Langzeitergebnisse nach offener Bankart/Neer-Operation

Langzeitergebnisse nach offener Bankart/Neer-Operation

Beschreibung

vor 21 Jahren
Die vorliegende Studie beschreibt klinische Langzeitergebnisse
(8-11 Jahresresultate) offener Instabilitätsoperationen im
kombinierten Verfahren nach Bankart und Neer oder nach alleiniger
Neerscher Kapselplastik. In den Jahren 1988 bis 1990 wurde an der
Chirurgischen Universitätsklinik München, Klinikum Innenstadt, bei
insgesamt 71 nicht voroperierten Patienten mit vorderer / vorderer
unterer Schulterinstabilität eine offene Operation zur
Stabilisierung vorgenommen. Von diesen Patienten konnten 59
Patienten nachuntersucht werden, was einem Follow-up von 83%
entspricht. Neben der Anamneseerhebung, die den prä- und
postoperativen Zeitraum sowie den genauen Unfallmechanismus
einschloß, wurden die Patienten klinisch untersucht. Die
Beurteilung der Schulterfunktion erfolgte nach dem „Rowe-Score“
(Maximum 100 Punkte) und untergliedert sich in die Teilbereiche
Schmerz (15 Punkte), Stabilität (25 Punkte), Funktion (25 Punkte),
Bewegung (25 Punkte) und Kraft (10 Punkte). Zusätzlich wurden die
Patienten gebeten, im Matsen-Test Fragen nach der Funktionalität zu
beantworten, um so ausführliche Informationen wie möglich zur
Einschätzung der postoperativen Alltagstauglichkeit des Gelenkes zu
erhalten. Der mittlere Nachuntersuchungszeitraum lag bei 9,2 Jahren
(8,4 Jahre bis 11,1 Jahre). Das Durchschnittsalter der Patienten
betrug 29,4 Jahre. 78% waren männlichen, 22% weiblichen
Geschlechts. Anhand der anamnestischen Kriterien „Trauma“ und „Grad
der Luxation“ wurden die Patienten in drei Gruppen unterteilt: -
Gruppe A: Kein Trauma, mit oder ohne vollständige Luxation, n = 10
- Gruppe B: Trauma und vollständige Luxation: n = 42 - Gruppe C:
Trauma ohne vollständige Luxation, n = 7 In Gruppe A (n=10)
erreichten die Patienten im Mittel einen Gesamtscore von 87
Punkten, entsprechend einem Gesamturteil von „sehr gut“. Es traten
keine Rezidive auf. Die mittleren Punktzahlen in den einzelnen
Kategorien lagen bei 11,4 Punkten (Schmerz), 22,5 Punkten
(Stabilität), 21 Punkten (Funktion), 23,3 Punkten (Bewegung) und 10
Punkten (Kraft). In Gruppe B (n=42) erreichten die Patienten im
Mittel ein Gesamtergebnis von 87,2 Punkten, was einem Gesamturteil
von „sehr gut“ entspricht. Es wurden acht Rezidive festgestellt,
die Rezidivquote betrug in dieser Gruppe somit 19%. Vier Patienten
hatten Subluxationen erlitten. Die mittleren Punktzahlen in den
einzelnen Kategorien lagen bei 13 Punkten (Schmerz), 20,7 Punkten
(Stabilität), 20,8 Punkten (Funktion), 23,2 Punkten (Bewegung) und
9,5 Punkten (Kraft). 86 In der Gruppe C (n=7) erreichten die
Patienten einen Gesamtscore von 73, was einem Gesamtergebnis von
„gut“ entspricht. Bei zwei Rezidiven betrug die Rezidivquote 28,6%.
Die mittleren Punktzahlen lagen bei 7,7 Punkten (Schmerz), 17,1
Punkten (Stabilität), 17,1 Punkten (Funktion), 22,7 Punkten
(Bewegung) und 8 Punkten (Kraft). Insgesamt errechnet sich eine
Gesamtrezidivrate von 16,9% (10 Patienten). Dabei betrug die
Rezidivquote der nach dem kombinierten Verfahren Bankart-Neer
operierten Patienten (n=49) 10,4%. Von den Patienten, welche
lediglich mittels einer Neerschen Kapselplastik versorgt worden
waren (n=10), trat bei fünf Patienten ein Rezidiv auf (50% der Neer
Gruppe und 50% der Gesamtrezidive). Bei drei dieser Patienten wurde
ein Bankart-Defekt festgestellt. Die Rezidivursachen wurden im
Rahmen der Untersuchung in vier Kategorien unterteilt: - Kategorie
1: Gelenkzustand (n=3) - Kategorie 2: Erneutes Trauma /
verletzungsspezifische Non-Compliance (n=6) - Kategorie 3: Wahl des
Operationsverfahrens (n=3) - Kategorie 4: Unbekannt /
operationstechnische Probleme (n=5) Eine mehrfache Zuordnung war
möglich. Die Operationsergebnisse der Kategorie 1 wurden erheblich
durch degenerativ veränderte Gelenke beeinflußt. Kategorie 2 umfaßt
die meisten Patienten dieser Kategorien (n=6), und zeigt, daß von
allen eruierbaren Ursachen erneute (z.T. massive) Traumata das
Rezidivrisiko am stärksten erhöhen. Kategorie 3 unterstreicht die
Bedeutung der Korrektur eines vorhandenen Bankart Defektes, da bei
ihren Patienten nur eine der Pathologie nicht völlig gerecht
werdende Neersche Kapselplastik zur Anwendung gekommen war.
Lediglich vage Hinweise in vier Fällen auf Probleme im
perioperativen Umfeld und überhaupt keine Erklärung der
Rezidivursache in zwei Fällen bieten die Patienten der Kategorie 4.
Eindeutige Aussage über ursächliche Zusammenhänge sind hier nicht
oder nur stark eingeschränkt möglich. Im Laufe der Untersuchungen
wurde ebenfalls deutlich, daß die Bewertung des Erfolges von
Instabilitätsoperationen nicht alleine von bloßen
Stabilitätskriterien oder gar der reinen Anzahl auftretender
Reluxationen abhängig gemacht werden darf. Faktoren wie
Einschränkungen in der Alltagstauglichkeit und Schmerzen müssen in
die Bewertung einbezogen werden. Der Rowe-Score bietet ein gutes,
Gesamtzustand und Gebrauchsfähigkeit des Gelenkes quantifizierendes
Instrument zur Bewertung von Operationsergebnissen. Der wesentlich
geringere Gesamtscore und die ebenfalls meist niedrigeren
Einzelpunktwerte der Patienten ohne eine volle Luxation bei
instabilitätsauslösendem oder begünstigendem Trauma (Gruppe C)
deutet tendenziell auf eine schlechtere Prognose von Patienten
dieser Anamnesekonstellation hin, wobei aufgrund der kleinen
Gruppengröße (n=7) eine statistische Bestätigung dieses
Zusammenhanges nur eingeschränkt möglich ist. Als Ansätze für
mögliche Verbesserungen für zukünftige offene
Instabilitätsoperationen lassen sich folgende Punkte anführen: -
präoperative Diagnostik und intraoperative Schadensabklärung, dabei
insbesondere genaue Begutachtung des Zustandes des Pfannenrandes -
Genaue Kenntnis und Einschätzung der Verletzungspathologie bei der
Wahl des Operationsverfahrens - Nutzung ausschließlich knöcherner
Strukturen zur Refixation - Eindringliche und redundante Aufklärung
über die Wichtigkeit der Meidung extremer sportlicher und
traumatischer Beanspruchungen des Gelenkes sowie patientenseits ein
Verzicht auf besonders unfallträchtige Tätigkeiten oder
unverhältnismäßig hohe Schulter-Arm Belastungen. Durch die
Beachtung dieser Vorgaben und durch sorgfältige und zeitgemäße
Umsetzung der in der Literatur beschriebenen Empfehlungen sollte es
gelingen, die Rezidivquote auch im postoperativen Langzeitverlauf
weiter deutlich zu senken.

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