Prof. Dr. Kai Kolpatzik über Reparaturmedizin, Kulturwandel & digitale Gesundheitskompetenz
Prof. Dr. Kai Kolpatzik ist Arzt, Public-Health-Experte und eine
der wichtigsten Stimmen für Gesundheitskompetenz und Prävention im
deutschsprachigen Raum. Er ist Chief Scientific Officer (CSO) des
Word & Bild Verlages,
38 Minuten
Podcast
Podcaster
Beschreibung
vor 2 Monaten
Prof. Dr. Kai Kolpatzik ist Arzt,
Public-Health-Experte und eine der wichtigsten Stimmen für
Gesundheitskompetenz und Prävention im deutschsprachigen Raum. Er
ist Chief Scientific Officer (CSO) des Word & Bild Verlages,
leitet die Berlin Health Media und ist
Honorarprofessor für Digitale Gesundheit und Public
Health Policy. Als öffentliche Stimme für ein modernes,
präventives Gesundheitssystem setzt er sich für einen
Paradigmenwechsel in Medizin, Kommunikation und
Patientenverantwortung ein. In dieser Podcastfolge spricht er mit
Inga Bergen über kulturelle Veränderungen, digitale Trends, den
Wert von Prävention und die nötige Systemreform – alles mit dem
Ziel, Gesundheit neu zu denken.
Gesundheit neu denken – weg von Reparaturmedizin
Prof. Dr. Kai Kolpatzik schildert zu Beginn, wie ihn seine
Ausbildung in Medizin und Public Health für das Thema
Gesundheitskompetenz sensibilisiert hat. Er kritisiert die
Dominanz der sogenannten „Reparaturmedizin“ – also einer Medizin,
die erst eingreift, wenn etwas bereits kaputt ist. In der Logik
unseres heutigen Gesundheitssystems seien Leistungen wie
Operationen und Eingriffe wirtschaftlich attraktiv, während
Prävention, Lebensstilmedizin und Gesundheitsförderung kaum
vergütet würden. Das führe zu einer Schieflage, in der das
gesunde Leben zu wenig Wert erfahre.
Zwischen Lifestyle und Leistungskatalog
Kolpatzik argumentiert leidenschaftlich für eine Neubewertung von
Lebensstilfaktoren wie Schlaf, Ernährung und Bewegung. Diese
seien keine „Privatsache“ oder „weich“, sondern wissenschaftlich
belegte Basis erfolgreicher Gesundheit. Er setzt sich dafür ein,
dass das, was Patient:innen aktiv beitragen können – insbesondere
in der Prävention – systematisch gestärkt wird. Das gegenwärtige
System tue oft so, als seien Patient:innen passiv. Dabei müsse
Eigenverantwortung gezielt gefördert und strukturell unterstützt
werden.
Digitale Gesundheitskompetenz & Künstliche Intelligenz
Im Gespräch geht es auch um den Einfluss von KI, insbesondere
Large Language Models (LLMs), auf das Gesundheitsverhalten. Prof.
Dr. Kai Kolpatzik beschreibt, wie sich durch KI-gestützte
Chatbots und Suchverhalten bereits erste kulturelle
Verschiebungen zeigen. Immer mehr Menschen stellen ihre
Gesundheitsfragen nicht mehr bei Google oder Ärzt:innen, sondern
digitalen Assistenten – mit dem Potenzial, aber auch Risiken.
Diese Entwicklung verändere die Erwartungen an ärztliche
Kommunikation grundlegend und fordere das System heraus, sich neu
aufzustellen.
Die Macht der Sprache und Patientennavigation
Besonders wichtig ist Kolpatzik die Kommunikation im
Gesundheitswesen. Er betont, dass Packungsbeilagen, Arztbriefe
und selbst offizielle Patienteninformationen häufig
unverständlich seien. Gesundheitsinformationen müssten in
einfacher, empathischer Sprache formuliert sein. Kommunikation
dürfe nicht rein rational, sondern müsse emotional anschlussfähig
sein. Dabei sieht er auch die Medien in der Verantwortung – etwa
bei Word & Bild, wo er sich für patientenorientierte Inhalte
engagiert.
Ein weiterer Punkt: die Fähigkeit, sich im Gesundheitssystem zu
orientieren. Der Begriff „Navigationskompetenz“ fällt mehrfach.
Viele Menschen wüssten nicht, wo sie anfangen sollen – sie
fühlten sich verloren. Ein modernes Gesundheitssystem müsse
Navigation ermöglichen – durch echte Lotsen, digitale Tools und
transparente Strukturen.
Systemischer Wandel statt Schuldzuweisung
Prof. Dr. Kai Kolpatzik macht deutlich, dass Gesundheitskompetenz
nicht nur eine individuelle Aufgabe ist. Selbstverantwortung
dürfe nicht bedeuten, Menschen mit komplexen Strukturen allein zu
lassen. Er kritisiert, dass die elektronische Patientenakte (ePA)
bislang nicht patientenfreundlich gedacht sei, sondern vorrangig
für Ärzt:innen. In seinem Bild ist das deutsche Gesundheitswesen
noch stark im „1950er-Jahre-Familienmodell“ verhaftet – mit
klaren Rollen, wenig Eigenständigkeit für Patient:innen und wenig
Dialog.
Prävention braucht kulturellen Wandel
Zum Abschluss diskutieren Inga Bergen und Prof. Dr. Kai
Kolpatzik, wie man das System wirklich verändern kann. Er fordert
mehr Mut, Verantwortung neu zu denken – sowohl bei Ärzt:innen als
auch bei Politik und Gesellschaft. Prävention müsse endlich ernst
genommen und strukturell verankert werden. Gesundheitskompetenz
sei kein Nebenthema, sondern der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit
unseres Systems.
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