(63) Spielball oder Spielfeld? Syrien und der Nahe Osten

(63) Spielball oder Spielfeld? Syrien und der Nahe Osten

42 Minuten
Podcast
Podcaster
Sicherheits- und außenpolitische Analysen, Strategien und diplomatische Optionen

Beschreibung

vor 8 Monaten
„Die Türkei, Israel, Saudi-Arabien und Iran sind mächtige Staaten
in der Region. Und dann gibt es bewaffnete Gruppen, die sehr viel
Machtpotential haben“, fasst Professor Dr. Stephan Stetter die
regionalen Machtverhältnisse im Nahen Osten zusammen. Hinzu kommen
die Großmächte in der Region, in der sich in den letzten Monaten
und Jahren politisch viel verschoben hat: Der Gaza-Krieg geht
weiter, die iranischen Unterstützergruppen verlieren an Einfluss,
mehrere große Player ändern ihre Strategie in der Golf-Region, und
vor allem wurde das Assad-Regime in Syrien gestürzt. Der Atlantic
Talk Podcast blickt heute mit dem Professor für Internationale
Politik und Konfliktforschung an der Universität der Bundeswehr
München aus drei Blickwinkeln auf den Nahen Osten. Zuerst geht es
um die Situation in Syrien. In dem vielschichtigen Land hat die
islamistische Miliz Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS) im Dezember 2024
die Regierung Assads gestürzt und die Regierung übernommen – mit
Unterstützung der Türkei und „mit Argusaugen beobachtet von den
Golfstaaten“. Syrien ist als großes, zentral platziertes Land und
Drehkreuz im Nahen Osten mit Zugang zum Mittelmeer geopolitisch
wichtig. Zugleich haben die verschiedenen religiösen und ethnischen
Gruppen Bindungen in die Nachbarländer hinein. Russland habe sich
weitgehend zurückgezogen, und wie sich die Zusammenarbeit mit
Syrien künftig gestaltet, sei offen, sagt Stetter. Die syrische
Regierung versuche „eine Art Balancing“ zwischen den auswärtigen
Kräften. Zumal nicht klar sei, was die USA wollen. Die rund 2.000
US-Soldaten im Land sind bisher eine äußerst wichtige Unterstützung
für die Kurden. Thema ist auch die Rolle Israels, das zwar keine
territorialen aber durchaus machtpolitische Ambitionen habe. Davon
ausgehend weitet Moderator Dario Weilandt mit seinem Gast im
zweiten Teil den Blick und schaut über Syrien hinaus auf die
Regional-Mächte des Nahen Ostens. Wie wirkt sich der sinkende
Einfluss des Iran aus? Und wer hat kein Interesse daran, dass der
Iran als machtpolitischer Akteur ganz wegbricht? Droht angesichts
der weit fortgeschrittenen Uran-Anreicherung im iranischen
Atomprogramm ein nukleares Wettrüsten im Nahen Osten? Darauf schaut
auch Saudi-Arabien, das ein wichtiger politischer Akteur geworden
ist, erklärt Stetter: „Wo finden die Gespräche statt, die Russland
mit den USA führt? In Saudi-Arabien!“. Teil drei dieser
Podcast-Folge widmet sich den Interessen der Großmächte im Nahen
Osten. Russland, das „eine riesige Kriegswirtschaft“ aufbaut, werde
versuchen, seinen Einfluss im Nahen Osten nicht komplett zu
verlieren. Ein gutes Arrangement mit Syrien habe für Russland große
strategische Bedeutung für seinen Einfluss auf dem afrikanischen
Kontinent. China werde weiterhin eine weniger sicherheitspolitische
als ökonomische Strategie im Nahen Osten verfolgen, so die
Einschätzung Stetters. Könnte sich das ändern durch Indien, das
sein wirtschaftliches und sicherheitspolitisches Engagement im
Nahen Osten ausgeweitet hat? Stößt das Land in eine Lücke, die
möglicherweise die USA eröffnen, auch wenn die sich nicht ganz
zurückziehen? Und welche Rolle spielt Europa im Spielfeld der Groß-
und Regionalmächte des Nahen Ostens? Sehr viele konkurrierende und
kooperierende Akteure unterschiedlicher Größenordnung bringen also
eigene Strategien und unterschiedliches militärisches und
ökonomisches Potenzial mit ein.Das macht den Weg zu dauerhaftem
Frieden und Stabilität im Nahen Osten nicht einfacher. Es läge aber
auch im Interesse aller Akteure, die Lage nicht komplett eskalieren
zu lassen, sagt Prof. Stetter. Daher scheint ein ganz großer
Flächenbrand in der Gegend auf absehbare Zeit unwahrscheinlich.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

15
15