(55) Johann Wolfgang von Goethe »An meine Mutter«

(55) Johann Wolfgang von Goethe »An meine Mutter«

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Beschreibung

vor 9 Jahren
Obgleich kein Gruß, obgleich kein Brief von mir, So lang dir kömmt,
laß keinen Zweifel doch Ins Herz, als wär die Zärtlichkeit des
Sohns, Die ich dir schuldig bin, aus meiner Brust Entwichen. Nein,
so wenig als der Fels Der tief im Fluß, vor ewgem Ancker liegt, Aus
seiner Stätte weicht, obgleich die Fluht, Mit stürmschen Wellen
bald, mit sanften bald Darüber fließt, und ihn dem Aug entreißt. So
wenig weicht die Zärtlichkeit für dich Aus meiner Brust, obgleich
des Lebens Strom, Vom Schmerz gepeitscht bald stürmend drüber
fließt, Und, von der Freude bald gestreichelt, still Sie deckt, und
sie verhindert daß sie nicht Ihr Haupt der Sonne zeigt, und
ringsumher Zurückgeworfne Strahlen trägt, und dir Bey jedem Blicke
zeigt, wie dich dein Sohn verehrt. Foto: Andreas Praefcke (Denkmal
für die Mutter Goethes im Palmengarten in Frankfurt am Main) Text:
zeno.org (Goethe schrieb dieses Gedicht 1767 mit 17 Jahren, in
einem Brief an seine Schwester Cornelia.)

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