051 — Vorbereiten auf die Disruption? Ein Gespräch mit Herbert Saurugg und John Haas

051 — Vorbereiten auf die Disruption? Ein Gespräch mit Herbert Saurugg und John Haas

In Episode 42 habe ich mit Herbert Saurugg über gesellschaftliche Verwundbarkeit, mit starkem Fokus auf Blackout und die Gründe dafür, sowie die Risiken, die zu wenig im Bewusstsein sind, gesprochen. Wenn wir die Reaktion auf die Covid-Pandemie in vi...
58 Minuten
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Woher kommen wir, wo stehen wir und wie finden wir unsere Zukunft wieder?

Beschreibung

vor 2 Jahren

In Episode 42 habe ich mit Herbert Saurugg über gesellschaftliche
Verwundbarkeit, mit starkem Fokus auf Blackout und die Gründe
dafür, sowie die Risiken, die zu wenig im Bewusstsein sind,
gesprochen. Wenn wir die Reaktion auf die Covid-Pandemie in
vielen Staaten beobachten, sowie den Umgang mit Energiesystemen —
Stichwort »Energiewende« — wird vielen Menschen klar, dass eine
Disruption, ein katastrophaler Einschnitt, ein Kollaps der
gewohnten Prozesse der Moderne durchaus möglich, wenn nicht gar
wahrscheinlich ist.


Ein Blackout des Energiesystems, wie mit Herbert in der vorigen
Folge besprochen, ist aber nur eine der zahlreichen möglichen
Auslöser von Disruptionen des gesellschaftlichen Lebens und dies
mit unter Umständen globalen Dimensionen. Man könnte unter
anderem an folgende Auslöser denken:


Covid-19 als Vorgeschmack anderer (gefährlicherer) Pandemien

Konflikte großer politischer Systeme (USA, Europa, China,
Russland, …)

Finanz-Crash 

Lieferketten-Risiken (etwa in Folge der Fragilität ausgelöst
durch »Just in Time« Optimierung der 1990er)

Carrington Event (siehe Referenzen)

IT-Störungen / Hack-Angriffe, außer Kontrolle geratene
Systeme usw. (siehe andere Episoden)



In dieser Episode spreche ich wieder mit Herbert Saurugg und als
neuer Gast hinzu kommt John Haas:


John Haas ist Psychologe, FH-Lektor und Autor des Bestsellers
Covid-19 und Psychologie - Mensch und Gesellschaft in Zeiten der
Pandemie


Herbert Saurugg ist internationaler Blackout- und
Krisenvorsorge-Experte und betreibt ein Fachblog zum Thema. 


Wir beginnen die Episode mit der Frage, was wir unter Moderne und
deren Disruptions-Risiken verstehen? Herbert betont, dass wir
seit spätestens den 1950er Jahren in einer Netzwerkgesellschaft
leben und diese Vernetzung und damit verbundene Komplexität
ständig an Fahrt aufnimmt. Wie geht unser Bildungssystem mit
diesen Änderungen um?


Wir erleben bei vielen globalen systemischen Problemen eine
zeitverzögerte Wirkung wo kleine Ursache große Wirkung zeigen
können. Bis heute scheint dies in Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft nicht hinreichend verstanden.


Wir versuchen vielmehr alte Strukturen aufrechtzuerhalten, die
mit der Komplexität der modernen Welt nicht mehr zusammenpassen —
kann das gut gehen? Auch wenn es keine fertigen Lösungen geben
mag — in welchen Räumen könnte und sollte man nachdenken?


Aus psychologischer Sicht könnte man sehen, dass die
Funktionserwartung der Welt den Diskurs über Disruption
voraussetzt!


Was machen wir mit einem »Alten Hirn in einer neuen Welt?«, John


Denken wir immer noch in monokausalen Pfaden und Attributionen?
Wie kann unsere »alte Hardware« mit der neuen Welt umgehen
(lernen) und was ist in diesem Zusammenhang von dem »Hype-Wort«
Resilienz zu verstehen oder zu halten?


Ein »Blackout«, wie in der letzten Folge besprochen, kann als
eines, von vielen möglichen Szenarien gelten — in diese Folge
stelle ich die Frage, ob wir uns an einer abstraktere Betrachtung
und Krisenvorsorge versuchen sollten?


Die Idee, so John, von einem Weltenende begleitet uns seit
Jahrtausenden. Was steckt dahinter? Vielleicht
tiefenpsychologisch der Drang, die Welt als einfach zu verstehen,
nach dem Motto: »Die Welt ist mir zu kompliziert, daher muss das
alles mal den Bach runtergehen.« oder theologisch eine
Endzeiterwartung?


Sehnen wir uns die Disruption also nur herbei, oder droht sie
tatsächlich?


Was bedeutet »vorbereiten« aus psychologischer Sicht? Welche
Rolle spielt die evolutionäre Entwicklung unseres Gehirns? 


Konkreter gesprochen: was hat es mit dem Ziel als Individuum und
Familie 14 Tage autark über die Runde kommen zu können auf sich?


Aber das kann nicht alles gewesen sein: den eigenen »kleinen
Misthaufen« zu optimieren, scheint oftmals irrelevant. Wenn in
einer vernetzten Welt die Krise über uns hereinbricht — kann man
sich da hinreichend isolieren? Sieht jeder nur seine kleine Welt,
nicht aber die Risiken der Abhängigkeiten von anderen?


Wie können wir als Gesellschaft und als Politik mit dem
Vorsorgeparadoxon umgehen: gerade wenn man gut vorbereitet ist,
passiert die Katastrophe nicht und man muss sich unter Umständen
rechtfertigen, warum man Geld für eben diese Vorsorge ausgegeben
hat. Rächt sich gar die enorm hohe Versorgungssicherheit der
letzten Jahrzehnte im Westen heute in Form schlechter
Risiko-Kompetenz?


Wie kann bessere Risikokompetenz — wie sie etwa Gert
Gigerenzer fordert — erreicht werden?


Was also können wir auf individueller Ebene (als Vorsorge) tun?
Welche Rolle spielen Strukturen verschiedener Skalierung
(Gemeinde, Stadt, Staat, EU, ...) und was ist auf diesen anderen
Ebenen systemisch zu erledigen, aber auch von staatlichen
Organisationen wie dem Militär?


Nach Frederic Vester gilt: mit Vernetzung steigt Stabiliät — aber
wie lange?


Und ebenso wichtig: welcher psychologischer Hilfsmittel kann ich
mich bedienen? Oder birgt gerade die präventive Beschäftigung mit
diesen Themen Risiken (für manche Gruppen von Menschen)? Welche
Rolle spielt das Individuum als Medienproduzent, sprich: was
ist die Rolle des Internets und der sozialen Medien in der
Herstellung »richtiger« Strukturen oder der Verhinderung
notwendiger lokaler Strukturen? Spielen diese weak ties hier eine
wesentliche Rolle oder führen sie eher zu Störung und Ablenkung,
gar zu existentieller Verunsicherung bei (manchen) Menschen?


Ein Schwarz/Weiß-Denken hilft letztlich nicht, sondern nur
»sowohl als auch«: Der Weg aus der Disruption kann letztlich nur
aus einem klugen Zusammenspiel zwischen Individuen, kleinen
Gruppen und gesellschaftlichen Strukturen funktionieren, aber
wie?


Welche Rolle spielen Effizienz und Optimierung?


Wenn es im Zuge dieser Notwendigkeiten zu einem Verlust der
Bedeutung des Nationalstaats kommt, vielleicht sogar kommen muss,
welche — auch negativen — Effekte sind zu erwarten?


Und um die politische Dimension weiterzudenken: gibt es eine
»linke« und »rechte« oder »libertäre« Betrachtung der Krise? In
welchem Wechselspiel sollten wir denken? Welche Rolle spielt
Wettbewerb und Kollaboration? 


Wo stehen wir global, wenn sich einflussreiche intellektuelle und
ökonomische »Eliten« von der Welt mit Phantasien oder Plänen von
Rückzug auf einsamen Inseln mit Privatarmeen, durch vermeintliche
Kolonialisierung des Weltraums oder in die Singularität des
Computers verabschieden?


Was ist psychologisch im Falle einer Disruption zu erwarten? Die
extremen Ängste dieser ökonomischen Eliten mit Mord und Totschlag
oder eher der Versuch kooperativ wieder einen Normalzustand
herzustellen? 


Was ist in diesem Fall die Inkompetenz-Illusion?


»Die Menschen können nach wie vor viel, nur unterschätzen sie
sich in vielerlei Belangen«, John


Referenzen


John Haas


John Haas, "Covid-19 und Psychologie - Mensch und
Gesellschaft in Zeiten der Pandemie"

Linkedin

Research Gate

Persönliche Webseite



Herbert Saurugg


Fachblog Vernetzung & Komplexität / Blackout

Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge

Initiative "Mach mit! Österreich wird krisenfit!"

Netzwerkgesellschaft

Email office@saurugg.net

Twitter 

LinkedIn



Andere Episoden


Episode 42: Gesellschaftliche Verwundbarkeit, ein Blick
hinter die Kulissen: Gespräch mit Herbert Saurugg

Episode 45: Mit Reboor oder Rebellion aus der Krise

Episode 17: Kooperation



Fachliche Referenzen


Carrington Event: Lloyds, Solar Storm Risk und NASA
science: near miss of 2012

Frederic Vester, Unser Welt — ein vernetztes System, dtv
(1983)

Rupert Riedl, Biologie der Erkenntnis, Parey (1980)

Gert Gigerenzer, Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen
trifft, Bertelsmann (2013)

Daniel Kahnemann, Schnelles Denken, langsames Denken, Penguin
(2016)

Geoffrey West, Scale, W&N (2018)

Koyaanisqatsi Film — »Die Welt außerhalb der Balance«

Steward Brand, Pace Layering: How Complex Systems Learn and
Keep Learning (2018)

Mark Elsberg, Gier, blanvalet (2020)

Der Seneca-Effekt - Bardi, Ugo

Der plötzliche Kollaps von allem, John Casti

Nassim Taleb, Antifragilität, Pantheon (2018)

Die Zerbrechlichkeit der Welt: Kollaps oder Wende. Wir haben
es in der Hand, Stefan Thurner

Klaus Vondung, Apokalypse ohne Ende,  Universitätsverlag
Winter, Heidelberg (2018)

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