Das ukrainische Versailles | Von Felix Feistel

Das ukrainische Versailles | Von Felix Feistel

23 Minuten

Beschreibung

vor 9 Monaten

Ein Standpunkt von Felix Feistel.


Wenn wir in Deutschland von Versailles sprechen, ist das mit
einer ganzen Reihe politischer Implikationen verbunden. Denn der
Vertrag von Versailles, den Deutschland nach dem ersten Weltkrieg
mit den Siegermächten USA, Großbritannien und Frankreich
geschlossen hat, ist auch heute, über einhundert Jahre danach,
noch ein umkämpftes Thema. Mittlerweile ist anerkannt, dass
dieser Vertrag die Bewegung des Nationalsozialismus groß gemacht
und letztlich zur Macht verholfen hat. Diese griff den Vertrag in
ihrer Propaganda als die „Schande von Versailles“ direkt an, und
nutzte ihn zur Etablierung der Dolchstoßlegende, derzufolge
Deutschland den Krieg nicht aufgrund militärischer Unterlegenheit
verloren habe, sondern durch den Verrat von Sozialdemokraten und
Kommunisten, und ja, letztlich auch der Juden. Auf dieser
rhetorischen Welle konnten Hitler und seine Gefolgsleute bis an
die Spitze des deutschen Staates reiten, und damit den zweiten
Weltkrieg vom Zaun brechen. Damit gilt der Vertrag von Versailles
als eine wichtige Ursache des zweiten Weltkrieges und der
Vernichtung von Millionen von Juden, Slawen, Sozialdemokraten und
Kommunisten.


Die Rhetorik der „Schande von Versailles“ ist durchaus
nachvollziehbar, wenn man sich ansieht, welche harten Bedingungen
dieser Vertrag Deutschland aufzwang. Dazu zählte nicht nur die
Entmilitarisierung des Rheinlandes, die Abtretung einiger Gebiete
vor allem im Osten des ehemaligen deutschen Reiches und die
strikte Begrenzung des deutschen Militärs auf maximal 100.000
Soldaten, sondern auch umfangreiche Reparationszahlungen, die
sogar nie auf eine bestimmte Summe festgelegt wurden, sondern
einer eigens dafür eingerichteten Kommission überlassen wurden,
die unter Ausschluss Deutschlands eingerichtet wurde. (1) (2)
Allerdings forderten die Alliierten zunächst 269 Milliarden
Goldmark in 42 Jahresraten, also eine enorme Summe.


Der Vertrag von Versailles sah also eine ökonomische und
militärische Strangulation Deutschlands vor. Das erklärte Ziel
war, dass Deutschland, dem die alleinige Kriegsschuld
zugesprochen wurde, nie wieder in der Lage sein würde, einen
großen Krieg zu beginnen. Allerdings erweckten die Bestimmungen
des Vertrages in der deutschen Bevölkerung einen weit
verbreiteten Revanchismus, der auf Rache an den Siegermächten
sann. Dieser fand Anklang vor allem an den erstarkenden
nationalistischen Bewegungen, zu einem großen Teil bestehend aus
ehemaligen Soldaten, die als nationalistische Kampfverbände und
Freischärler weiter agierten, und unter Anderem Rosa Luxemburg
und Karl Liebknecht ermordeten – beauftragt und abgesegnet
übrigens durch die SPD. Sie waren besonders empfänglich für die
Dolchstoßlegende, da sie sich bei ihrem Einsatz an der Front – an
die nicht wenige von ihnen mit großem Enthusiasmus freiwillig
gezogen sind – durch die Heimatfront verraten fühlten.


Der Vertrag von Versailles strangulierte also Deutschland
militärisch und wirtschaftlich, demütigte die Bevölkerung und
erweckte Nationalismus, der in den Nationalsozialismus überführt
werden konnte. All das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn
nun in Bezug auf die Verhandlungen zwischen dem US-amerikanischen
Präsidenten Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir
Putin in Bezug auf die Ukraine von einem Vertrag die Rede ist,
der manchen Stimmen zufolge schlimmer sei als Versailles. Das
neue Abkommen, das Trump mit dem Präsidenten der Ukraine,
Wolodymyr Selensky schließen wollte, das aber bei dem Treffen im
Weißen Haus am Freitag noch nicht geschlossen wurde, ist eine
überarbeitete Version eines Entwurfes, den der ukrainische
Präsident Selensky zunächst abgelehnt hatte. ...hier weiterlesen:
https://apolut.net/das-ukrainische-versailles-von-felix-feistel/


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