Dr. Jens Baas – Chef der Techniker über seine Vision, die TK zur führenden, digitalisierten gesetzlichen Krankenversicherung zu machen und damit bottom up das deutsche Gesundheitswesen zu verbessern

Dr. Jens Baas – Chef der Techniker über seine Vision, die TK zur führenden, digitalisierten gesetzlichen Krankenversicherung zu machen und damit bottom up das deutsche Gesundheitswesen zu verbessern

In dieser Folge spricht Inga Bergen mit Dr. Jens Baas über seinen persönlichen Weg von der universitären Chirurgie, über die Partner-Rolle in einer großen Unternehmensberatung an die Spitze der größten gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland un...
52 Minuten

Beschreibung

vor 4 Jahren
In dieser Folge spricht Inga Bergen mit Dr. Jens Baas über seinen
persönlichen Weg von der universitären Chirurgie, über die
Partner-Rolle in einer großen Unternehmensberatung an die Spitze
der größten gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland und
seine Visionen für das Gesundheitswesen in Deutschland. Dr.
Jens Baas will das Gesundheitssystem verbessern

Jens Baas ist Mediziner, und wollte ursprünglich mal C4-Professor
werden. Da ihm das betriebswirtschaftliche Know-how fehlte und
sein Ziel war, eine große Universitätsklinik zu leiten, entschied
er sich nach dem Medizinstudium, in eine Unternehmensberatung zu
gehen. Bei der Boston Consulting Group war er als Berater,
zunächst im Finanzwesen und in der Automobilindustrie, dann
aber vor allem im Gesundheitswesen, der Medizintechnik- und
Pharmaindustrie unterwegs. Er hat die Dynamiken verschiedener
Unternehmen als Berater erlebt. Diese Perspektivenvielfalt prägt
auch sein heutiges Wirken als Vorstandsvorsitzender der Techniker
Krankenkasse.


JEr spricht Themen an, die viele seiner Kollegen meiden und
bezieht klar Position. In der Beratung hat er gelernt, sich nie
mit dem Status quo zufrieden zu geben: Es ist egal, wie gut etwas
ist, es geht immer besser.
Veränderung braucht starke
Visionen und Zielbilder 

Im Gesundheitssystem ist es besonders schwierig, Veränderungen
umzusetzen, weil hier viele unterschiedliche Interessen
aufeinandertreffen. Um etwas zu bewegen, braucht es klare Ziele
und eine starke Vision, um Menschen zu überzeugen und
mitzunehmen.


Beides ist auch als Vorstand einer Körperschaft des öffentlichen
Rechts notwendig: Gute Argumente sind eine gute Grundlage, um
Mitarbeitende zu führen, die klare Vision macht den Unterschied.
Menschen müssen verstehen, welche Rolle sie in dieser Vision
haben. Mitarbeitende müssen den Nutzen von Veränderung verstehen
und sich darauf verlassen können, dass sie in dem Prozess
mitgenommen werden.
Man muss mit Menschen
kooperieren, die Veränderung
wollen

Ziel ist, mit jeder App die Versorgung in einem gesamten
Indikationsbereich zu unterstützen. Gesundheits-Apps ermöglichen
den direkten Kontakt mit Patientinnen und Patienten. Der Ansatz
von Jens Baas ist es, mit den Menschen im Gesundheitswesen zu
kooperieren, die ebenfalls das System verändern möchten. Auf die
Zusammenarbeit mit ihnen fokussiert er sich. Mit geborenen
Funktionären, deren Hauptziel es ist, ihre Position zu erhalten,
ist Veränderung sehr schwierig.


Im Bereich Digitalisierung hat die letzten Legislaturperiode viel
verändert. Führende Köpfe und Treiber der Digitalisierung im
Gesundheitswesen werden allerdings in der neuen Legislaturperiode
das Bundesministerium für Gesundheit verlassen und Jens Baas
setzt sich dafür ein , dass das Thema weiter so prominent auf der
Agenda bleibt.
Die Finanzierung des Gesundheitssystems
ist ein politisches Thema 

Wie halten wir das Gesundheitssystem finanzierbar? Für 2022 gibt
es einen Rekord-Steuerzuschuss für die GKV. Die Ausgaben steigen
permanent, viele Kassen haben kaum noch Reserven. Das sind auch
Folgen der Gesetzgebung. Langfristig sind immer höhere Zuschüsse
jedoch keine Lösung. Es braucht sinnvolle Reformen, die auch die
Ausgaben senken.
Statt Krankenhausschließungen müssen wir Visionen für
neue, moderne Krankenhäuser diskutieren

In einige Blöcke kann das System Geld sparen und zeitgleich etwas
Gutes für die Patientinnen und Patienten tun. Krankenhäuser
entscheiden zum Beispiel, so Jens Baas, über viele Eingriffe
aufgrund des ökonomischen Drucks. Deutschland hat zu viele
Krankenhausbetten. Und im Idealfall muss jedes Bett mit
Patientinnen und Patienten belegt sein, die einen hohen
Deckungsbeitrag haben. Viele Betten erzeugen einen Druck, unter
dem Patientinnen und Patienten leiden. Zudem hat Deutschland viel
mehr Pflegekräfte pro 100.000 Einwohner als die meisten anderen
Länder.


Jens Baas fordert von der Politik, die Anzahl der Klinikbetten zu
reduzieren. Es gibt Bereiche, in denen Geld gespart und
zeitgleich etwas Gutes für die Patientinnen und Patienten getan
werden kann. Zum Beispiel wenn die Krankenhauslandschaft
sinnvoller auf den Bedarf zugeschnitten würde. Wir haben in
Deutschland zu viele Krankenhausbetten. Das macht aus Baas‘ Sicht
die Versorgung nicht besser, sondern schlechter, weil vorhandene
Betten aus ökonomischen Gründen gefüllt werden. Patienten müssen
deshalb teilweise aus wirtschaftlichen Gründen Operationen in
Kliniken über sich ergehen lassen, die medizinisch nicht immer
notwendig sind oder ambulant durchgeführt werden könnten. Hinzu
kommt laut Baas: Deutschland hat mehr Pflegekräfte pro 100.000
Einwohner als viele andere Länder. Wenn die sich auf weniger
Fälle und sinnvoll spezialisierte Kliniken verteilen, könnte dies
die Pflegepersonalsituation entschärfen. Statt nur plump über
Klinikschließungen zu diskutieren, braucht es laut Baas, eine
Vision, welche Art von Kliniken wir in der Zukunft haben wollen.
Ein profitorientiertes Gesundheitssystem – geht dies
auf Kosten der Patientinnen und Patienten? 

Jens Baas hat in der Beratung auch das staatliche
Gesundheitssystem NHS in Großbritannien genau kennen gelernt –
dieses System hat Patientinnen und Patienten schon lange aus den
Augen verloren und ist für ihn ein Beispiel, dass ein
Gesundheitssystem ohne Wettbewerb nicht gut funktioniert.


Gleichzeitig braucht es in diesem Wettbewerb auch Regeln, etwa in
Bezug auf Preisfindungsmechanismen für neue, extrem hochpreisige
Arzneimittel, die dafür sorgen, dass diese für die
Versichertengemeinschaft bezahlbar bleiben.
Mit Digitalisierung ermöglicht
individualisierte Präventionsangebote

Mit der Digitalisierung stehen nun erstmals in der Geschichte der
Medizin Daten zur Verfügung, die es ermöglichen, Prävention
individuell auf jeden Einzelnen zuzuschneiden. Das führt zu einer
ganz neuen Qualität in der Prävention, da das persönliche Risiko
bzw. die individuelle Krankengeschichte berücksichtigt werden
können und Maßnahmen nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt
werden.
Die Zukunft der ambulanten Versorgung

Es wird weiter Einzelpraxen geben. Digitalisierung muss dazu
genutzt werden, Prozesse und Verwaltung stark zu vereinfachen.
Ärztinnen und Ärzte müssen befreit werden, um die Zeit am
Patienten verbringen zu können.
Die Erwartungen der digitalisierten Welt erfüllen

Dr. Jens Baas‘ Vision ist es, die TK zu der Krankenversicherung
zu machen, die definiert, wie eine Krankenkasse im digitalen
Zeitalter aussehen muss. Das bedeutet nicht, dass die TK eine
rein digitale Krankenkasse wird, sondern dass alle Services rund
um das Thema Gesundheit genauso komfortabel digital möglich sind
wie beim Online-Banking oder Online-Shopping.


Wenn ihr unsere Folgen und spannende Artikel aus der Welt des
digital health exklusive vorhaben lesen & hören wollt, dann
informiert euch
auf www.handelsblatt.com/insidedigitalhealth 


Der Beitrag Dr. Jens Baas – Chef der Techniker über seine Vision,
die TK zur führenden, digitalisierten gesetzlichen
Krankenversicherung zu machen und damit bottom up das deutsche
Gesundheitswesen zu verbessern erschien zuerst auf Visionäre der
Gesundheit.

Kommentare (0)

Lade Inhalte...

Abonnenten

T0P4Z
Berlin
15
15