Great Place to Work Gewinner 2018 im Bereich Soziales - Ein Interview mit der Jungendhilfe "Auf Kurs"
32 Minuten
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Beschreibung
vor 7 Jahren
In dieser Woche spreche ich mit dem Geschäftführer der Hamburger
Jugendhilfe "Auf Kurs" Manuel Kappernagel. Wir sprechen darüber,
wie tolle Arbeitsplätze im sozialen Bereich aussehen können und
wie sie das konkret umsetzen. Viel Spaß dabei.
Die Jugendhilfe "Auf Kurs" freut sich übrigens immer über
Spenden. Mehr Infos dazu findet ihr
hier: http://aufkurs-jugendhilfe.de
Hier die Kernaussagen dieser Episode:
Passion durch Empowering der Mitarbeiter
Es war meine Hauptmotivation einen eigenen Träger zu gründen,
weil ich das hier in Hamburg in der Jugendhilfe Landschaft nicht
gefunden habe. Wir versuchen durch das Empowern von Mitarbeitern
diesem Umstand Rechnung zu tragen, dass auch Mitarbeiter
unterstützt gehören. Also ich glaube es ist jedem bekannt, dass
die Burnout Quote im sozialen Bereich sehr hoch ist. Und das ist
auch ein Fokus, den muss man mit beachten. Das geht von sehr
hohen partizipatorischen Elementen bei uns im Träger über zu
Fortbildung, gezielte Fortbildung.
Passion durch Coaching
Wir haben Coaching Systeme. Also die Leitungskräfte sind alle im
Bereich Coaching gut aufgestellt und ausgebildet. Wir haben
Mentoringgruppen. Das heißt, es sind so Zweierschaften zwischen
einzelnen Kollegen. Und wir haben auch Coachinggruppen. Das
heißt, es gibt dann auch mal Fälle die sehr einprägsam sind. Das
sind die sogenannten Kinderschutzfälle. Wo Kinder auch aus den
Familien herausgenommen werden. Und das sind Sachen, die sind
emotional natürlich auch sehr aufreibend und belastend für die
Mitarbeiter. Da versuchen wir direkt und vor Ort die Mitarbeiter
aufzufangen und so eine Art Coaching oder kollegiale Fallberatung
auch direkt vor Ort anzubieten.
Passion durch Mirbestimmung
Und dann gibt es verschiedene Möglichkeiten am Unternehmen
mitzugestalten. Und in diesen Arbeitskreisen kann man aktiv am
Unternehmen mitarbeiten. Es gibt Arbeitskreis Kommunikation. Es
gibt Arbeitskreis Pädagogik. Es gibt den Arbeitskreis Büro und
Orga. Es gibt den Arbeitskreis Teaching and Tools. Also es sind
verschiedene Arbeitskreise, wo man versucht, für den Träger einen
Output zu generieren, der letztendlich allen dient. Wir sind
gerade auf dem Weg oder eine Überlegung, diese Arbeitskreise zu
budgetieren, also dass jeder Arbeitskreis ein eigenes Budget hat,
dass sie komplett autonome Entscheidungen treffen können.
Passion durch Handeln auf Augenhöhe
Ich glaube, es ist leichter in starren Hierarchien zu arbeiten,
weil die Rollen da sehr klar sind. Und wir sind ja noch auf dem
Weg. Und ich sage ganz klar: Das Führungshandeln was wir
anbieten, das ist durchaus das Führungshandeln, was auch für die
Leitungskraft auch sehr viel mehr Kraft und sehr, sehr viel mehr
Ausdauer abverlangt. Dass wir es letztendlich in eine Kultur
überführen. Aber durch die Prägung der Mitarbeiter von anderen
Träger, ist das schon ein langer Veränderungsprozess, dass die
Leute auch verstehen: Das ist zwar mein Geschäftsführer, aber das
ist auch mein Gegenüber. Und versuchen das Problem irgendwie auf
Augenhöhe zu lösen.
Systematischer Schmerz schafft Resilienz
Also die meiste Zeit supportive, 80 Prozent supportive, also
unterstützend, coachend. Es gibt aber auch so 20 Prozent wo man,
ich nenne das mal, so ein Vakuum als Leitungskraft erzeugen muss,
wo der Mitarbeiter auch spürt: Hier gibt es auch eine Abwesenheit
von Leitung. Also hier muss ich jetzt wirklich Entscheidungen
allein treffen. Das ist ein Moment, der vielen auch so ein
bisschen weh tut, weil die merken: Okay, ich muss jetzt wirklich
auch die Verantwortung übernehmen für die Lösung dieses Problems.
Mein Begriff dafür wäre: Systemischer Schmerz. […] Und das schöne
ist ja, die Mitarbeiter fangen irgendwann an, auch diesen
Entscheidungsraum immer mehr zu nutzen. Das Unternehmen an sich
wird viel mehr resilienter, also sprich, ist viel eher in der
Lage, auch irgendwelche besonderen Fälle abzufedern, weil es
nicht mehr die eine Person ist die alles regelt und macht.
Sondern quasi dass du eine Mannschaft schaffst, die in der Lage
ist, eben auf Situationen zu reagieren, ohne dass irgendjemand
ganz oben was entscheiden muss.
Achtsamkeit für Wohlbefinden im Unternehmen
Und dann natürlich die Vision ist wirklich so was: Was bedeutet
Arbeitszeit? Was bedeutet Lebenszeit? Das will ich gemeinsam mit
meinen Mitarbeitern, mit allen entwickeln: Was heißt eigentlich
neue Arbeitsplatzkultur? Wann geht Arbeit los? Wann hört Arbeit
auf? Wir haben Vertrauensarbeitszeit bei uns. Das heißt, es gibt
keine festen Arbeitszeiten. Aber das auch zu lernen, ab wann ich
für mich selbst sorge. Wann bin ich achtsam mir gegenüber? Ist
also ein bisschen mehr noch als ein Arbeitsplatz, sondern
natürlich auch ein Ort der ausstrahlt auf andere Branchen und auf
die Stadt.
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