Hannes Kolbe – Joint Lead AI bei der AOK Nordost – über Chancen und Herausforderungen von KI in der GKV
Hannes Kolbe ist Joint Lead AI bei der AOK Nordost und
einer der ersten, die eine spezialisierte KI-Einheit in einer
gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland aufgebaut haben. Er
hat keinen klassischen Informatik-Hintergrund,
43 Minuten
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Beschreibung
vor 10 Monaten
Hannes Kolbe ist Joint Lead AI bei der AOK
Nordost und einer der ersten, die eine
spezialisierte KI-Einheit in einer gesetzlichen
Krankenversicherung in Deutschland aufgebaut haben. Er hat keinen
klassischen Informatik-Hintergrund, sondern kommt aus
der Gesundheitswissenschaft. Nach
seinem Bachelor in Prävention und
Gesundheitssport und einem Master in
Public Health an der Universität Bielefeld begann
er seine Karriere bei der AOK Nordost. Über die Abteilung für
individuelle Prävention gelangte er zur Unternehmensstrategie.
Mit der Veröffentlichung von ChatGPT Ende
2022 erkannte er das enorme Potenzial der
Technologie und eignete sich intensiv Wissen durch Selbststudium
an – mittels YouTube-Videos, Podcasts und
Newslettern. Diese intrinsische Motivation ermöglichte
es ihm, das Thema KI bei der AOK auf die Agenda zu setzen und
eine eigene KI-Einheit aufzubauen.
Wie KI Einzug in die gesetzliche Krankenversicherung
hält Der Einstieg in das Thema KI bei der AOK
Nordost
Hannes Kolbe schildert, dass er sich zunächst selbst für KI
begeisterte, obwohl er kein technischer Experte war. Sein erstes
Experiment bestand darin, sich von ChatGPT ein komplett neues
Brettspiel erstellen zu lassen – inklusive Regelwerk und Code für
eine digitale Umsetzung. Diese Fähigkeit, neue Dinge in kürzester
Zeit zu generieren, überzeugte ihn von der Tragweite der
Technologie.
Um das Thema in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu
etablieren, nutzte er ein praxisnahes Beispiel, um Kollegen zu
überzeugen: KI wird in Zukunft unverzichtbar sein –
nicht um Menschen zu ersetzen, sondern um Prozesse effizienter zu
gestalten. Es wird keine zukünftigen
Arbeitsprozesse ohne KI-Unterstützung geben.
Herausforderungen der KI-Integration im
GKV-Kontext Datenschutz und regulatorische
Hürden
Ein großes Hindernis für den Einsatz von KI in der GKV ist
der sehr hohe Datenschutzstandard für
Sozialdaten. Während andere Branchen bereits mit KI
experimentieren, sind gesetzliche Krankenkassen aufgrund der
strengen SGB V-Regulierungen stark
eingeschränkt.
Dennoch gibt es
viele unproblematische Anwendungsfälle,
etwa:
Textzusammenfassungen medizinischer Gutachten,
die von Menschen final geprüft werden.
E-Mail-Kategorisierung zur schnelleren
Bearbeitung.
Marketing- und Strategieentwicklung mit
KI-gestützten Tools.
Kolbe plädiert für einen stufenweisen
Ansatz: Erst wird mit öffentlichen
Daten gearbeitet, dann mit internen
Verwaltungsdaten, und schließlich kann – mit
entsprechenden Schutzmechanismen – auch mit
sensiblen Sozialdatenexperimentiert werden.
Das „Too Busy to Innovate“-Problem
Warum KI in vielen Organisationen nicht vorankommt
Ein großes Problem ist, dass viele Gesundheitsorganisationen
in ihrem Tagesgeschäft gefangen
sind und keine Kapazitäten für Innovation haben.
„Zu beschäftigt zum Innovieren“ bedeutet,
dass Organisationen ihre bestehenden Probleme managen, aber
keine Zeit haben, um sich mit Zukunftstechnologien
auseinanderzusetzen.
Lösung: Die Schaffung
einer klaren Zuständigkeit für
Innovation. Unternehmen
brauchen dedizierte KI-Teams, die neue
Technologien vorantreiben, anstatt zu warten, bis sie
irgendwann „dringend“ werden.
Kolbe betont, dass Organisationen, die sich jetzt
nicht mit KI beschäftigen, bald nicht mehr wettbewerbsfähig sein
werden.
KI und Change Management in Unternehmen
Die 4 Typen von Mitarbeitenden im Umgang mit KI
Kolbe beschreibt vier typische Reaktionen auf KI in Unternehmen:
Die Enthusiasten: Sie sind begeistert und
erwarten, dass KI sofort perfekte
Ergebnisse liefert. Sie müssen realistisch auf das
80/20-Prinzip eingestellt werden: 80 %
KI-Unterstützung, 20 % menschliche Feinarbeit. Die
Ängstlichen: Sie fürchten Kontrollverlust und negative
Konsequenzen, z. B. durch Deepfakes oder Bias in
KI-Systemen. Hier hilft Aufklärung und
gezieltes Change Management. Die Skeptiker
(Führungskräfte): Sie sind meist rational, aber sehen KI
als Bedrohung für ihre eigene Expertise und
Erfahrung. Diese Gruppe bringt oft bewusst
Negativbeispiele ein, um KI abzulehnen. Die
Anpassungsfähigen: Diese Gruppe nutzt
KI realistisch und strategisch, macht sich
mit neuen Tools vertraut und nutzt sie zur eigenen
Weiterentwicklung.
Die Herausforderung besteht darin, die ersten drei
Gruppen durch gezielte Maßnahmen abzuholen.
Die Zukunft der KI im Gesundheitswesen
Veränderung des Arzt-Patienten-Verhältnisses
Ein spannendes Zukunftsszenario ist die Veränderung des
Gesundheitswesens durch KI.
Immer mehr Patienten nutzen KI, um sich
selbst über Krankheiten und Therapieoptionen zu informieren –
ähnlich wie bei Google-Suchen heute.
Ärzte müssen sich darauf einstellen, dass Patienten
mit KI-generierten Studienanalysen in
die Praxis kommen.
Die Kompetenz, Informationen zu hinterfragen
und zwischen KI-generierten und echten medizinischen
Erkenntnissen zu unterscheiden, wird essenziell.
Automatisierung von Bürokratie und
Wissensmanagement
KI kann nicht nur Patienten, sondern auch Ärzte und
Versicherungen unterstützen:
Studienzusammenfassungen für Ärzte in
wenigen Sekunden.
KI-gestützte Entscheidungsfindung bei
Anträgen.
Automatisierte Erstellung von
Versicherungsdokumenten.
Gesellschaftliche und ethische Implikationen von
KI Manipulationsgefahr und Sicherheit
Betrüger nutzen KI bereits für Deepfakes und
Betrugsversuche (z. B. im Enkeltrick-Betrug).
Datenschutz und Cybersicherheit müssen
weiterentwickelt werden, um diesen Bedrohungen
entgegenzuwirken.
Neue Ungleichheiten oder mehr
Chancengleichheit?
KI kann
bestehende Wissensungleichheiten reduzieren,
indem sie Informationen für jeden zugänglich
macht – auch für Menschen ohne klassische Bildung.
Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass nur gut
informierte oder wohlhabende Menschen von den neuen Möglichkeiten
profitieren.
Vision für die Zukunft der gesetzlichen
Krankenkassen KI als Gamechanger für das gesamte
Gesundheitssystem
Kolbe beschreibt eine Zukunft, in der:
Jede Interaktion mit Krankenkassen, Ärzten oder
Behörden KI-gestützt ist.
Prozesse vollständig automatisiert
werden – von der Leistungsabrechnung bis zur
medizinischen Beratung.
Versicherte personalisierte
Angebote erhalten, basierend auf individuellen
Gesundheitsdaten und präzisen
Prognosen für Krankheiten oder Therapien.
KI-Agenten als persönliche
Gesundheitsassistenten fungieren, die Versicherte
rund um die Uhr unterstützen.
Diese Zukunft wird nicht nur die Effizienz
steigern, sondern auch die Qualität der
Gesundheitsversorgung verbessern.
KI als Chance für das Gesundheitswesen
Zum Abschluss betont Kolbe, dass KI nicht nur eine
technologische Entwicklung, sondern eine gesellschaftliche
Transformation ist. Diejenigen, die sich frühzeitig
mit KI auseinandersetzen, werden langfristig bessere
Entscheidungen treffen, effizienter arbeiten und innovativer
agieren können.
Wer sich dagegen sperrt, wird bald den Anschluss verlieren.
Inga Bergen bedankt sich für das spannende Gespräch und verweist
auf weitere Angebote zur KI-Weiterbildung, u. a. über
die Future Health Academy.
Der Beitrag Hannes Kolbe – Joint Lead AI bei der AOK Nordost –
über Chancen und Herausforderungen von KI in der GKV erschien
zuerst auf Visionäre der Gesundheit.
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