Ein Zustand namens Weltfrieden - Der kapitalistische Weltmarkt und die Konkurrenz der Nationen um Reichtum und Macht (Teil2)
2 Stunden 24 Minuten
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Beschreibung
vor 13 Jahren
Der Frieden ist ein hohes Gut. Über seinen unschlagbar guten Ruf
werden allerdings ein paar Eigentümlichkeiten übersehen, die das
Treiben der Nationen auszeichnen, das als ‚Frieden‘ moralisch
gutgeheißen und theoretisch abgehakt wird.
Das betrifft erstens die Subjekte des Friedens. Das sind nämlich
nicht die Insassen der Nationen, sondern deren politische Führer,
die über die Macht verfügen. Die – wer auch sonst – sind die
einzigen und befugten Subjekte für den Übergang vom Frieden zu
den Kriegen, welche andauernd angeblich ‚ausbrechen‘, in
Wirklichkeit aber von ihnen befohlen werden. Frieden und Krieg
sind für sie zwei Weisen, ihre Macht, die sie aus der
Bewirtschaftung ihrer Nationen beziehen, nach außen zu
gebrauchen. Und das sieht man dem Frieden auch an, wenn sie sich
zu ihm bereitfinden.
Zweitens ist der Inhalt des Friedens nämlich nicht einfach die
Abwesenheit von Krieg, sondern ein globalisierter Verkehr der
Nationen, der der Ideologie vom wechselseitigen Nutzen des
‚friedlichen Handels und Wandels‘ Hohn spricht: Da geht es um die
Konkurrenz kapitalistisch wirtschaftender Nationen darum, welcher
Staat mit seinem Arsenal an ökonomischen Konkurrenzmitteln, die
im wesentlichen in der Masse von Kapital und rentabel
einsetzbarer Arbeitskraft bestehen, aus dem Geschäftsverkehr mit
anderen Nationen möglichst viel nationalen Geldreichtum erobert,
d.h. an Zuspruch der international agierenden kapitalistischen
Geschäftswelt statt anderer auf sich zieht.
Und so sehen drittens die Resultate des Friedens dann auch aus:
Die liegen vor in den Bilanzen von Staaten darüber, ob sie mit
und im Verkehr mit anderen ihren Reichtum vermehren konnten oder
eingebüßt haben. Da addiert sich nichts oder ergänzen sich etwa
die produktiven Anstrengungen in der einen Nation mit denen in
einer anderen Nation. Der Reichtum, um den alle Nationen
konkurrieren, besteht in der abstrakten, geldförmigen
Zugriffsmacht auf allen Reichtum und seine Quellen, und er
stiftet darum auch noch lange vor den dann auch so bezeichneten
‚Handelskriegen‘ lauter Gegensätze zwischen den Staaten, die um
ihres nationalen Wachstums willen den kapitalistischen
Geschäftsverkehr mitein V.i.S.d.P.: Gegenstandpunkt VerlagsGmbH,
B. Schumacher, Augustenstr. 24, 80333 München; E.i.S. internet:
gegenstandpunkt.com ander zulassen, fördern und beaufsichtigen.
Im Ergebnis scheiden sich folgerichtig ein paar darin
erfolgreiche Nationen von einer großen Anzahl von
Verlierern.
Darum dreht sich viertens für die Staaten alles darum, dass sie
die Bedingungen für diesen Frieden möglichst machtvoll selbst
diktieren und nicht von anderen diktiert bekommen: Wegen des
gegensätzlichen Nutzens, auf den alle Staaten aus sind, weiß
jeder von ihnen, dass es darauf ankommt, den anderen die für
vorteilhaft gehaltenen Konditionen aufzunötigen bzw. deren Willen
überhaupt darauf zu verpflichten, an der Veranstaltung namens
Frieden weiter teilzunehmen. Dafür brauchen sie ihre Machtmittel,
denn nur die garantieren ihnen den Respekt und die
Rücksichtnahme, auf die sie im Verkehr miteinander aus sind – nur
die der anderen nötigen sie umgekehrt aber auch zu solchem
Respekt. Darum fangen Staaten nicht erst an zu rüsten und Armeen
aufzustellen, wenn sie meinen, der Frieden steuert mal wieder auf
einen Krieg zu; ihre nicht zu übergehende Gewalt und deren
Drohpotential ist die Voraussetzung und bringen sie in Anschlag,
wenn sie den Frieden zwischen sich ausgestalten, also sich
wechselweise auf die Bedingungen verpflichten, die sie für den
eigenen Erfolg gegen ihre Konkurrenten für geboten halten. Nur so
gibt es den Frieden: als Weltordnung, die den Nutzen ihrer
Stifter gegen andere festschreiben soll.
Der Erfolg im 'friedlichen' ökonomischen Verkehr miteinander ist
für die Staaten deswegen so unabdingbar, weil es die Erfolge bzw.
Misserfolge bei dieser gewaltsam geregelten ökonomischen
Benutzung der ganzen Welt sind, aus denen ihnen dauerhaft die
materielle Fähigkeit zuwächst oder eben nicht, sich die
militärischen Erpressungsmittel zuzulegen, die sie für nötig
halten. Daher sind gerade die erfolgreichen, die ökonomisch
reichsten und militärisch mächtigsten Staaten der Welt nie
zufriedenzustellen – weder mit dem Maß ihrer ökonomischen
Zuwächse noch mit der Stärke und Überzeugungskraft ihrer
Gewaltmittel. Für sie geht es darum, die Gleichung zwischen
ökonomischer Benutzung der ganzen Welt und ihrem Machtzuwachs auf
Dauer zu stellen, das heißt gegen alle anderen – die Verlierer
sowieso, vor allem aber gegen gleichrangige Konkurrenten –
zu verteidigen und auszubauen.
Mit ihrem globalen Geschäftsverkehr haben es die kapitalistischen
Großmächte inzwischen zu einer weltweiten Krise gebracht, die
jede von ihnen mit der Abwälzung der Schäden auf die anderen zu
bewältigen versucht. Gleichzeitig betätigen die USA und ein paar
europäische Mächte ihre Unzufriedenheit mit der Unterordnung der
restlichen Staatenwelt in Form von regionalen Dauerkriegen mit
eher zersetzender Wirkung auf ihre Weltordnung. Dass zudem mit
China ein neuer machtvoller Konkurrent auf den Plan tritt, der
sich seinerseits anschickt, seine ökonomischen Erfolge in einen
Aufstieg in der globalen Gewalthierarchie umzumünzen, spornt vor
allem die USA zu extra Anstrengungen ökonomischer, politischer
und militärischer Art an…
Kein Wunder, dass die Völker den Frieden wenig genießen können.
Sie sind die
Manövriermasse im Kampf darum, wer ihn gewinnt
1. Teil: Das Lob auf den Weltfrieden - falsch und
untertänig
2. Teil: Vom Nutzen des Weltfriedens für seinen Stifter, die
USA
3. Teil: Die Grundlage: Der nationale Kapitalismus als Quelle
staatlicher Macht
4. Teil: Die Welt(markt)ordnung: Lizenz und Stachel für die
nationalen Konkurrenzwillen - unter Vorbehalt
5. Teil: Diskussion
6. Teil: Der "Übergang zur"' Gewalt: auch eine
Konkurrenzfrage
7. Teil: Diskussion
Weitere Publikationen zum Thema von argudiss oder von anderen:
Weltmarkt und Weltmacht Von der globalisierten Zivilgesellschaft
und ihrer antiterroristischen Kriegskultur
Die Diplomatie – das Handwerkszeug der Konkurrenz zwischen
Staaten in GegenStandpunkt 3-96
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