Muslime in Deutschland – SG #219

Muslime in Deutschland – SG #219

Deutschland ist ein christlich geprägtes Land. Ich habe Dir schon in einer anderen Episode von den Religionen hier erzählt. Heute möchte ich eine Religion herausgreifen, und zwar den Islam. In Deutschland leben ungefähr 4 Millionen Muslime.
9 Minuten

Beschreibung

vor 5 Jahren

Deutschland ist ein christlich geprägtes Land. Ich habe Dir schon
in einer anderen Episode von den Religionen hier erzählt. Heute
möchte ich eine Religion herausgreifen, und zwar den Islam. In
Deutschland leben ungefähr 4 Millionen Muslime. Das sind etwas
mehr als 5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Knapp 2,5 Milionen
dieser Menschen haben türkische Wurzeln. 45% der in Deutschland
lebenden Muslime sind mittlerweile deutsche Staatsangehörige,
haben also einen deutschen Pass. Nach 1961 kamen viele Menschen
aus der Türkei nach Deutschland, um hier als sogenannte
Gastarbeiter zu arbeiten. Viele von ihnen blieben für immer in
Deutschland und bekamen hier Kinder. Deswegen gibt es hier schon
viele Türkinnen und Türken in der dritten Generation, die perfekt
integriert sind.


Die größte Glaubensrichtung der Muslime in Deutschland bildern
die Sunniten mit fast drei Vierteln aller muslimischen Männer und
Frauen in Deutschland. Ein Drittel der muslimischen Menschen in
Deutschland ist stark gläubig, ihnen ist ihre Religion also sehr
wichtig. 50% sind „eher“ gläubig, also etwas weniger als die
andere Gruppe. Es gibt mehr als 2000 islamische Gemeinden in
Deutschland, in vielen ist ein Imam tätig. Die meisten dieser
Imame kommen aus der Türkei für einige Jahre nach Deutschland und
gehen dann wieder zurück. Es gibt zwar 159 Moscheen mit Kuppel
und Minarett in Deutschland, viele andere Moscheen sind aber eher
versteckt und oft am Stadtrand. Das Stadtbild prägen sie nicht –
hier sind nur die vielen Kirchen zu sehen.


Um für einen Dialog zwischen den Kulturen zu sorgen, gibt es die
Deutsche Islam Konferenz. Sie wurde 2006 vom Bundesministerium
des Innern gegründet. Der damalige Innenminister Wolfgang
Schäuble sagte: „Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil
Europas. Er ist Teil unserer Gegenwart und er ist Teil unserer
Zukunft. Muslime sind in Deutschland willkommen. Sie sollen ihre
Talente entfalten und sie sollen unser Land mit weiter
voranbringen“.


In den Jahren 2011 bis 2015 kamen viele Menschen aus anderen
Ländern nach Deutschland. 2015 war der Höhepunkt der sogenannten
Flüchtlingskrise. In diesen vier Jahren kamen 1,2 Millionen
muslimische Menschen nach Deutschland.


Es gibt immer wieder Konflikte, die in der deutschen Gesellschaft
diskutiert werden. Gestritten wird zum Beispiel über das
Kopftuch, das manche muslimische Frauen tragen. In einigen
Bundesländern wurde verboten, dass Lehrerinnen an Schulen und
Hochschulen ein Kopftuch tragen. Allerdings hat das
Bundesverfassungsgericht, also das oberste Gericht Deutschlands,
entschieden, dass so ein pauschales Verbot nicht möglich ist.
Denn in Deutschland gibt es die Glaubensfreiheit. Menschen dürfen
also nicht aufgrund ihrer Religion bestraft oder diskriminiert
werden. Allerdings ist es seit 2017 verboten, beim Autofahren
einen Gesichtsschleier zu tragen. Hier geht es natürlich um die
Verkehrssicherheit.


Es gibt aber noch andere Unterschiede: Bei den Grundschulkindern
ist es in Deutschland üblich, dass Jungen und Mädchen gemeinsam
Sport machen. Das möchten viele Eltern von muslimischen Mädchen
allerdings nicht. Es gibt auch Schwimmunterricht in vielen
deutschen Schulen, an denen die muslimischen Mädchen oft nicht
teilnehmen dürfen, weil ihre Familien das nicht möchten.


In den deutschen Schulen gibt es Religionsunterricht. Hier im
katholischen Bayern haben die Kinder in der dritten und vierten
Klasse drei Stunden Religionsunterricht pro Woche. Wer nicht in
den evangelischen oder katholischen Religionsunterricht geht, der
kann in einen Alternativunterricht gehen, der sich „Ethik“ nennt.
Hier werden die Weltreligionen durchgenommen und viele
Philosophien. An 900 Schulen in Westdeutschland und Berlin gibt
es mittlerweile auch islamischen Religionsunterricht. Diesen gibt
es natürlich nur, wenn genug muslimische Kinder an einer Schule
sind. Und wenn es überhaupt organisiert werden kann, einen Lehrer
oder eine Lehrerin dafür zu bekommen. 60.000 Kinder nehmen an
diesem Religionsunterricht teil.


Es gibt Menschen in Deutschland, die fremdenfeindlich sind. Es
gibt auch Menschen, die gezielt gegen den Islam sind. 2019 gab es
daher leider 871 Angriffe auf Muslime oder ihre Moscheen oder
Treffpunkte. Man nennt das „islamfeindliche Straftaten“. Andere
Leute in Deutschland sehen den Islam als Bedrohung für unser
Land.


Während wir hier in Deutschland an christlichen Feiertagen frei
haben, gibt es keine muslimischen Feiertage bei uns. Allerdings
müssen muslimische Kinder zum Beispiel am Tag des Zuckerfestes
oder beim Opferfest nicht zur Schule kommen. Manche Kindergärten
feiern diese Feiertage mit den Kindern. So lernen die Kinder,
welche Bedeutung die Feiertage in verschiedenen Kulturen haben.


Die Quellen für die genannten Zahlen:


https://www.bmi.bund.de/DE/themen/heimat-integration/staat-und-religion/islam-in-deutschland/islam-in-deutschland-node.html

https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Forschung/Forschungsberichte/fb06-muslimisches-leben.pdf/__blob/publicationFile/v%3D11&usg=AOvVaw3U6CoEf_1z_jeHNuYkjVOs

https://mediendienst-integration.de/artikel/islamischer-religionsunterricht-in-deutschland.html


Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg219kurz.pdf

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