SG #084: Sophie Scholl und „Die weiße Rose“
Ich habe in Folge #043 von Slow German über Graf von Stauffenberg
gesprochen. Er versuchte zwei Mal, Adolf Hitler zu töten – leider
gelang es ihm nicht. Viele von Euch haben mich jetzt nach weiteren
Geschichten über den deutschen Widerstand im Zweiten ...
6 Minuten
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Beschreibung
vor 11 Jahren
Ich habe in Folge #043 von Slow German über Graf von Stauffenberg
gesprochen. Er versuchte zwei Mal, Adolf Hitler zu töten – leider
gelang es ihm nicht. Viele von Euch haben mich jetzt nach
weiteren Geschichten über den deutschen Widerstand im Zweiten
Weltkrieg gefragt, und hier in München denke ich da natürlich
sofort an Sophie Scholl und die Gruppe „Die weiße Rose“. Ich
werde Euch davon erzählen.
Es fing alles an mit zwei Freunden. Christoph Probst und
Alexander Schmorell kannten sich schon aus der Schule. Sie fingen
an, Medizin in München zu studieren – und lernten dort Willi Graf
und Hans Scholl kennen. Die Schwester von Hans war Sophie Scholl
– sie begann 1942 ebenfalls zu studieren, allerdings nicht
Medizin, sondern Biologie und Philosophie. Die Studentengruppe
traf sich um zu diskutieren, besuchte aber auch Vorlesungen
zusammen.
Die Geschwister Scholl fanden den Nationalsozialismus am Anfang
noch gut. Immerhin konnte man mit der Hitlerjugend gemeinsame
Ausflüge machen, es wurde ein Gemeinschaftsgefühl geprägt. Doch
je mehr sie sich mit Philosophen wie Kierkegaard oder den
Schriften von Thomas von Aquin auseinandersetzten, desto
kritischer wurden sie. Es ging ihnen um christliche
Wertvorstellungen, die sie nicht mehr gewahrt sahen. Werte wie
Freiheit und Gerechtigkeit. Immer häufiger hörten sie von den
Gräueltaten der Nazis. Von verschleppten behinderten Kindern,
vertriebenen Juden, gequälten Strafgefangenen. Einige der jungen
Männer waren an der Front in Polen und sahen das Elend im
Warschauer Ghetto.
Sie begannen, Flugblätter zu schreiben. Flugblätter sind
bedruckte Papiere, die an die Menschen verteilt werden. In den
Flugblättern riefen sie zu passivem Widerstand auf. Die ersten
Flugblätter wurden anonym per Post verschickt, und zwar an
Intellektuelle in Bayern. Später verteilten sie die Blätter in
verschiedenen Städten.
Sie vernetzten sich mit anderen Widerstandsgruppen – ihre
Flugblätter haben mittlerweile eine Auflage von bis zu 9000
Stück. Ihr müsst Euch das vorstellen – das war natürlich lange
vor der Zeit, als jeder einen Drucker zu Hause stehen hatte!
Stellt euch vor, damals hätte es schon Facebook gegeben und
Twitter – wie viel einfacher hätten es die Geschwister Scholl
gehabt!
Die Gruppe, die sich „Die weiße Rose“ nannte, wurde immer
aktiver. Die Studenten zogen nachts los und malten auf
Hausfassaden Sprüche wie „Nieder mit Hitler“. Dann schrieb
Professor Kurt Hubert, ein Mentor der Studenten, den Text für ein
weiteres Flugblatt. Natürlich gegen Hitler. Als die Freunde es im
Hauptgebäude ihrer Universität verteilten, wurden sie vom
Hausmeister erwischt und an die Gestapo übergeben. Vier Tage
später wurden sie zum Tode verurteilt und hingerichtet. Wenig
später wurden weitere Mitglieder der Widerstandsgruppe vor
Gericht gestellt, viele inhaftiert, einige zum Tode verurteilt.
Aber der Kampf gegen die Nazis ging weiter. Es wurden weiterhin
Flugblätter verteilt, unter anderem auch in Hamburg. Das letzte,
sechste Flugblatt, wurde 1943 sogar von britischen
Kampfflugzeugen über Deutschland abgeworfen. Und zwar
hunderttausende Kopien.
Sophie Scholl starb im Alter von 21 Jahren. Zum Glück hat es sie
und ihre Freunde und ihren Bruder gegeben. Ich freue mich, dass
es während der Nazizeit solche Menschen gab. Leider zu wenige.
Besonders hier in München sind die Geschwister Scholl nicht
vergessen. Der Platz vor der Universität wurde nach ihnen
benannt, das Politikinstitut an dem ich studiert habe heißt
„Geschwister Scholl Institut“, es gibt in der Uni eine
Gedenkstätte mit einem kleinen Museum, und im Justizpalast wurde
der Gerichtssaal, in dem die Mitglieder verurteilt wurden,
ebenfalls zur Gedenkstätte gemacht.
Es gibt übrigens einen guten, wenn auch natürlich sehr traurigen,
Film über diese Widerstandsgeschichte: Amazon.de, Amazon.com.
Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg84kurz.pdf
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