SG #099: Migration
Viele von Euch haben mich gefragt, wie es in Deutschland mit
Ausländern aussieht. Zunächst einmal hat es in den vergangenen
Jahren einen sprachlichen Wandel gegeben: Kaum jemand sagt noch
Ausländer, da dieses Wort mittlerweile negativ belegt ist.
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vor 10 Jahren
Viele von Euch haben mich gefragt, wie es in Deutschland mit
Ausländern aussieht. Zunächst einmal hat es in den vergangenen
Jahren einen sprachlichen Wandel gegeben: Kaum jemand sagt noch
Ausländer, da dieses Wort mittlerweile negativ belegt ist.
Politisch korrekt heißt es jetzt „Menschen mit
Migrationshintergrund“. Darüber haben sich viele schon lustig
gemacht. Ich erzähle Euch jetzt mal, wie viele verschiedene
Kulturen in Deutschland leben und wie sich das im Alltag
darstellt.
In Deutschland leben Menschen aus 194 Ländern. Wenn ich mal ganz
subjektiv meine Umgebung betrachte, leben hier vor allem Türken,
die in den 60er-Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland kamen
und hier ihre Familien gründeten. Das bedeutet, dass viele junge
Leute türkische Namen haben und türkische Eltern oder Großeltern,
selber aber hier geboren sind und perfekt Deutsch und Türkisch
sprechen. Man nennt sie oft die „dritte Generation“. 1,6 Mio.
Menschen hier in Deutschland haben die türkische
Staatsangehörigkeit. Gefolgt von einer Million aus
Ex-Jugoslawien, einer halben Million Italienern, 400.000 Polen
und 276.000 Griechen. Das sind aber nur die Menschen mit einem
nicht-deutschen Pass.
Insgesamt haben fast 20 Mio. Menschen in Deutschland einen
Migrationshintergrund – also ein Fünftel der Bevölkerung. München
gehört zu den Städten in Deutschland, die am schönsten gemischt
sind – so nenne ich das jetzt einfach mal. Dennoch wirkt es im
Straßenbild nicht so. Denn ein junger türkischer Münchner sieht
oft eigentlich genauso aus wie ein deutscher Münchner, und auch
jemand aus Ex-Jugoslawien, also aus Bosnien oder Kroatien, macht
optisch kaum einen Unterschied. Was ich damit sagen möchte: in
anderen Großstädten wie Paris oder London sieht man die
kulturellen Unterschiede stärker, weil dort zum Beispiel Inder
leben, die sich traditionell kleiden, oder Chinesen, oder
Afrikaner. Diese Gruppen sind hier in Deutschland eher klein.
Manche türkische oder arabische Frauen tragen ein Kopftuch, aber
das ist schon der einzige Unterschied in der Kleidung.
In Deutschland gibt es auch keine ausgeprägten ethnischen
Stadtviertel. Während es in USA beispielsweise in größeren
Städten ein „Chinatown“ gibt, ist das hier nicht so. Natürlich
gibt es einige Straßen, in denen beispielsweise mehr Asia-Läden
sind, oder hier in München gibt es rund um den Hauptbahnhof viele
türkische Lebensmittelgeschäfte, aber mehr auch nicht. Ich wohne
in einem Stadtteil von München, in dem es sehr viele verschiedene
Kulturen gibt. Im Kindergarten sind Rumänen, Ungarn, Engländer,
Araber und Griechen. Ich freue mich, dass mein Kind so aufwächst
und hoffe, dass es sein Verständnis für andere Kulturen stärkt
und er ein toleranter, neugieriger Mensch wird.
Gibt es in Deutschland Ausländerfeindlichkeit? Natürlich. Wie in
jedem Land der Welt. Es gibt leider immer Menschen, die sich für
etwas besseres halten. Oder die vor anderen Menschen Angst haben.
Oder die Befürchtung, diese könnten ihnen etwas wegnehmen. Kurz
gesagt: Es gibt immer Idioten. Ich selber bin nur halb Deutsche –
aber ich habe noch nie Fremdenfeindlichkeit erfahren. Ich hatte
noch nie Angst hier, obwohl ich einen ausländischen Namen habe
und dunkle Haare und dunkle Augen. Die meisten Deutschen haben
aus der Vergangenheit des Landes gelernt – und sie machen
hoffentlich nicht wieder die gleichen Fehler. Ich bin
zuversichtlich.
Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg99kurz.pdf
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