J. D. Robb: “Faithless in Death” & “Forgotten in Death”

J. D. Robb: “Faithless in Death” & “Forgotten in Death”

8 Minuten
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Beschreibung

vor 2 Jahren

Im vorletzten Sommer stellte ich J. D. Robbs “in Death”-Serie
erstmals bei Lob & Verriss vor, nachdem ich die ersten 46
Bücher dieser Reihe gelesen hatte.


Zur Erinnerung: Protagonistin der “in Death” Serie ist Eve
Dallas, zunehmend erfolgreiche Kriminalpolizistin im New York der
Zukunft, ab circa 2058, die diverse und oft spektakuläre
Mordfälle löst.


Ihr zur Seite steht ein wiederkehrendes Ensemble von Personen,
deren Rollen manchmal stärkere Bedeutung für die jeweilige
Geschichte haben und manchmal weiterentwickelt wurden.


Neben der in Krimis üblichen Aufklärung brutaler Verbrechen war
die zunehmende Enthüllung von Eve Dallas Kindheitsgeschichte,
zunächst verborgen hinter einer durch ein Trauma entstandenen
Wolke, die nach und nach durch Alpträume und Traumabewältigung
verschwand, für eine lange Zeit in einer Vielzahl der Romane die
wichtigste parallel stattfindende Handlungsebene.


Roarke, scheißreicher und scheißgeiler Ex-Krimineller mit dunkler
Herkunft und nun geläuterter Industriemagnat, gesegnet mit dem
Faktotum Summerset - eine Reminiszenz an den Batman Mythos - ist
Eve Dallas bereits im 1. Band begegnet, im 4. haben sie
geheiratet. Nun hilft er ihr bei den Ermittlungen, insbesondere,
wenn dafür illegal Informationen zu beschaffen sind.


Das Vorhandensein unerschöpflicher Geldreserven und ihre
schlechten Kindheitserfahrungen inspirieren sie dazu, viel Gutes
für die Menschheit zu tun, und das ist auch wirklich wichtig:
bestimmt haben alle Hörerinnen und Hörer mitbekommen, dass die
häusliche Gewalt während der Pandemie neue beschissene Ausmaße
erreicht hat, während dringend benötigte Hilfsangebote und
Frauenhäuser permanent unterbudgetiert sind. In J. D. Robbs “in
Death” Universum schaffen Eve Dallas und Roarke sichere Räume für
Frauen und ihre Kinder, also ein Frauenhaus, und kämpfen für
Gerechtigkeit für die Opfer von Gewalt.


Beim letzten Mal  empfahl ich die ganze Reihe (hier). Nun
ist längst nicht mehr Sommer, aber immer noch Pandemie, und 2x
jährlich veröffentlicht Nora Roberts, eine der erfolgreichsten
Romance-Schriftstellerinnen der Welt und Dauerstammgast auf der
Bestsellerliste der New York Times, unter dem Pseudonym J. D.
Robb einen neuen Teil der Eve Dallas/In Death Serie.


Zeit für Eskapismus, Zeit für 2 weitere Bände: Nr. 52: “Faithless
in Death” und Nr. 53: “Forgotten in Death”.


Habe ich die Lektüre genossen: natürlich. Hat diese meine (nicht
besonders hohen) Erwartungen erfüllt? Nein. Leider. 


Die aufzuklärenden Kriminalfälle waren spannend, wenn auch nicht
besonders innovativ: in “Faithless” geht es um eine (geheime)
Sekte, die misogynen und rassistischen Vorurteilen anhängt,
sprich, nur Weiße werden in familiären Verbindungen geduldet, und
Frauen zur Fortpflanzung gezwungen, während Renitenz und
Widerstand dagegen mit Zwangsarbeit und Gewalt geregelt werden.
Die Chefs dieser Sekte haben große gesellschaftliche Macht und
agieren im Geheimen, denn solche Überzeugungen und vor allem die
daraus resultierenden Handlungen sind - da sind wir in der
Zukunft - längst geächtet. Mindestens eine ähnliche Story hatte
J. D. Robb schon beschrieben, wenn auch mit anderen Vorzeichen,
aber das ist im Verhältnis zu den nächsten Kritikpunkten fast zu
vernachlässigen. In “Forgotten in Death” wird zunächst eine
Obdachlose mit eingeschlagenem Schädel auf einer Baustelle
gefunden, wenig später in einem anderen Teil der Baustelle ein
weibliches Skelett mit einem Fötus, deren Aufklärung Eve Dallas
gleich mehrere Verbrecher zur Strecke bringen lässt und für die
Toten Gerechtigkeit, wenn auch zu spät, schafft. 


Während der Zukunftsaspekt der “in Death” Serie abnimmt, weil
sich die Gegenwart immer mehr an die Handlungszeit der Serie
annähert - zum Start 1995 war die imaginierte Zukunft des Jahres
2058 einfach viel weiter weg als nun 25 Jahre später - spielen
aktuelle Themen, um die gesellschaftliche Kämpfe geführt werden,
eine immer größere Rolle.


Leider verflacht die Darstellung der Charaktere zunehmend. Sie
sind eindimensional, und dies ist ganz klar der Länge der Serie
geschuldet: 


Die großen und persönlichkeitsbildenden Traumata der
Protagonisten Eve Dallas und Roarke sind nach mehr als 50 Bänden
enthüllt. Nun sind sie glücklich verheiratet und machen keinerlei
Anstalten, das zu ändern. Persönlich freut mich das sehr, aber
außerhalb des aufzuklärenden Kriminalfalls endete eine Spannung
erzeugende Erzählachse.


Auch die Entwicklungen des Ensembles an der Seite von Eve Dallas
ist nun eigentlich abgeschlossen, wenn J. D. Robb nicht entgegen
ihrer Gewohnheit den Sympathieträgerinnen Unheil angedeihen
lassen möchte: Eve Dallas’ beste Freundin Mavis ist schon einige
Zeit super erfolgreich, glücklich verheiratet und hat ein Kind.
In einem Band war der Running Gag, dass sowohl Eve Dallas als
auch Roarke überhaupt keinen Bock hatten, Mavis bei der Geburt zu
begleiten und ihnen das alles suspekt ist, weil sie sich selbst
genügen, und grausame Morde leichter zu ertragen sind als Wunder
und Umstände der Geburt eines Babys, aber selbst das ist durch.
Die Verwicklungen in der Liebe zwischen Eve Dallas Assistentin
Delia Peabody und Detective Ian McNab sind geklärt. In der
Vergangenheit konfliktanfällige Beziehungen wie z. B. zur
erfolgreichen Journalistin Nadine Furst, die zu Beginn der Serie
zwischen dem Landen eines schnellen Scoops oder der ganzen
Geschichte hin- und hergerissen war, ist einer tiefen
Freundschaft gewichen, die Nadine nach der Veröffentlichung von
einigen Fällen von Eve Dallas auch als erfolgreiche Romanautorin
etablierte.


Fast alle Konfliktherde sind nun gelöst, selbst die permanenten
Battles zwischen Roarkes Butler Summerset und Eve Dallas sind
Geschichte. Das ist zwar nachvollziehbar, denn es wäre auch wenig
glaubwürdig, wenn Eve Dallas den Butler immer weiter dissen
würde, obwohl sie in den vergangenen Jahren viel Hilfe von ihm
bekommen hat und sein interessanter Lebenslauf ebenfalls
ausführlich beschrieben wurde. Dem Kampf Eve Dallas mit den
häufig anderen Frauen zugeschriebenen weiblichen Vorlieben, die
diese schlicht unsinnig findet und ihr große Angst vor der
allseits beliebten und häufiger auftretenden Kosmetikerin Trina
bescherten, wurde von J. D. Robb - längst überfällig - kein Raum
mehr gegeben. 


So bleiben nur ein paar lame wiederkehrende Gags, wie die grell
gemusterten Krawatten eines ihrer Detectives, aber das ist
einfach zu wenig, wenn sich die Bücher der Serie vorher durch
vielschichtige Persönlichkeiten und Beziehungen
auszeichnete. 


Damit ist die Geschichte nun auserzählt, weil Entwicklung und
Hintergrund der Protagonisten enthüllt sind. Leserinnen und
Leser, die die komplexen Hintergründe nicht in den ersten 50
Bänden erfahren haben, dürften die Stories schlicht flach finden.
Vielleicht ist das Weglassen aber auch dem Wunsch der Autorin
geschuldet, treuen Lesern nicht mit Wiederholungen auf den Keks
zu gehen.


Ähnliches gilt leider für die Jack Reacher Reihe, hier bin ich
beim letzten Band noch nicht über die ersten 20 Seiten
hinausgekommen. Adieu, Eve Dallas, es war eine schöne Zeit.


Nächste Woche diskutieren Anne Findeisen, Irmgard Lumpini und
Herr Falschgold die Bücher der letzten Wochen. Wer vorlesen
möchte, findet diese auf lobundverriss.substack.com


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