028 – Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige Universität!

028 – Jochen Hörisch: Für eine (denk)anstössige Universität!

Ich freue mich in dieser Episode wieder einen sehr interessanten Gast begrüßen zu dürfen, Prof. Jochen Hörisch. Jochen Hörisch, geboren 1951, studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte. Ab 1988 war er Ordinarius für neuere Germanistik und Medi...
1 Stunde 8 Minuten
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Woher kommen wir, wo stehen wir und wie finden wir unsere Zukunft wieder?

Beschreibung

vor 3 Jahren

Ich freue mich in dieser Episode wieder einen sehr interessanten
Gast begrüßen zu dürfen, Prof. Jochen Hörisch.


Jochen Hörisch, geboren 1951, studierte Germanistik, Philosophie
und Geschichte. Ab 1988 war er Ordinarius für neuere Germanistik
und Medienanalyse an der Universität Mannheim. Er bekleidete
zahlreiche Gastprofessuren an anderen Universitäten in Europa
sowie den Vereinigten Staaten. Er ist mittlerweile emeritiert und
hat sich dankenswerterweise zu einem online Gespräch mit mir
bereiterklärt.


In früheren Episoden, wie #16 und #18 habe ich mich schon
kritisch mit dem aktuellen Zustand von Forschung und Universität
auseinandergesetzt. So manche Innovation die heute bejubelt wird,
scheint mehr Theaterdonner als tatsächlicher Fortschritt zu sein.


In Episode 11 habe ich die Frage gestellt, wie man mit
schwierigen ethischen Fragen umgehen sollte, auch mit solchen,
die sich aus der Technik und Wissenschaft heraus ergeben,
innerhalb dieser aber nicht entschieden werden können oder
sollten. In Episode 27 stelle ich Wicked Problems zur Diskussion
und die Rolle, die Generalisten für die Lösung der wesentlichen
Probleme unserer Zeit spielen (werden).


Daraus ergeben sich zwei wesentliche thematische Aspekte, mit
denen wir uns in dieser Episode auseinandersetzen werden:


(1) Die Rolle der Universität für unseren Lebensstandard, Kultur
und Zukunft und damit verbunden: der Zustand der heutigen
Universität in Deutschland und Österreich


(2) Wir neigen dazu, wichtige Fragen der Zeit, die die
Gesellschaft in einem breiteren Sinne betreffen, sehr stark aus
einem technisch/naturwissenschaftlichen oder ökonomischen
Blickwinkel zu betrachten, mit allen daraus folgenden Problemen.
Naturwissenschaft und Technik erzeugt (fast immer)
geisteswissenschaftliche oder kulturwissenschaftliche Probleme
und Fragen.


So sprechen wir unter anderem über die Frage, wie die heutige
Universität historisch zu verorten ist, über die platonische
Akademie, die Häuser der Weisheit sowie die Humboldtsche
Bildungsreform. »Abweichler und Häretiker« haben dabei immer eine
wichtige Rolle gespielt und einen Platz bekommen.


Heute aber ist an den Universitäten die Bologna-Professionalität
eingezogen, es wird gemessen, gemanaged – die Leidenschaft ist
dahin? Wir haben wohl auch bei einem Etikettenschwindel
mitgemacht. Was internationalisiert werden sollte wurde
bürokritisiert und verschult. Wo freies Denken möglich sein
sollte herrscht das Geld, oder Geld-artige Anreizsysteme.


Wo Prozess-Steuerung und Performance-Indikatoren Einzug halten
geht da nicht nur die Leidenschaft sondern auch die Qualität des
Werkes verloren?


Wir stellen uns weiters die Frage, ob originelle Charaktere,
Intellektuelle (»Abweichler«) noch eine Chance auf eine
Uni-Karriere in Zeiten stromlinienförmiger Institute und Manager
haben?


Was ist die Rolle von Generalisten heute und für die Zukunft?


Auch die Kultur- und Geisteswissenschaften müssen sich die Frage
gefallen lassen, ob sie ihre (wichtige) Rolle in der Verortung
des (technisch/naturwissenschaftlich/ökonomischen) Wissens
hinreichend Ernst nehmen, in Diskurs mit der Öffentlichkeit
gehen, ob sie Narrative, die unsere Gesellschaft treiben
hinterfragen und kritisieren.


Nicht zuletzt beschreibt Prof. Hörisch die Rolle der Philosophie
aber auch verschiedener vermeintlicher Orchideenfächer. Er betont
die Rolle bekennender Dilettanten und philosophischer Narren.


Wir sollten wieder für eine Alma Mater Libido, für eine
libidinöse Universität kämpfen, die sich nicht scheut anstössig
zu sein, die nackte Wahrheit freilegen möchte.


"Wissenschaft ist obszön, sie stellt das auf die Bühne, was
andere zunächst nicht sehen wollen"


"Ohne Tabubrechen ist die Universität nicht zu haben“


Arbeiten wir also gemeinsam an einer libidinösen und
denkanstössigen Universität der Zukunft!


Referenzen


Prof. Jochen Hörisch


Prof. Hörisch / Uni Mannheim

Prof. Hörisch – Wikipedia



Andere Episoden


Episode 11: Ethik, oder: Warum wir Wissenschaft nicht
den Wissenschaftern überlassen sollten!

Episode 16: Innovation und Fortschritt oder Stagnation?

Episode 18: Gespräch mit Andreas Windisch: Physik,
Fortschritt oder Stagnation

Episode 27: Wicked Problems



Fachliche Resourcen


Jochen Hörisch, Die ungeliebte Universität – Rettet die Alma
Mater, Hanser (2006)

Jochen Hörisch, Das Geld der Wissenschaft (2016)

Konrad Paul Liessmann, Kant, Dienst ohne Vorschrift (2004)

Konrad Paul Liessmann im Interview mit Robert Misik

Philipp Blom, Was auf dem Spiel steht, Hanser (2017)

George Monbiot, Out of the Wreckage, Verso (2017)

Zymunt Bauman, Retrotopia, Suhrkamp (2017)

Noah Yuval Harari, Homo Deus, Eine Geschichte von
Morgen, C. H. Beck (2018)

Erwin Schrödinger, What is Life? (1944)

Michel Serres, Was genau war früher besser?, Suhrkamp
(2019) 

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