Jahr 5 der Weltfinanzkrise: Imperialistische Geldsorgen - und wie die Völker mit ihnen behelligt werden

Jahr 5 der Weltfinanzkrise: Imperialistische Geldsorgen - und wie die Völker mit ihnen behelligt werden

2 Stunden 39 Minuten

Beschreibung

vor 14 Jahren

Seit einem halben Jahr bestimmt wieder die Weltfinanzkrise die
Tagesordnung der Weltpolitik. Tag täglich werden die Bürger von
Presse und Fernsehen mit dem Tun und Treiben derer behelligt, die
Finanzmärkte heißen und ihr Geschäft mit der Spekulation auf
Finanztitel machen. Man erfährt, dass da gegen die Staatsanleihen
europäischer Staaten spekuliert und ein Staat nach dem anderen an
den Rand des Bankrotts getrieben wird; man wird mit den
Aktivitäten von Ratingagenturen vertraut gemacht, die die
Schuldtitel der USA herabstufen und damit eine Panik an den
Börsen auslösen. Und man wird mit den Anstrengungen der
Regierungen bekannt gemacht, mit denen sie die negativen
Wirkungen dieses Treibens auf die Staatsfinanzen und auf das Geld
der Nationen in den Griff bekommen wollen.


Bei jeder Rettungsaktion, mit der die Regierungen die Märkte zu
beruhigen und das Kreditsystem zu sichern suchen, kommt die bange
Frage auf: „Klappt das?“. Hinterher darf dann wieder geunkt
werden, dass das wohl wieder nicht reicht... So werden die
Bürger, die weder an der Börse spekulieren noch ein Regierungsamt
inne haben, an diesen Sorgen beteiligt, als wären es die eigenen.
Ganz selbstverständlich geht jeder davon aus, dass „der kleine
Mann“ von allem betroffen ist, was an den Börsen und in den
Regierungssitzen getrieben wird. Dass das Geld, das er verdient
und mit dem er zurechtzukommen hat, allemal in Mitleidenschaft
gezogen ist, wenn die Geschäfte des Finanzkapitals schlecht
gehen: Davon geht jeder aus, als wäre es eine Naturtatsache.
Warum das so ist, erfährt man zwar nicht so genau; aber die
Botschaft kommt noch allemal rüber: Dass man als „kleiner Mann“
im Grunde nur abwarten kann, auf jeden Fall aber seine Hoffnung
darauf setzen soll, dass die wirklichen Herren des Geldes ihre
Sache gut machen.


Die Sorge normaler Bürger darum, ob die Obrigkeit auch ihr Bestes
tut, um „unseren Euro“ zu retten, ist ziemlich verkehrt. Sie
sieht nämlich geflissentlich darüber hinweg, was dieses „Beste“
eigentlich ist, was die Regierungen zur Bewältigung der
Finanzkrise unternehmen:


Ein Lehrstück über die politische Ökonomie des Kapitalismus - und
über das Staatsprogramm der Herrschaft, die diese
Produktionsweise betreut.


• Was ist los, wenn europäische Politiker sich zusammensetzen, um
einen Rettungsschirm für den Euro zu basteln, und dabei unbedingt
die großen Finanzinstitute mit im Boot haben wollen – und zwar
freiwillig? Offensichtlich ist den hohen Herren von der Politik
sehr viel daran gelegen, dass ihre Maßnahmen zur
Krisenbewältigung bei genau den Banken gut ankommen, die sie an
anderer Stelle publikumswirksam als Spekulanten beschimpfen.
Offensichtlich ist das die oberste Leitlinie der Politik: Dass
alles, was sie tut, um den Kredit zu sichern, auch zu den
geschäftlichen Berechnungen derer passt, die das Unheil an den
Märkten gerade anstellen.


• Was ist los, wenn Merkel und Sarkozy sich treffen, um über eine
neue europäische Wirtschaftsregierung zu sprechen – und dabei
verkünden, man wolle von Seiten der Politik alles Nötige tun, um
das „Vertrauen der Märkte“ wieder zu gewinnen?


Dann geben die politischen Herren zu Protokoll, worauf ihre
Rettungsmaßnahmen zielen: Darauf, dass das Interesse der Staaten
an einem starken Euro und die geschäftlichen Berechnungen der
Kreditwirtschaft wieder zueinander finden. Dann ist offenbar die
Welt wieder in Ordnung! Haben Kritiker recht, die der
organisierten Verbeugung der Politik vor den Kalkulationen der
Finanzmärkte entnehmen wollen, dass sich die Politik hier über
den Tisch ziehen lasse? Oder ist es tatsächlich so, dass Reichtum
und Macht der Nationen mit dem Gelingen des Geschäfts der
Finanzer steht und fällt?


• Was ist los, wenn für die Regierenden bombenfest steht, dass
die Finanzmärkte allemal richtig liegen, wenn sie den
Schuldtiteln von Staaten das Misstrauen aussprechen? Egal, wofür
ein Staat Kredit genommen und ausgegeben hat; egal, ob sein
Haushalt gestern noch als solide galt, wenn die Finanzhäuser ihm
den Kredit entziehen, dann gilt: Da hat die Nation über ihre
Verhältnisse gelebt. Dann heißt die oberste politische Richtlinie
für alle staatliche Politik: Der Kreditwirtschaft muss bewiesen
werden, dass ab sofort in diesem Land solide gewirtschaftet wird.
Dann muss gespart werden; und das geht allemal auf Kosten derer,
die von Lohn und Rente leben müssen. An Griechenland machen sie
es vor, Portugal, Spanien, Irland, Italien... ziehen nach: Zwecks
Krisenbewältigung verordnen die politischen Herren ihren Völkern
ein gnadenloses Verarmungsprogramm.


• Und was ist los, wenn die politische Herrschaft, die so auf die
Freiwilligkeit „der Märkte“ aus ist, bei der Durchsetzung dieses
Programms gegen die Leute weniger Wert auf Freiwilligkeit liegt?
Da gilt: Die Volksmassen haben sich dem neuen Elendsniveau zu
fügen, das Politik für sie in Angebot hat. Streiks, Aufruhr,
Demonstrationen sind fehl am Platze, wo es darum geht, den Kredit
der Nation zu retten: Das ist die Lehre aus der Krise, die die
politischen Führer ihren Völkern unmissverständlich beibringen.


Die Sorge, ob solche radikalen Sparprogramme wirklich aus der
Krise führen, sollte man also tunlichst den Experten überlassen.
Und sich stattdessen unvoreingenommen ein wenig Klarheit
verschaffen über die Gründe der Krise – und die Zwecke und
Absichten derer, die ihre ganze Macht zur Rettung ihres
kapitalistischen System zum Einsatz bringen.


Weitere Publikationen zum Thema:


Argumente zur Finanzkrise finden sich im Archiv des
GegenStandpunkt-Verlages


 

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