligen Beliebigkeit?  


»1986 hat Herbert Grönemeyer gesungen: Kinder an die Macht. Und
immer öfter denke ich: Sein Wunsch hat sich erfüllt.«  


Die Umdefinition von Worten ist auch ein gängiges Machtmittel,
wie Hayek schon 1945 festgestellt hat:  


»Freiheit ist keineswegs das einzige Wort, dessen Bedeutung ins
Gegenteil verkehrt worden ist, damit es zum tauglichen Instrument
der totalitären Propaganda wird. Wir haben schon gesehen, wie
dasselbe mit den Wörtern Gerechtigkeit, Gesetz, Recht und
Gleichheit geschieht. Diese Liste könnte so lange fortgesetzt
werden, bis sie fast alle gebräuchlichen Ausdrücke der Moral und
der Politik umfasst.«  


Werden uns Begriffe genommen oder durch stete Umdefinition
wertlos gemacht, so werden uns auch Wege der Argumentation
genommen. Ist es das, was wir gerade erleben?  


So provoziert beispielsweise Jette Nietzard mit »Eat the
Rich«-Kappe und »All Cops are Bastards«-Pullover – während andere
Vertreter der Partei regelmäßig vor der vermeintlichen Bedrohung
der Demokratie durch Hass und Hetze warnen. Ist Hass und Hetze
immer Hass und Hetze der anderen?  


Woher kommt diese Polarisierung in der Gesellschaft?  


»Wir sind ein evolutionäres Produkt. Wir sind rationale Wesen und
wir sind auch Gefühlswesen. Wir sind gruppenzentriert, wir sind
Individualisten. Wir pendeln immer zwischen dieser
Herdenmentalität und diesem individualistischen
Selbstentfaltungstrieb.«  


Gelingt es zu vielen Menschen, besonders auch Wissenschaftlern
und »Experten«, sich dem Test ihrer Ideen an der Realität zu
entziehen beziehungsweise den Folgen solcher Tests? Kurz gesagt:
Immunisieren sie sich selbst gegen die Fehler, die andere machen,
wenn sie den Theorien folgen?  


Was ist von der These zu halten, dass das Behaupten
offensichtlich absurder Ideen eine Demonstration von großer Macht
sein kann, die Menschen noch dazu demütigt?  


Wie steht es mit Rationalität und Glauben? Was macht eine
Religion heute erfolgreich?  


Wie steht es eigentlich um den Rest der Welt – ist dort der
Drang, sich selbst abzuschaffen, ebenso groß wie in Europa?
 


»Die Welt wird natürlich besser – aber wir nehmen uns heraus.«
 


Wie läuft hingegen der Diskurs in weiten Bereichen deutscher
Eliten?  


»Hier zulande sprechen wir ganz liebevoll von
Familienunternehmern – in anderen Ländern nennt man sie
Oligarchen.«, Martyna Linartas  


Wieso kämpfen wir im Westen mit solcher Inbrunst gegen genau die
Dinge, die uns erfolgreich gemacht, die unseren Wohlstand
begründet haben und um die uns die Welt beneidet — oder beneidet
hat?  


»Der große Vorteil der westlichen Kultur ist die Selbstreflexion,
der Selbstzweifel. Nicht umsonst haben wir eine
Erinnerungskultur. […] Da sind Dinge schlecht gelaufen, wir
versuchen sie jetzt besser zu machen – und wir haben sie auch
verbessert. In den letzten zwanzig Jahren ist diese
Selbstkorrektur in Selbstverachtung und dieser Selbstzweifel in
komplette Selbstzerstörung umgeschlagen. […] Das ist vielleicht
das, was man Wohlstandsverwahrlosung nennt.«  


Wann kommt es zu Kipppunkten in Gesellschaften?  


»Diversität bedeutet, alle denken das Gleiche und sehen dabei
unterschiedlich aus. Dabei sollte Diversität eigentlich eine
Vielfalt in Meinungen und Ansichten bedeuten.«  


Menschen reagieren auf Anreize. Wie kann man diese in unserer
Gesellschaft aber verändern?  


»You get what you reward for.«, Charlie Munger  


Wie hat sich die Rolle des Staates verändert – haben wir unsere
Freiheit aufgegeben, um einen Nanny-State zu schaffen? Kann das
überhaupt funktionieren – selbst wenn wir gewillt sind, unsere
Freiheit aufzugeben?  


»Seit ich denken kann, überfrachten wir die Politik mit so hohen
Erwartungen, dass sie nur scheitern kann.«  


Ist es wirklich die Politik, die scheitert, oder ist es zu einem
systemischen Problem geworden? Wie kann uns ein Blick über den
Tellerrand helfen? Brauchen wir mehr liberales oder libertäres
Gedankengut in Europa?  


»Das Gegenteil von links und rechts ist liberal.«  


In der Biologie lehnt die Moderne zurecht einen »intelligenten
Designer« ab, aber in der Wirtschaft soll das funktionieren?
Passt das zusammen? Hat Marktwirtschaft nicht in Wahrheit eine
emanzipierende Wirkung? Fürchtet man sich davor? Brodeln in der
Gesellschaft so stark Spannungen, dass wir vor neuen Kipppunkten
stehen? Können wir das Schiff noch vor dem Eisberg umsteuern?
 


»Die Revolution hat schon immer ihre eigenen Kinder gefressen.«
 


Referenzen


Andere Episoden


Episode 130: Populismus und (Ordo)liberalismus, ein Gespräch
mit Nils Hesse

Episode 128: Aufbruch in die Moderne — Der Mann, der die Welt
erfindet!

Episode 126: Schwarz gekleidet im dunklen Kohlekeller. Ein
Gespräch mit Axel Bojanowski

Episode 125: Ist Fortschritt möglich? Ideen als Widergänger
über Generationen

Episode 118: Science and Decision Making under Uncertainty, A
Conversation with Prof. John Ioannidis

Episode 117: Der humpelnde Staat, ein Gespräch mit Prof.
Christoph Kletzer

Episode 113: Liberty in Our Lifetime 1: Conversations with
Massimo Mazzone, Vera Kichanova and Tatiana Butanka

Episode 107: How to Organise Complex Societies? A
Conversation with Johan Norberg

Episode 101: Live im MQ, Macht und Ohnmacht in der
Wissensgesellschaft. Ein Gespräch mit John G. Haas.

Episode 96: Ist der heutigen Welt nur mehr mit Komödie
beizukommen? Ein Gespräch mit Vince Ebert

Episode 91: Die Heidi-Klum-Universität, ein Gespräch mit
Prof. Ehrmann und Prof. Sommer

Episode 84: (Epistemische) Krisen? Ein Gespräch mit Jan David
Zimmermann



Vince Ebert


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Wot se Fack, Deutschland? dtv (2025)

Lichtblick statt Blackout. dtv (2022)

Hayek Medaille 2025 für Vince Ebert



Fachliche Referenzen


Dan Davies, The Unaccountability Machine, Why Big Systems
Make Terrible Decisions - and How The World Lost its Mind,
Profile Books (2024)

Wiener Kreis: In Our Time, Logical Positivism (2009)

Friedrich von Hayek, The Road to Serfdom, Routledge (1944)

Jette Nietzard provoziert, msn (2025)

Grüne Kommunalpolitiker klagen über Hass und Drohungen, SZ
(2025)

Hassnachrichten: Habeck stellte 700 Anzeigen, ZDF (2024)

Sabine Hossenfelder auf YouTube

Wie ungleich ist Deutschland?: „Wir sprechen von
Familienunternehmern – woanders nennt man sie Oligarchen“,
Martyna Linartas im Gespräch, Tagesspiegel Interview Juni 2025

Charlie Munger on Incentives

Thomas Sowell, intellectuals and Society, Basic Books (2010)

James Burnham, The Managerial Revolution; What is Happening
in the World, John Day Company (1941)



 

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