Podcaster
Episoden
04.12.2025
43 Minuten
Dr. Vera Rödel ist Juristin mit einem Master in
Medizin und Gründerin von Prof. Valmed, der
ersten generativen KI-Medizinprodukt der Klasse IIb in Europa.
Gemeinsam mit dem Neurologen Prof. Heinz Wiendl entwickelt sie
KI-Lösungen, die klinische Entscheidungsprozesse sicher, valide
und datenschutzkonform unterstützen. Ihre seltene Kombination aus
juristischem und medizinischer Fachwissen und technischer
Expertise macht Dr. Vera Rödel zu einer zentralen Gestalterin der
medizinischen KI-Zukunft. Ihr Ziel ist es, eine verlässliche
Alternative zu unregulierter „Shadow AI“ zu schaffen – mit einem
System, das sich streng an Leitlinien orientiert und medizinische
Erkenntnisse nachvollziehbar abbildet.
Zertifizierte KI für die Medizin
Gleich zu Beginn erklärt Dr. Vera Rödel, warum sie den
anspruchsvollen Weg der Zertifizierung als Klasse
IIb-Medizinprodukt gewählt hat. Für sie war klar, dass nur diese
höhere Klassifizierung genügend Spielraum bietet, um medizinische
Datenbanken fortlaufend aktualisieren zu dürfen und gleichzeitig
die Qualität der Entscheidungsunterstützung abzusichern. Während
viele KI-Tools bewusst geringere regulatorische Anforderungen
wählen, setzt Prof. Valmed auf maximale Transparenz und
medizinische Validität. Damit reagiert Dr. Vera Rödel auf den
zunehmenden Einsatz von KI im klinischen Alltag, der bisher meist
unkontrolliert und datenschutzrechtlich bedenklich stattfindet.
KI wird unverzichtbar im Klinikalltag
Im Gespräch zeigt sich, wie stark das Gesundheitswesen bereits
jetzt auf KI zurückgreift. Dr. Vera Rödel beschreibt, dass viele
Medizinerinnen und Mediziner ChatGPT oder ähnliche Modelle auf
privaten Geräten nutzen, weil die Zeit im Alltag fehlt, komplexe
Leitlinien nachzuschlagen. Genau hier sieht sie die dringende
Notwendigkeit einer regulierten, sicheren und medizinisch
geprüften Alternative. Für sie ist klar: KI darf im klinischen
Umfeld nicht dem Zufall überlassen werden. Sie muss Ärztinnen und
Ärzte entlasten, ihnen aber gleichzeitig die Sicherheit geben,
dass jede Empfehlung auf valider Evidenz beruht.
Wie Prof. Valmed funktioniert
Die Oberfläche des Tools orientiert sich bewusst an modernen
Sprachmodellen. Anwenderinnen und Anwender können Fragen so
formulieren, wie sie es im Gespräch mit Kolleginnen oder Kollegen
tun würden. Die KI antwortet ausschließlich auf Basis geprüfter
Daten, zeigt Quellen an und verweist auf die zugrunde liegenden
Leitlinien. Dr. Vera Rödel hebt hervor, dass das System lieber
bewusst keine Antwort gibt, als falsche Inhalte zu generieren.
Zudem arbeitet Prof. Valmed ohne personenbezogene Daten, was die
Nutzung in sensiblen klinischen Umgebungen erleichtert. Das
Ergebnis ist ein vertrautes, intuitives Interface, das dennoch
strenge medizinische Standards erfüllt.
Integration in klinische Systeme
Besonders wirkungsvoll wird Prof. Valmed, wenn es direkt in
bestehende KIS-Systeme integriert ist. Dr. Vera Rödel beschreibt,
wie sich dadurch der Workflow spürbar verändert: Die KI erscheint
genau dort, wo Entscheidungen getroffen werden, und liefert
Vorschläge, ohne dass zusätzliche Fenster oder Programme geöffnet
werden müssen. Diese Integration sorgt für Akzeptanz und führt
dazu, dass medizinische Teams das Tool selbstverständlich in den
Alltag übernehmen. Kooperationen wie jene mit Medatixx zeigen,
wie stark die Nachfrage nach eingebetteten KI-Lösungen wächst.
Die medizinische Datenbasis
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Systems ist die umfassende
Datenbasis. Prof. Valmed verarbeitet rund 2,5 Millionen
medizinische Dokumente, darunter Leitlinien, PubMed-Artikel im
Open Access, Cochrane Reviews und EMA-Dokumente. Auch
internationale Richtlinien, etwa aus Italien, sind eingebunden.
Dr. Vera Rödel betont, dass diese Daten laufend aktualisiert
werden und eine außergewöhnliche Breite medizinischer
Sachverhalte abbilden. Das ermöglicht sichere Entscheidungen
selbst bei seltenen Erkrankungen.
Nutzen im Alltag
Besonders eindrücklich beschreibt Dr. Vera Rödel das Feedback aus
der Versorgungspraxis. Anwenderinnen und Anwender berichten über
deutliche Zeitersparnis und bessere Entscheidungen, weil
Leitlinien nicht länger mühsam recherchiert werden müssen.
Gleichzeitig steigt die Behandlungsqualität, da die Empfehlungen
immer evidenzbasiert sind. Interessant ist, dass nicht nur
Ärztinnen und Ärzte, sondern auch Pflegekräfte, Apotheker und
pharmazeutische Unternehmen von dem Tool profitieren. Alle
erhalten schnellere, klarere und nachvollziehbare Informationen
für ihre täglichen Aufgaben.
KI für Patientinnen und Patienten
Ein spannender Teil der Diskussion widmet sich der Frage, wie
Patientinnen und Patienten künftig selbst mit KI arbeiten werden.
Dr. Vera Rödel weist darauf hin, dass Menschen immer weniger
googeln und stattdessen sofort KI-Systeme befragen – oft ohne zu
wissen, woher die Informationen stammen. Für sie ist das ein
Risiko, aber auch eine Chance. Deshalb plant sie eine Version von
Prof. Valmed, die medizinisch korrekte Informationen direkt für
Betroffene zugänglich macht. So könnten patientenseitige
Recherchen zuverlässiger werden und das Gespräch mit Ärztinnen
und Ärzten auf einer besseren Basis stattfinden.
Herausforderungen und Wandel im Gesundheitssystem
Im weiteren Verlauf beleuchtet Dr. Vera Rödel die strukturellen
Hürden im europäischen Gesundheitssystem. Datenschutz,
fragmentierte IT-Infrastrukturen und konservative
Ausbildungsstrukturen erschweren den Einsatz neuer Technologien.
Gleichzeitig sieht sie die Notwendigkeit, KI-Kompetenzen stärker
in der medizinischen Ausbildung zu verankern, damit zukünftige
Generationen sicherer und selbstbewusster mit KI arbeiten können.
Europa müsse lernen, moderne Technologien schneller und mutiger
zu integrieren, ohne dabei die eigenen Werte zu gefährden.
Prof. Valmed Academy und Zukunftspläne
Zum Schluss erklärt Dr. Vera Rödel, wie Prof. Valmed mit der
eigenen KI-Weiterbildung, der Prof. Valmed Academy, Vertrauen
schafft. Ärztinnen und Ärzte können dort CME-Punkte erwerben und
lernen, wie KI-Systeme funktionieren, welche Grenzen sie haben
und warum sie zuverlässig genutzt werden können. Zudem berichtet
sie über die breite Einführung des Tools: Mehr als 2000 Ärztinnen
und Ärzte nutzen Prof. Valmed bereits, dazu mehrere
Universitätskliniken sowie medizinische Einrichtungen in Italien,
im Mittleren Osten und in Asien. Dass Prof. Valmed vollständig
bootstrapped ist, ermöglicht schnelle Entscheidungen und eine
klare Ausrichtung an medizinischen Bedürfnissen
Der Beitrag Dr. Vera Rödel – CEO von Prof. Valmed – schafft
sicheres „ChatGPT für die Medizin“ statt riskanter Schatten-KI
erschien zuerst auf Visionäre der Gesundheit.
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20.11.2025
38 Minuten
Dr. Johanna Ludwig ist Chirurgin,
Gesundheitssystem-Visionärin und leitet seit Kurzem die neue
Leiterin der Stabsstelle Versorgung bei der gematik. Nach
mehreren Jahren klinischer Tätigkeit – unter anderem im
Unfallbehandlungszentrum Berlin-Marzahn – absolvierte sie ein
Zusatzstudium in Oxford, das ihr die Bedeutung von
Prozessanalyse, Organisationsentwicklung und Digitalisierung im
Gesundheitswesen verdeutlichte. Sie verbindet medizinische
Expertise mit einem tiefen Verständnis für Versorgungsprozesse,
Lean Management und digitale Transformation. In ihrer neuen Rolle
bringt Dr. Johanna Ludwig Erfahrungen aus Klinik, Forschung,
Startup-Arbeit und internationaler Weiterbildung ein, um die
digitale Versorgung in Deutschland patientennah, alltagstauglich
und zukunftsfähig zu gestalten.
Ein ungewöhnlicher Weg: Von der Chirurgie zur Digitalstrategie
Zu Beginn berichtet Dr. Johanna Ludwig, wie
sie von der klassischen Chirurgie in eine Rolle wechselte, die es
ihr ermöglicht, Versorgung systemisch zu verbessern. Im
Klinikalltag wurde ihr immer wieder bewusst, wie viel Zeit
Ärztinnen und Ärzte mit Workarounds verbringen – mit Tätigkeiten,
die eigentlich nur dazu dienen, Lücken in Prozessen zu
überbrücken. Gerade diese täglichen Ineffizienzen weckten ihren
Wunsch, Strukturen zu verändern und Organisationen zu
modernisieren. Das Zusatzstudium in Oxford hat ihr dann gezeigt,
dass Wissen allein nicht ausreicht, sondern dass man sein Umfeld
aktiv gestalten muss, wenn man Versorgung verbessern will.
Digitalisierung und Weiterbildung gehören zusammen
Ein zentrales Thema des Gesprächs ist die Frage, weshalb
Digitalisierung oft nicht dort ankommt, wo sie eigentlich
benötigt wird. Dr. Johanna
Ludwig betont, dass digitale Lösungen nur
funktionieren, wenn sie in echte Arbeitsabläufe eingebettet sind
und wenn das Personal die Möglichkeit erhält, sich
weiterzubilden. Besonders die Verknüpfung aus digitaler Kompetenz
und strukturierter Weiterbildung hält sie für entscheidend. Ohne
diese Verbindung könne der große Hebel digitaler Technologien
nicht wirksam werden.
Die Rolle der neuen Stabstelle Versorgung bei der gematik
Viele Außenstehende unterschätzen die Größe und Komplexität der
gematik. Dr. Johanna Ludwig erklärt,
dass ihre Aufgabe als Leiterin der Stabstelle Versorgung darin
besteht, zwischen allen Akteuren zu vermitteln – von
Krankenhäusern über Ärztinnen und Ärzte bis hin zu
Industriepartnern und Selbstverwaltung. Es gehe nicht darum,
analoge Abläufe einfach zu digitalisieren, sondern
Digitalisierung so zu gestalten, dass sie die Versorgung
tatsächlich verbessert. Die Stabstelle soll dafür sorgen, dass
sowohl digital affine Praxen als auch kleine Landarztpraxen
gehört werden und dass digitale Lösungen echten Mehrwert bieten.
Warum digitale Lösungen häufig Frust auslösen
Anhand eines Beispiels aus dem NHS beschreibt Dr.
Johanna Ludwig, warum digitale Lösungen scheitern
können, wenn sie an der Realität vorbeigeplant werden. Eine
digitalisierte Überweisung hat zwar organisatorisch Sinn ergeben,
aber gleichzeitig wertvolle ärztliche Kommunikation eliminiert,
die zuvor nebenbei stattfand und für den Austausch zwischen
Hausärzten und Fachärzten essenziell war. Die Folge war Frust
statt Entlastung. Diese Geschichte zeigt, wie wichtig es ist,
Digitalisierung aus Sicht der Anwenderinnen und Anwender zu
denken und die Funktionsweise der Versorgung genau zu
verstehen. johanna-inga
Fragmentierung, Ressourcenmangel und der Alltag der Kliniken
Ein weiterer Schwerpunkt ist die enorme Fragmentierung des
deutschen Gesundheitssystems. Viele unterschiedliche Systeme,
zahlreiche IT-Anbieter, regionale Unterschiede und finanzieller
Druck erschweren einheitliche digitale Lösungen. Dr.
Johanna Ludwig macht deutlich, dass Digitalisierung
gerade in diesem Umfeld ein enormer Hebel sein könnte, wenn sie
richtig umgesetzt wird. Sie sieht die Herausforderung darin, alle
Beteiligten wieder auf eine gemeinsame Vision einzuschwören und
den Fokus auf das gemeinsame Ziel zu richten: eine bessere
Versorgung für Patientinnen und Patienten.
Die elektronische Patientenakte: Ein großes Versprechen
Im Gespräch zeigt sich Dr. Johanna
Ludwig deutlich optimistischer als viele andere
Stimmen im System. Auf die Frage, wie groß das Potenzial der
elektronischen Patientenakte sei, gibt sie die höchste Bewertung.
Schon heute könne ein sauber geführter Medikationsplan Leben
retten. Zwar sei die ePA aktuell noch von PDFs geprägt und oft
unvollständig, doch allein die Bündelung wichtiger Informationen
bringe spürbare Erleichterungen. Ihr Ziel ist es, dass Ärztinnen
und Ärzte künftig sagen: „Dieses digitale Tool erleichtert meinen
Alltag wirklich.“
Weiterbildung im KI-Zeitalter – und warum Deutschland aufholen
muss
Ein großer Teil des Gesprächs dreht sich um die Zukunft der
medizinischen Weiterbildung. Dr. Johanna Ludwig erläutert, dass
Weiterbildung Zeit und Geld kostet, in Kliniken aber oft als
Belastung wahrgenommen wird. Logbücher werden häufig ausgefüllt,
ohne dass die Inhalte wirklich vermittelt wurden. International,
etwa in Kanada, sei man deutlich weiter und arbeite seit vielen
Jahren mit kompetenzbasierten Modellen. Angesichts der rasanten
Entwicklungen in KI und Entscheidungsunterstützungssystemen müsse
sich das Rollenbild von Ärztinnen und Ärzten verändern. In
Zukunft brauche es nicht nur Fachwissen, sondern besonders
Fähigkeiten wie Kommunikation, Teamarbeit und Patientenführung.
Was nötig ist, damit der Kulturwandel gelingt
Dr. Johanna Ludwig betont, dass es eine
klare Vision braucht – ähnlich wie in einem Startup. Systeme und
Weiterbildungsstrukturen müssen so gestaltet werden, dass sie
gute Praxis unterstützen statt behindern. Im Mittelpunkt steht
für sie der Mensch: Pflegende und Ärztinnen sollen Zeit für
Patientinnen und Patienten haben, statt mit redundanten
Dokumentationen oder fehlerhaften IT-Systemen kämpfen zu müssen.
Nur wenn digitale Lösungen den Arbeitsalltag wirklich
erleichtern, kann eine positive digitale Kultur entstehen.
Persönliches Ziel: Die erste wirklich geliebte digitale Lösung
Zum Ende definiert Dr. Johanna
Ludwig ein persönliches Ziel: Sie möchte, dass es
künftig mindestens ein digitales Produkt gibt, über das Ärztinnen
und Ärzte sagen: „Das ist wirklich gut.“ Dieser Satz wäre für sie
ein Zeichen dafür, dass Digitalisierung nicht mehr als Belastung,
sondern als echte Verbesserung wahrgenommen wird. Ebenso wünscht
sie sich, dass ihr Buch über Wege aus der Klinik irgendwann nicht
mehr gebraucht wird, weil Menschen im Gesundheitssystem wieder
das Gefühl haben, etwas bewegen zu können, ohne
auszubrennen.
Mehr über unseren Podcast, alle erschienen Folgen und uns Inga
Bergen & Larissa Middendorf findet ihr auf
www.visionaere-gesundheit.de Mehr von uns gibt es auch in
unserem englischsprachigen Podcast „Visionaries of
Health“ denn ihr auf allen gängigen Podcastplattformen
findet.
Ihr habt Themenvorschläge oder Anregungen für uns? Melde euch
gerne unter info@visionaere-gesundheit.de
Der Beitrag Dr. Johanna Ludwig: Warum ihre Vision für die
digitale Versorgung Mut macht erschien zuerst auf Visionäre der
Gesundheit.
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06.11.2025
45 Minuten
Dr. Ebru Yildiz ist eine der profiliertesten Stimmen für
interkulturelle Kommunikation im deutschen Gesundheitswesen. Sie
ist Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie und leitet das
Transplantationszentrum der Universitätsmedizin Essen. Zusätzlich
engagiert sie sich als Mentorin für Frauen im Gesundheitswesen.
Was sie besonders auszeichnet: Sie hat ihre Karriere in der
Pflege begonnen – ein Weg, der sie gelehrt hat, Medizin aus
unterschiedlichen Blickwinkeln zu sehen. In dieser Podcastfolge
spricht sie mit Inga Bergen über strukturelle Barrieren, Chancen
für mehr Vertrauen in der medizinischen Versorgung und den
Unterschied zwischen „medizinisch versorgen“ und „gesund leben
lassen“.
Der Weg vom Pflegeberuf zur ärztlichen Leitung
Dr. Ebru Yildiz beginnt ihre berufliche Laufbahn in der Pflege,
während sie parallel ihr Medizinstudium abschließt. Diese
Erfahrung prägt ihren heutigen Führungsstil und ihr Verständnis
für Teamarbeit im Klinikalltag. Sie weiß, wie es ist, auf der
Seite der Assistenz zu stehen – und erkennt die strukturellen
Hürden, denen sich insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund
stellen müssen. Diese Perspektive macht sie zu einer
Fürsprecherin für mehr Durchlässigkeit in der Gesundheitsbranche.
Warum Kommunikation der Schlüssel ist – und oft scheitert
Ein zentrales Thema im Gespräch ist die Rolle der Kommunikation
zwischen Ärzt:innen und Patient:innen. Dr. Ebru Yildiz macht
deutlich, dass viele Missverständnisse im klinischen Alltag nicht
medizinischen, sondern kulturellen Ursprungs sind. Sprache sei
dabei nur ein Aspekt – viele Patient:innen verstünden
beispielsweise das Konzept von Organspende nicht oder hätten
kulturell geprägte Vorstellungen von Tod, Körper und Familie, die
mit dem medizinischen System kollidieren. Sie fordert daher ein
systematisches Training in kultursensibler Kommunikation – für
alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen.
Organspende: Wenn Vertrauen fehlt, hilft keine Aufklärung
Als Leiterin eines Transplantationszentrums erlebt Dr. Ebru
Yildiz täglich, wie schwierig es ist, über Organspende zu
sprechen – insbesondere in Familien mit Migrationsgeschichte.
Nicht, weil diese ablehnend wären, sondern weil Vertrauen fehle.
Wer schlechte Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem gemacht habe
oder sich nicht gesehen fühle, wird sich schwer tun,
Entscheidungen zu treffen, die so tief ins eigene Leben und in
den Körper eingreifen. Sie plädiert für mehr kulturelle
Übersetzungsarbeit, um Ängste abzubauen und Räume für echte
Gespräche zu schaffen.
Warum sie für „gesunde Lebensjahre“ kämpft – nicht nur für
medizinische Versorgung
Dr. Ebru Yildiz unterscheidet klar zwischen Medizin und
Gesundheit. Während das medizinische System häufig auf Krankheit
reagiere, brauche es einen Paradigmenwechsel hin zur Förderung
gesunder Lebensjahre. Dabei gehe es nicht nur um Prävention,
sondern auch um gesellschaftliche Teilhabe, Bildung, Ernährung
und Arbeitsbedingungen – also um die sozialen Determinanten von
Gesundheit. Besonders betroffen von ungerechten
Gesundheitschancen seien Frauen, Menschen mit niedrigem
sozioökonomischen Status und jene mit Migrationsgeschichte.
Vertrauen, Haltung und Kommunikation auf
Augenhöhe
Dr. Ebru Yildiz betont im Gespräch mehrfach, dass Vertrauen die
wichtigste Währung in der Medizin ist – besonders bei sensiblen
Themen wie Organspende, Transplantation oder chronischer
Erkrankung. Sie schildert, wie entscheidend es ist, Patient*innen
auf Augenhöhe zu begegnen und eine Sprache zu finden, die nicht
ausgrenzt, sondern einbindet. Dabei geht es ihr nicht nur um
sprachliche Barrieren, sondern auch um kulturelle, soziale und
emotionale Unterschiede. Als Beispiel nennt sie, wie auch
gesundheitliche Kommunikation über Social Media neue Wege geht –
und verweist auf Formate wie „Fit Dad Hendrik“, die
niedrigschwellig Wissen vermitteln und dabei diverse Zielgruppen
erreichen. Solche Initiativen zeigen, wie moderne
Gesundheitskommunikation auch außerhalb klassischer medizinischer
Kontexte funktionieren kann – nahbar, authentisch und lebensnah.
Interkulturelle Medizin ist mehr als Diversity-Tag
Gegen Ende des Gesprächs warnt Dr. Ebru Yildiz vor
oberflächlichen Diversity-Initiativen. Für sie ist
interkulturelle Medizin keine PR-Maßnahme, sondern ein
struktureller Umbau: medizinische Versorgung muss konsequent auf
die Bedürfnisse einer vielfältigen Gesellschaft ausgerichtet
werden. Das heißt: Dolmetscherstrukturen, mehrsprachige
Aufklärung, divers zusammengesetzte Teams und
Entscheidungsfindung, die kulturelle Konzepte mitdenkt. Nur so
könne Vertrauen entstehen – und echte Wirksamkeit.
Unterschied von Herkunft und Haltung
Im gesamten Gespräch wird deutlich: Für Dr. Ebru Yildiz bedeutet
interkulturelle Medizin nicht, Menschen nach ihrer Herkunft zu
sortieren. Vielmehr gehe es darum, Haltung zu zeigen – eine
Haltung, die offen, lernbereit und respektvoll ist. Medizin darf
nicht nach Schema F funktionieren, sondern muss individuell und
kontextsensibel sein.
Ebru Yildiz fordert: Mehr Menschlichkeit, mehr Struktur, mehr
Verständnis
Diese Podcastfolge mit Dr. Ebru Yildiz zeigt eindrücklich, wie
wichtig kulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen ist – und dass
es nicht reicht, Wissen zu vermitteln. Es braucht Haltung,
strukturelle Veränderungen und eine Medizin, die Kommunikation
und Vertrauen in den Mittelpunkt stellt. Wer mehr über
Organspende, interkulturelle Kommunikation,
Gesundheitsgerechtigkeit und den persönlichen Weg einer
beeindruckenden Ärztin erfahren möchte, sollte unbedingt
reinhören.
Der Beitrag Dr. Ebru Yildiz über interkulturelle Medizin,
Organspende und Kommunikation auf Augenhöhe erschien zuerst auf
Visionäre der Gesundheit.
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02.10.2025
47 Minuten
Jan Zeggel ist Geschäftsführer von
arztkonsultation.de, einer etablierten deutschen Plattform für
Videosprechstunden und telemedizinische Lösungen. Gleichzeitig
ist er Host des Podcasts „All About
Telemedizin“, in dem er regelmäßig über digitale
Gesundheitslösungen, regulatorische Entwicklungen und
Anwendungsbeispiele spricht. Als Unternehmer mit
gesundheitsökonomischem Hintergrund versteht Jan Zeggel es,
technische Innovationen mit den Bedürfnissen des
Gesundheitswesens zu verbinden. In dieser Folge von Visionäre der
Gesundheit spricht er mit Inga Bergen über den Reifegrad der
Telemedizin in Deutschland, über pragmatische Versorgungslösungen
– und warum Telemedizin mehr ist als ein digitaler Ersatz für den
Arztbesuch.
Von der Vision zur Umsetzung – wie Telemedizin konkret
funktioniert
Gleich zu Beginn betont Jan Zeggel, dass Telemedizin keine
abstrakte Zukunftstechnologie mehr ist, sondern längst in der
Versorgung angekommen ist – zumindest dort, wo die
Rahmenbedingungen stimmen. Er beschreibt, wie arztkonsultation.de
heute als White-Label-Anbieter für zahlreiche Kliniken, MVZs und
öffentliche Institutionen arbeitet und dabei die gesamte
technische Infrastruktur für digitale Konsultationen
bereitstellt. Dabei sei es entscheidend, dass die Lösung einfach
funktioniert – für Ärzt:innen, Patient:innen und Institutionen.
Seine Maxime: Technik muss sich an den Alltag der Nutzenden
anpassen, nicht umgekehrt.
Telemedizin in der Fläche – Erfolgsbeispiele aus der Praxis
Im Gespräch mit Inga Bergen nennt Jan Zeggel mehrere konkrete
Beispiele, wie Telemedizin Versorgungslücken schließen kann –
etwa in ländlichen Regionen, wo Fachärzt:innen nicht verfügbar
sind, oder bei der Nachsorge chronischer Erkrankungen. Besonders
spannend sind Pilotprojekte, in denen Pflegekräfte vor Ort mit
digitalen Konsultationen kombiniert werden, etwa in Pflegeheimen
oder in strukturschwachen Gegenden. Auch in der
betriebsmedizinischen Versorgung sieht er großes Potenzial für
digitale Ansätze. Entscheidend sei, dass die Strukturen entlastet
und nicht verdoppelt werden – Telemedizin als sinnvolle
Ergänzung, nicht als zusätzliche Belastung.
Datenschutz und Regulatorik – nicht nur Hürde, sondern auch
Qualitätssicherung
Ein zentrales Thema ist die Regulierung: Jan Zeggel erklärt,
warum Datenschutz in der Telemedizin nicht nur ein Hemmnis ist,
sondern auch ein Wettbewerbsvorteil für Anbieter wie
arztkonsultation.de, die höchsten Sicherheitsstandards genügen.
Gleichzeitig kritisiert er, dass manche regulatorischen Vorgaben
Innovation erschweren – etwa durch starre Rahmenverträge oder
lange Zertifizierungsprozesse. Dennoch sieht er Bewegung: Die
gematik, neue DIGA-Regelungen und der Dialog mit Kassen und
Ministerien machen Hoffnung auf mehr Tempo in der digitalen
Transformation.
Vom Startup zum Systempartner – warum Telemedizin strategische
Relevanz gewinnt
Im weiteren Verlauf des Gesprächs wird deutlich, dass Jan Zeggel
Telemedizin nicht als kurzfristigen Hype versteht, sondern als
langfristigen Strukturwandel. Er plädiert dafür, Telemedizin
nicht nur als „Tool“ zu sehen, sondern als Teil eines neuen,
patientenzentrierten Versorgungssystems. Besonders wichtig sei
die Einbindung in bestehende Prozesse: Statt Insellösungen
brauche es skalierbare, interoperable Plattformen – mit
Schnittstellen zu Praxissystemen, ePA und Krankenhaus-IT. Nur
dann könne Telemedizin nachhaltig wirken.
Neue Rollenbilder – was Telemedizin für Ärzt:innen bedeutet
Ein besonders spannender Teil der Folge dreht sich um das
Rollenverständnis im digitalen Arzt-Patienten-Kontakt. Jan Zeggel
berichtet von der anfangs teils kritischen Haltung einiger
Mediziner:innen gegenüber der Videosprechstunde – und wie sich
diese mit positiven Erfahrungen wandelt. Er ist überzeugt, dass
Telemedizin sogar dazu beitragen kann, die ärztliche Tätigkeit
wieder attraktiver zu machen – etwa durch flexible Arbeitszeiten,
bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder den Einsatz im
Homeoffice. Entscheidend sei, dass Ärzt:innen frühzeitig
eingebunden und geschult werden.
Jan Zeggel über Vertrauen, Pragmatismus und die Zukunft der
Versorgung
Zum Schluss der Folge spricht Jan Zeggel über Vertrauen – in
Technologie, in Prozesse und in die Bereitschaft zur Veränderung.
Er beschreibt, wie wichtig es sei, pragmatische Lösungen zu
entwickeln, die wirklich im Alltag funktionieren. Für ihn ist
klar: Die Zukunft der Versorgung ist hybrid. Telemedizin sei
weder Ersatz noch Wundermittel, sondern ein Baustein, um Menschen
besser, schneller und effizienter zu versorgen. Mit dem richtigen
Mindset und passenden Rahmenbedingungen könne Deutschland hier
deutlich mutiger agieren.
Diese Folge mit Jan Zeggel ist ein
inspirierender Blick hinter die Kulissen eines Unternehmens, das
die Telemedizin in Deutschland seit Jahren mitgestaltet. Wer
wissen möchte, wie aus digitalem Potenzial konkrete
Versorgungslösungen werden, welche Rolle Datenschutz wirklich
spielt und was es braucht, damit digitale Gesundheit in der
Breite ankommt – sollte sich diese Folge unbedingt bis zum Ende
anhören.
Der Beitrag Jan Zeggel über die Zukunft der Telemedizin – und
warum digitale Versorgung mehr als Technik ist erschien zuerst
auf Visionäre der Gesundheit.
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18.09.2025
38 Minuten
Prof. Dr. Kai Kolpatzik ist Arzt,
Public-Health-Experte und eine der wichtigsten Stimmen für
Gesundheitskompetenz und Prävention im deutschsprachigen Raum. Er
ist Chief Scientific Officer (CSO) des Word & Bild Verlages,
leitet die Berlin Health Media und ist
Honorarprofessor für Digitale Gesundheit und Public
Health Policy. Als öffentliche Stimme für ein modernes,
präventives Gesundheitssystem setzt er sich für einen
Paradigmenwechsel in Medizin, Kommunikation und
Patientenverantwortung ein. In dieser Podcastfolge spricht er mit
Inga Bergen über kulturelle Veränderungen, digitale Trends, den
Wert von Prävention und die nötige Systemreform – alles mit dem
Ziel, Gesundheit neu zu denken.
Gesundheit neu denken – weg von Reparaturmedizin
Prof. Dr. Kai Kolpatzik schildert zu Beginn, wie ihn seine
Ausbildung in Medizin und Public Health für das Thema
Gesundheitskompetenz sensibilisiert hat. Er kritisiert die
Dominanz der sogenannten „Reparaturmedizin“ – also einer Medizin,
die erst eingreift, wenn etwas bereits kaputt ist. In der Logik
unseres heutigen Gesundheitssystems seien Leistungen wie
Operationen und Eingriffe wirtschaftlich attraktiv, während
Prävention, Lebensstilmedizin und Gesundheitsförderung kaum
vergütet würden. Das führe zu einer Schieflage, in der das
gesunde Leben zu wenig Wert erfahre.
Zwischen Lifestyle und Leistungskatalog
Kolpatzik argumentiert leidenschaftlich für eine Neubewertung von
Lebensstilfaktoren wie Schlaf, Ernährung und Bewegung. Diese
seien keine „Privatsache“ oder „weich“, sondern wissenschaftlich
belegte Basis erfolgreicher Gesundheit. Er setzt sich dafür ein,
dass das, was Patient:innen aktiv beitragen können – insbesondere
in der Prävention – systematisch gestärkt wird. Das gegenwärtige
System tue oft so, als seien Patient:innen passiv. Dabei müsse
Eigenverantwortung gezielt gefördert und strukturell unterstützt
werden.
Digitale Gesundheitskompetenz & Künstliche Intelligenz
Im Gespräch geht es auch um den Einfluss von KI, insbesondere
Large Language Models (LLMs), auf das Gesundheitsverhalten. Prof.
Dr. Kai Kolpatzik beschreibt, wie sich durch KI-gestützte
Chatbots und Suchverhalten bereits erste kulturelle
Verschiebungen zeigen. Immer mehr Menschen stellen ihre
Gesundheitsfragen nicht mehr bei Google oder Ärzt:innen, sondern
digitalen Assistenten – mit dem Potenzial, aber auch Risiken.
Diese Entwicklung verändere die Erwartungen an ärztliche
Kommunikation grundlegend und fordere das System heraus, sich neu
aufzustellen.
Die Macht der Sprache und Patientennavigation
Besonders wichtig ist Kolpatzik die Kommunikation im
Gesundheitswesen. Er betont, dass Packungsbeilagen, Arztbriefe
und selbst offizielle Patienteninformationen häufig
unverständlich seien. Gesundheitsinformationen müssten in
einfacher, empathischer Sprache formuliert sein. Kommunikation
dürfe nicht rein rational, sondern müsse emotional anschlussfähig
sein. Dabei sieht er auch die Medien in der Verantwortung – etwa
bei Word & Bild, wo er sich für patientenorientierte Inhalte
engagiert.
Ein weiterer Punkt: die Fähigkeit, sich im Gesundheitssystem zu
orientieren. Der Begriff „Navigationskompetenz“ fällt mehrfach.
Viele Menschen wüssten nicht, wo sie anfangen sollen – sie
fühlten sich verloren. Ein modernes Gesundheitssystem müsse
Navigation ermöglichen – durch echte Lotsen, digitale Tools und
transparente Strukturen.
Systemischer Wandel statt Schuldzuweisung
Prof. Dr. Kai Kolpatzik macht deutlich, dass Gesundheitskompetenz
nicht nur eine individuelle Aufgabe ist. Selbstverantwortung
dürfe nicht bedeuten, Menschen mit komplexen Strukturen allein zu
lassen. Er kritisiert, dass die elektronische Patientenakte (ePA)
bislang nicht patientenfreundlich gedacht sei, sondern vorrangig
für Ärzt:innen. In seinem Bild ist das deutsche Gesundheitswesen
noch stark im „1950er-Jahre-Familienmodell“ verhaftet – mit
klaren Rollen, wenig Eigenständigkeit für Patient:innen und wenig
Dialog.
Prävention braucht kulturellen Wandel
Zum Abschluss diskutieren Inga Bergen und Prof. Dr. Kai
Kolpatzik, wie man das System wirklich verändern kann. Er fordert
mehr Mut, Verantwortung neu zu denken – sowohl bei Ärzt:innen als
auch bei Politik und Gesellschaft. Prävention müsse endlich ernst
genommen und strukturell verankert werden. Gesundheitskompetenz
sei kein Nebenthema, sondern der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit
unseres Systems.
Der Beitrag Prof. Dr. Kai Kolpatzik über Reparaturmedizin,
Kulturwandel & digitale Gesundheitskompetenz erschien zuerst
auf Visionäre der Gesundheit.
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Wir sprechen mit inspirierenden Persönlichkeiten über ihre Vision
der Zukunft der Gesundheit.
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