Die Auswirkungen antidepressiver Therapieverfahren auf Verhalten und Regulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse im Tiermodell

Die Auswirkungen antidepressiver Therapieverfahren auf Verhalten und Regulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse im Tiermodell

Beschreibung

vor 18 Jahren
In der vorliegenden Dissertation untersuchten wir mit Hilfe des
psychopathologischen Tiermodells der HAB- und LAB-Ratten, welche
sich nicht nur bezüglich ihrer genetisch determinierten
Emotionalität und ihrer Stressbewältigungsstrategien, sondern auch
hinsichtlich der Reaktivität der HPA-Achse unterscheiden, Effekte
des Serotonin-Wiederaufnahmehemmers Paroxetin und von rTMS auf
Verhalten und die neuroendokrine Regulation. Mit Hilfe des
kombinierten DEX/CRH-Tests gelang es uns nachzuweisen, dass sich
ein hohes Maß an angeborenem Angstverhalten in einer profunden
Fehlregulation des Stresshormonsystems widerspiegelt. HAB-Tiere
zeigten nach Verabreichung von Dexamethason einen verminderten
Suppressionseffekt und die periphere Injektion von CRH führte zu
einem deutlichen Anstieg der Plasmakonzentrationen von ACTH und
Kortikosteron. Hierfür scheint intrahypothalamisch überexprimiertes
und sezerniertes AVP verantwortlich zu sein, folglich führte auch
die periphere Verabreichung eines V1-Rezeptorantagonisten zu einer
Normalisierung des bei HAB-Tieren dysregulierten HPA-Systems im
DEX/CRH-Test. Bindungskapazität und Bindungsaffinität von
Glukokortikoid- und Mineralokortikoidrezeptoren unterschieden sich
nicht zwischen den Zuchtlinien, so dass die durch Kortikosteron
vermittelte Feedbackregulation des HPA-Systems auf der Ebene der
intrazellulären Signalkaskade gestört zu sein scheint. Die
mehrwöchige Behandlung mit dem selektiven
Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Paroxetin induzierte bei HAB-Tieren
nicht nur eine durch die Verminderung der intrahypothalamischen
AVP-Genexpression vermittelte Normalisierung des dysregulierten
Hormonfreisetzungsprofiles im DEX/CRH-Test, sondern auch profunde
Verhaltensänderungen im Forced Swim-Test, der als guter Prädiktor
für die klinische Wirksamkeit einer antidepressiven Therapie
angesehen wird. HAB-Tiere, welche eine passive
Stressbewältigungsstrategie im Forced Swim-Test zeigen, struggelten
nach Behandlung mit Paroxetin signifikant länger und verbrachten
signifikant weniger Zeit mit Floating als unbehandelte
HAB-Kontrolltiere. Sie waren in ihrem Verhalten von LAB-Tieren, auf
die die Behandlung mit Paroxetin keinen Einfluss hatte, nicht mehr
zu unterscheiden. Mit Hilfe von in vivo Mikrodialyse untersuchten
wir den Einfluss von chronisch verabreichtem Paroxetin auf die
stressinduzierte Freisetzung von Serotonin im dorsalen Hippocampus.
Bei HAB-Tieren, welche eine angeborene verminderte Empfindlichkeit
der raphé-hippocampalen Neurotransmission zeigen und den bei
LAB-Tieren zu beobachtenden stressinduzierten Anstieg der
Serotoninfreisetzung vermissen lassen, führte die Behandlung zu
einer Normalisierung der serotonergen Neurotransmission. Dieser
Effekt könnte mit der gezeigten Verminderung von
SERT-Bindungsstellen im Hippocampus bei HAB- im Vergleich zu
LAB-Tieren zusammenhängen, während die Expression von
5-HT1A-Rezeptoren in dieser Hirnregion unbeeinflusst blieb. Somit
konnten wir erstmals zeigen, dass eine Normalisierung der
Stresshormonregulation durch Paroxetin mit einem Anstieg der
stressinduzierten Freisetzung von Serotonin im Hippocampus
assoziiert ist. Dass rTMS der linken frontalen Hirnregionen
antidepressive Effekte hat, konnte bereits in mehreren klinischen
Untersuchungen an Patienten, die an Major Depression leiden,
beobachtet werden. Unsere im psychopathologischen Modellorganismus
der HAB/LAB-Tiere nach Langzeitbehandlung mit rTMS erzielten
Ergebnisse gewähren neue Einblicke in die der antidepressiven
Wirkung zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen. Wie auch
die Behandlung mit Paroxetin, wandelte rTMS die angeborene passive
Stressbewältigungsstrategie der HAB-Tiere in eine signifikant
aktivere Stressbewältigungsstragie im Forced Swim-Test um und
dämpfte die endokrine Stressantwort der HPA-Achse. Die frontalen
Hirnregionen partizipieren durch efferente Projektionen zum
perinukleären Bereich des PVN an der Regulation der neuroendokrinen
Reaktion auf Stressstimuli und kann die Synthese und Freisetzung
von CRH und somit die Antwort des HPA-Systems hemmen. Wir konnten
ebenfalls zeigen, dass rTMS auch während chronischem psychosozialem
Stress eine dämpfende Wirkung auf die basale Aktivität der
HPA-Achse hat. Allerdings ließ sich kein anregender Effekt auf die
Neurogenese im Hippocampus nachweisen: rTMS erhöhte zwar leicht die
Proliferationsrate hippocampaler Vorläuferzellen, verminderte
jedoch die Überlebensrate BrDU-markierter Neurone. Daher scheinen
andere Faktoren, neben den Glukokortikoiden, eine mindestens
genauso große Rolle bei der Regulation der Anzahl und der
Ausreifung der Vorläuferzellen im Hippocampus zu spielen. Wir
folgern daraus, dass die Dämpfung des HPA-System wahrscheinlich ein
wichtiger, der klinisch beobachteten antidepressiven Wirkung von
rTMS zugrundeliegender Mechanismus ist, es mit unserem
experimentellen Design jedoch nicht gelang, einen stimulierenden
Effekt von rTMS auf die Neurogenese im adulten Hippocampus
nachzuweisen.

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