(42) Das Israel Netanjahus und seine Koalitionen

(42) Das Israel Netanjahus und seine Koalitionen

41 Minuten
Podcast
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Sicherheits- und außenpolitische Analysen, Strategien und diplomatische Optionen

Beschreibung

vor 1 Jahr
Sollte Benjamin Netanjahu die Regierungsbildung in Israel bis
spätestens Weihnachten gelingen, so würde das Land künftig von der
am weitesten rechtsstehenden Koalition in der Geschichte Israels
regiert. Am 13. November hatte der israelische Staatspräsident
Jizchak Herzog den früheren Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu
mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. Netanjahus
rechtsgerichtete Likud-Partei will eine Koalition mit drei weiteren
Parteien bilden: mit zwei ultraorthodoxen und einer als
rechtsradikal geltenden Partei, der »Partei Religiöser Zionismus«.
Was das innen- aber auch außen- und sicherheitspolitisch bedeuten
könnte, bespricht Moderator Oliver Weilandt mit dem vielfach
ausgezeichneten Autor und israelischen Historiker für neuere
Geschichte Professor Moshe Zimmermann. Unser Gast Moshe Zimmermann
hat den israelischen Verteidigungskrieg von 1967 miterlebt, aus dem
die Besetzungen der von Palästinensern bewohnten Gebiete
resultierten. Er war damals 24-jähriger Student. Jetzt, 55 Jahre
später, hat er wenig Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben von
Juden und Arabern zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer. Die
Zweistaatenlösung ist von der Realität ungezählter Siedlungs- und
Straßenbauprojekte längst überholt. Und die Vorstellung von einer
kulturell begründeten gemeinsamen Heimat zweier Völker und Nationen
auf einem Land ohne Grenzen werde von der Mehrheit der israelischen
Wählerinnen und Wähler ganz offensichtlich nicht gewollt. Aus
dieser Perspektive heraus bewertet Zimmermann auch die Demokratie
Israels als zunehmend bedroht. Freie Wahlen und die
Rechtsstaatlichkeit reduzierten sich auf die technische Seite der
Demokratie. Von einem Bollwerk der Demokratie inmitten feindlicher
Nachbarn will der Besatzungskritiker Zimmermann jedenfalls nicht
sprechen, eher komme ihm der Vergleich von Ländern in den Sinn, in
dem eine Despotie der Mehrheit herrsche. Weniger besorgt zeigt sich
Zimmermann in den außenpolitischen Beziehungen Israels. Die Gefahr
eines vom Iran begonnenen Krieges gegen die Atommacht Israel hält
er für unwahrscheinlich. Israel benutze Iran als ein Art »Buhmann«.
Man brauche ja einen Erzfeind, der einen zu allem berechtigt, was
man tut. »Und der Iran kooperiert glänzend«, sagt Zimmermann. Die
Selbstpositionierung Israels im russischen Angriffskrieg gegen die
Ukraine bewertet er als ein neutrales Abwarten an der Seitenlinie:
Die Beziehungen zu Russland und dessen Einfluss insbesondere auf
Syrien seien zu wichtig, als dass Israel der Ukraine das erbetene
Luftabwehrsystem Iron Dome überlassen könne; zu wichtig seien
andererseits die Beziehungen zu den USA, um die Ukraine militärisch
gar nicht zu unterstützen. Und so wäge Israel seine globalen
Interessen auch hinsichtlich seiner Beziehungen zu China
strategisch genauestens ab. Zwar seien die USA unzweifelhaft der
wichtigste Partner Israels. Der Rückzug der USA aus dem nahen und
mittleren Osten scheint den Ausbau der Beziehungen zu China auch in
Bereichen der kritischen Infrastruktur aber immer notwendiger und
lukrativer zu machen. Und die Beziehungen zu Deutschland? Nun,
Israel lasse ja gerade drei U‑Boote für drei Milliarden Dollar bei
ThyssenKrupp bauen. Derer drei seien zwar militärisch überflüssig,
aber die Hauptmotivation für den U‑Boot-Deal, wegen dem auch
Benjamin Netanjahu vor einem Untersuchungsausschuss steht, lasse
sich ohnehin auf die Korruptionsmöglichkeiten zurückführen.

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