Klarstellungen zur elenden öffentlichen Debatte über Hartz-IVler und andere Sozialfälle mit und ohne Arbeit: Ideologie und Wahrheit des Gemeinspruchs: „Sozial ist, was Arbeit schafft!“ Niedriglohn als Staatsprogramm
2 Stunden 44 Minuten
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Beschreibung
vor 15 Jahren
Die Politik hat eine öffentliche Debatte über die
Arbeitslosenverwaltung eröffnet: Hartz IV leiste nicht das, was
es solle, nämlich durch „Fördern und Fordern“ Arbeitslose wieder
in Arbeit zu bringen. Gemeinsam mit Westerwelle soll sich der
arbeitende und steuerzahlende Bürger darüber erregen, dass der
Staat mit Hartz IV-Geld für die Massen von Arbeitslosen, für die
Unternehmen keine lohnende Verwendung haben, das Nichtstun
fördert und so geradezu Arbeitslosigkeit als Dauerzustand
produziert: Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht,
lädt zu altrömischer Dekadenz ein.“ Das ist schon eine skandalöse
Sicht der Dinge: Dass die Sozialkasse den Millionen dauerhaft aus
Arbeit und Lohn Gefallenen gerade mal ein Notgeld für ein
staatlich definiertes „soziokulturelles Existenzminimum“ zahlt –
eine Einladung zur Dekadenz und Wohlstandsdenken? Nicht minder
skandalös sind freilich die sozial gefärbten Einwände und
Rechtfertigungen der Hartz IV-Leistungen, die dagegen laut
geworden sind: „Der Sozialstaat ist Heimat“: 345 Euro und ein
paar streng bemessene Zulagen, damit soll der Mensch in diesem
Gemeinwesen aufgehoben und die „freie Entfaltung seiner
Persönlichkeit“ (Prantl, SZ) gewährleistet sein?
Dabei sind sich so ziemlich alle mit dem FDP Agitator gegen
grundsätzliche Mängel im Sozialsystem in dem einen einig: „dass
Leistung sich wieder lohnen muss“ und „dass jemand, der arbeitet,
mehr haben muss, als wenn er nicht arbeitet.“ Dieses
'Abstandsgebot' ist offensichtlich nach öffentlichem Dafürhalten
keineswegs gesichert. Allerdings! Denn das ist ja unübersehbar:
Mehrere Millionen Niedriglöhner verdienen kaum mehr als die
staatlich betreuten Sozialfälle, und mehr als eine Millionen
HartzIV-Empfänger arbeiten als Minijobber und Zuverdiener, ohne
dass ihnen davon viel bleibt und ohne Aussichten auf einen
'ordentlichen' Arbeitsplatz; statt dessen sparen sie mit ihrer
Arbeit vor allem Hartz IV-Kosten. Die Einkommensabhängigen
bestimmen eben weder darüber, ob sie überhaupt arbeiten, und
wenn, zu welchen Kondition und mit welchem Ertrag; darüber
entscheidet die Rechnung der Arbeitgeber; und wenn die keine
lohnende Verwendung für sie haben, dann bestimmt der Staat, was
ihnen noch zusteht, um über die Runden zu kommen. Und, was folgt
daraus? Erst einmal ein dickes Lob des Erfolgs, der nicht zuletzt
mit Hartz IV zustande gekommen ist: „Wir haben einen der besten
Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt.“
(Altkanzler Schröder)
Aber damit sind die Sozialstaatsverantwortlichen heute
offensichtlich nicht mehr zufrieden: Die einen, wie Roland Koch,
wollen Arbeitslose mehr „fordern“ und in die Arbeitspflicht
nehmen; wer Geld vom Staat bekommt, der soll auch etwas leisten,
egal was. Vor allem aber sollen die Sanktionen verschärft werden,
um den 'Leistungswillen' anzustacheln, auch wenn sich der dann
gar nicht mehr lohnt. Andere wie Westerwelle wollen das auch;
außerdem aber wollen sie Arbeitslose „fördern“ und dafür sorgen,
dass sich „Leistung wieder lohnt“ , indem sie Hartz IVlern mehr
vom Zuverdienst lassen. So taugt die sozialstaatlich
organisierten Not doppelt: als Zwang und als Anreiz zu einer
Beschäftigung, bei der man nach dem Lohn für die Leistung nicht
groß fragen darf.
Da arbeitet Sozialpolitik also daran, Arbeitslose in ein
zusätzliches Heer von Billiglöhnern zu verwandeln, die Hartz IV
mit ein bisschen Einkommen aufstocken und die Arbeitslosenkasse
entlasten, oder andersherum: denen der Staat ihr unzureichendes
Einkommen mit Sozialgeld aufstockt. Die Anwender der
Arbeitskräfte, von denen bei der ganzen Sache kaum die Rede ist,
bekommen ein neues sozialstaatliches Angebot: ein Heer von
Beschäftigung Suchenden zu lohnender Benutzung ohne Rücksicht auf
deren Einkommensbedarf. Das alles gemäß der Devise „Sozial ist,
was in Arbeit bringt!“ und im Namen der sozialen Opfer und
hochanständigen Billigarbeiter, auf deren Leistungsbereitschaft
man sich beruft.
Die Veranstaltung will aus gegebenem Anlass aufklären über die
Ursachen der 'sozialen Frage', über die Logik und die Leistungen
des Sozialstaats, der sie betreut, kurz: über den Skandal
Lohnarbeit im Systems 'soziale Marktwirtschaft' mit seinen Hartz
IVlern, Minijobbern, Mindestlöhnern...
Veranstalter: AK Gegenargumente
Gliederung:
Teil 1: Eine öffentliche Debatte und die aktuelle Lage
Teil 2: Gerechtigkeit am Arbeitsmarkt: Kritik des
Gerechtigkeitsargumentes
Teil 3+4: Kapitalwachstum – Arbeitsmarkt – und
Sozialpolitik
Teil 5: Der neues Reformbedarf mit Hartz IV und Mindestlohn:
Niedriglohn als Normalexistenz
Teil 6: Der Sozialstaat als Agentur des „allgemeinen Gesetzes der
kapitalistischen Akkumulation“ (Marx)
Weitere Publikationen zum Thema von argudiss oder von anderen:
Das Buch „Beschäftigung“ – „Globalisierung“ – „Standort“
Anmerkungen zum kapitalistischen Verhältnis zwischen Arbeit und
Reichtum
Das Buch: Politisch emanzipiert – Sozial diszipliniert – Global
ausgenutzt – Nationalistisch verdorben Das Proletariat Die große
Karriere der lohnarbeitenden Klasse kommt an ihr gerechtes Ende
beim GegenStandpunkt-Verlag
Sozialstaatlicher „Systemwechsel“ in Deutschland in
GegenStandpunkt 3-03
Fragen zum Sozialstaat & zu Freiheit und Zwang in der Politik
in GegenStandpunkt 2-16
„Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit“ Die SPD digitalisiert
die Armutsbetreuung in GegenStandpunkt 4-19
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