SG #200: Menschen mit Behinderung

SG #200: Menschen mit Behinderung

Das hier ist die 200. Episode meines Podcasts Slow German. Ich habe lange überlegt, über welches Thema ich sprechen soll. Besonders wichtig ist die Frage, wie es Menschen mit Behinderung in Deutschland ergeht.
10 Minuten

Beschreibung

vor 5 Jahren

Das hier ist die 200. Episode meines Podcasts
Slow German.


Ich habe lange überlegt, über welches Thema ich sprechen soll.
Besonders wichtig ist die Frage, wie es Menschen mit Behinderung
in Deutschland ergeht.


In Deutschland leben rund 10 Millionen Menschen mit einer
Behinderung, davon sind mehr als 7,6 Millionen schwerbehindert.
Einer von ihnen ist Steffen Prey (Foto links). Mit ihm habe ich
gesprochen, um mehr zu erfahren.


Eine Besonderheit: Das Original-Interview kannst Du Dir hier
anhören:


Es ist nicht leicht zu verstehen – wir sprechen normal schnell
und durchs Telefon. Daher habe ich es auch abgetippt – hier
kannst Du den Text mitlesen (–> PDF).


Noch eine Besonderheit: Zu dieser Folge siehst Du das
Premium-Material, auch wenn Du kein Abonnent bist. Also
Lernmaterial als PDF am Ende dieser Seite und einen zweiten
Player mit der schnelleren Version. Viel Spaß!


Fangen wir mit der Sprache an. Wie spreche ich überhaupt korrekt
über dieses Thema? Früher sagte man „Behinderte“. Heute ist es
richtiger, „Mensch mit Behinderung“ oder „Mensch mit
Beeinträchtigung“ zu sagen. Der Hintergrund dazu: Jeder Mensch
ist unterschiedlich. Er definiert sich nicht ausschließlich
dadurch, dass er eine Behinderung hat, sondern über viele
verschiedene Faktoren. Ein Behinderter ist in erster Linie
behindert. Ein Mensch mit Behinderung ist in erster Linie ein
Mensch. Auch das englische Wort Handicap wird oft benutzt. Du
kannst also auch sagen: Ein Mensch mit Handicap. Oder sogar
eingedeutscht „ein gehandicappter Mensch“.


Noch ein Wort hat sich geändert. Während früher Menschen die
nicht hören konnten oft als „taubstumm“ bezeichnet worden sind,
gilt das heute als Beleidigung. Der richtige Ausdruck ist
„gehörlos“. Und dann gibt es natürlich noch die blinden und
sehbehinderten Menschen.


Bleiben wir bei den Begriffen, die wir für dieses Thema brauchen.
Das Wort Barrierefreiheit fasst viele Dinge zusammen. Zum einen
geht es darum, wie zum Beispiel Menschen im Rollstuhl sich in der
Stadt fortbewegen können. Gibt es einen Lift zur U-Bahn oder nur
eine Rolltreppe? Ist der Gehweg an der Ampel abgesenkt oder hoch?
Hat der kleine Laden an der Ecke eine schwere Eisentür oder eine
Schiebetür, die sich von selbst öffnet? Zur Barrierefreiheit
gehören aber auch andere Bereiche des Lebens, zum Beispiel im
Internet. Hat ein Video Untertitel, damit gehörlose Menschen
mitlesen können? Gibt es Bildbeschreibungen für Sehbehinderte? In
all diesen Bereichen müssen wir darauf achten, dass sie für alle
Menschen zugänglich sind.


Wenn ich ins Einkaufszentrum fahre, dann gibt es bestimmte
Parkplätze in der Tiefgarage, die mit einem Rollstuhl-Symbol
gekennzeichnet sind. Das sind spezielle Parkplätze für Menschen
mit einer Behinderung. Hier dürfen aber nicht alle Menschen mit
Behinderung parken. Reserviert ist der Parkplatz für blinde
Menschen (die natürlich nicht selber fahren, sondern gefahren
werden) und für stark gehbehinderte Menschen, also zum Beispiel
Rollstuhlfahrer.


Und weil in Deutschland die Behörden alles sehr exakt regeln,
gibt es für Menschen mit Behinderung einen sogenannten
Schwerbehindertenausweis. Dieser Ausweis zeigt an, welchen Grad
einer Behinderung ein Mensch hat. Steht dort beispielsweise ein
„G“ bedeutet das, dass der Mensch nicht gut laufen kann, sich
also nicht normal bewegen kann. Steht dort ein „H“, dann bedeutet
das, dass der Mensch hilflos ist. Das kann beispielsweise bei
Demenzerkrankungen so sein. Dann gibt es noch weitere
Einstufungen für blinde oder gehörlose Menschen und einige
andere. Dieser Ausweis bringt einige Vergünstigungen. Steffen
darf zum Beispiel mit einer Begleitperson kostenlos mit dem Bus
oder der U-Bahn fahren. Er muss auch weniger bezahlen, wenn er
ins Kino geht, denn der Schwerbehindertenausweis ermöglicht ihm
günstigere Tickets. Bei manchen Behinderungen müssen die
Betroffenen weniger Steuern für ihr Auto bezahlen. Oder sie
bekommen kostenlos Hilfe im Alltag von einer so genannten
Assistenzperson. Schwerbehinderte bekommen fünf Urlaubstage mehr
pro Jahr und sie können in ihrem Job nicht so leicht gekündigt
werden wie ein Mensch ohne Behinderung. Außerdem können sie
früher in Rente gehen.


Und schon sind wir also beim Staat gelandet und bei unserem
deutschen Sozialsystem. In unserem Grundgesetz gibt es den Satz:
„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Es
gibt in Deutschland ein Gesetz zur Gleichstellung von Menschen
mit Behinderungen. Dieses Gesetz soll dafür sorgen, dass Menschen
mit Behinderung nicht benachteiligt werden. Sie sollen genauso am
Leben in der Gesellschaft teilhaben können wie Menschen ohne
Behinderung. Außerdem sollen sie selbstbestimmt leben können,
also so, wie sie es möchten. Im Gesetz steht zum Beispiel die
Barrierefreiheit drin, aber auch das Recht auf die Verwendung von
Gebärdensprache, also der Zeichensprache für Gehörlose. Dieses
Gesetz gilt vor allem für Behörden und Schulen – die Wirtschaft
muss sich noch nicht daran halten, und das kritisieren viele
Menschen.


Was das Schulsystem angeht war es früher ganz klar: Behinderte
Kinder gehen auf eine spezielle Schule, und zwar auf eine Sonder-
oder Förderschule. Sie sind von ihren gleichaltrigen Freunden
ohne Behinderung getrennt. Heute hört man in diesem Bereich sehr
oft das Wort Inklusion, da es in der
UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben ist. Inklusion
bedeutet, dass alle Kinder gemeinsam in die Schule gehen – egal
ob sie eine Behinderung haben oder nicht. Zu diesem Thema gibt es
viele Diskussionen und es ist alles nicht so einfach, wie man
sich das vorstellt. Die deutsche Regierung hat beschlossen, dass
es mehr Inklusion geben soll. Das ist ein Teil des sogenannten
Bundesteilhabegesetzes (hier in leichter Sprache nachzulesen).
Dieses Paket an Gesetzen soll das Leben von Menschen mit
Behinderung verbessern.


Es gäbe noch viel zu erzählen zu diesem Thema. Ich denke man kann
zusammenfassen, dass es Menschen mit Behinderung in Deutschland
verglichen mit vielen anderen Ländern sehr gut geht. Es gibt ein
Sozialsystem, das den Betroffenen finanziell hilft,
beispielsweise bei der Anschaffung eines guten Rollstuhls. Es
gibt zumindest in den Städten eine befriedigende
Barrierefreiheit. Perfekt ist es hier sicher noch lange nicht,
aber zumindest ist das Bewusstsein da, dass Menschen mit
Behinderung nicht ausgeschlossen werden dürfen.


Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg200kurz.pdf


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Schneller gesprochen? Bitte schön:

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