063 – Museum der Zukünfte — ein Gespräch mit Dr. Gabriele Zipf

063 – Museum der Zukünfte — ein Gespräch mit Dr. Gabriele Zipf

In Berlin gibt es ein Museum, ein Haus der Zukunft, das Futurium. Ich halte es für eine hervorragende Idee einen Raum zu schaffen, in dem über die Zukunft (beziehungsweise Zukünfte) diskutiert wird, vor allem auch darum, weil sich dieses Museum auch ...
1 Stunde 9 Minuten
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Woher kommen wir, wo stehen wir und wie finden wir unsere Zukunft wieder?

Beschreibung

vor 1 Jahr

In Berlin gibt es ein Museum, ein Haus der Zukunft, das Futurium.
Ich halte es für eine hervorragende Idee einen Raum zu schaffen,
in dem über die Zukunft (beziehungsweise Zukünfte) diskutiert
wird, vor allem auch darum, weil sich dieses Museum auch stark an
Kinder, beziehungsweise junge Menschen wendet.


Es hat mich folglich sehr gefreut, dass die Leiterin der
Ausstellung, Frau Fr. Dr. Zipf sich zu einem Gespräch
bereiterklärt und mich ins Futurium eingeladen hat. 


Im Gespräch stelle ich die Frage, warum Zukunft im Plural, also
Zukünfte verwendet wird: Ziel ist das Aufzeigen von
Möglichkeiten. Aber wie weit ist Zukunft gestaltbar, von wem,
welche Rolle spielt das Individuum? Wie kann der Versuch, Zukunft
vorstellbar machen funktionieren?


Dr. Zipf ist Archäologin und da stellt sich naturgemäß die
Frage: wie passt die Archäologie zur Beschäftigung mit der
»Zukunft«? Gibt es eine Herangehensweise an »Zeit«? Kann man
möglicherweise Prinzipien aus der Geschichte ableiten?


»Die Geschichte wiederholt sich nicht«


Und dennoch ist, wie sich im Gespräch zeigt, die Beschäftigung
mit der Vergangenheit von Wert, wenn man in die Zukunft blicken
möchte. So  diskutieren wir die Notwendigkeit eines inter-
und intradisziplinären, also eines multiperspektivischen
Blicks. Was ist die Rolle von Generalisten versus
Spezialistentum, der Philosophie?


Das Futurium selbst besteht aus vier verschiedene Ebenen:


Ausstellung

Lab

Veranstaltungen

Digitales Futurium



Kann ein Haus, beziehungsweise ein Projekt wie das Futurium eine
vermittelnde, eine Generalisten-Rolle einnehmen? Wie versucht das
Futurium die »futures literacy« zu verbessern — also pädagogische
Ansätze zu entwickeln um auch junge Menschen eine kritische aber
konstruktive Perspektive der Zukunft anschaulich zu machen?


Was ist von Zukunftsforschung zu halten (jenseits von Individuen
die sich breit inszenieren, deren Vorhersagen aber selten
zutreffen?)? Was sagen die Bilder, die wir uns von der Zukunft
machen über uns aus?


Dann diskutieren wir die sehr prinzipelle Frage, was ist
eigentlich eine gute Zukunft? Das führt uns das zur Frage des
Fortschrittes:


»Wir verwechseln systematisch Fortschritt mit Innovation.«,
Harald Welzer


Apropos Innovation: Erleben wir wirklich eine solche
Beschleunigung, wie das gängige Narrativ suggeriert, oder eher
eine Stagnation? Was wir heute als Zukunft diskutieren, haben wir
schon vor 30 Jahren diskutiert — vielleicht sogar noch früher.


»Überhaupt hat der Fortschritt das an sich, daß er viel größer
ausschaut, als er wirklich ist.«, Johann Nestroy


Helfen Dystopien, die Menschen zu bewegen, oder ist das zwar ein
narrativ einfacher, aber letzlich wenig hilfeicher Pfad? Wie
kommen wir von den Dystopien und einfachen Klischees/Stereotypen
hin zu einer konstruktiven und sinnvollen Diskussion der Zukunft?


Wie können wir mit den Herausforderungen der Gegenwart und
Zukunft umgehen: wieweit hilft Innovation? Wie kommen wir zu
einer gemeinsamen Sicht auf Fortschritt? Wollen wir radikalen
Wandel (siehe etwa die Vorstellungen Le Corbusiers, wie Paris
umzugestalten wäre), Transformation, evolutionäre Veränderung?


Gibt es Kipp-Punkte in der Technik und Gesellschaft, die dazu
führen können, dass eine an sich bekannte Technik (endlich) den
Durchbruch schafft (siehe auch das Beispiel der Elektro LKWs in
London 1917)?


Die Geschichte lehrt und jedenfalls eines: dass das, was aktuelle
Generationen für richtig halten, nicht immer den Test der Zeit
besteht. Was können und sollen wir tun um einerseit in unserer
Zeit zu handeln, andererseits aber Handlungsspielraum für
zukünftige Generationen zu erhalten?


Referenzen


Andere Episoden


Episode 15: Innovation oder Fortschritt?

Episode 17: Kooperation

Episode 23: Frozen Accidents

Episode 28: Jochen Hörisch — Für eine (denk)anstössige
Universität!

Episode 37: Probleme und Lösungen

Episode 44: Was ist Fortschritt? Ein Gespräch mit Philipp
Blom

Episode 45: Mit Reboot oder Rebellion aus der Krise?

Episode 50: Die Geburt der Gegenwart und die Entdeckung der
Zukunft — ein Gespräch mit Prof. Achim Landwehr

Episode 59, 60: Wissenschaft und Umwelt



Futurium


Dr. Gabriele Zipf

Futurium Berlin



Fachliche Referenzen


Toronto wants to kill the smart city forever, MIT Technology
Review (2022)

Frank Schirrmacher, Neil Armstrongs Epoche: Das Drama einer
Enttäuschung, FAZ Feuilleton (2012)

Lorries being refuelled at St Pancras goods depot, London, 11
July 1917

Frozen Accidents: Stewart Brand, How Buildings Learn, Penguin
Books (1995)

Why Architect Le Corbusier Wanted To Demolish Downtown Paris,
Business Insider (2013)

David Graeber, Bürokratie, Die Utopie der Regeln, Goldmann
(2017)

Attila Hörbiger, Johann Nestroy, Lumpazivagabundus



 

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