Plättchenassoziierter Tissue Factor als schnell aktivierbarer, intravaskulärer Starter des menschlichen Gerinnungssystems

Plättchenassoziierter Tissue Factor als schnell aktivierbarer, intravaskulärer Starter des menschlichen Gerinnungssystems

Beschreibung

vor 20 Jahren
Der Tissue Factor (TF) der Gefäßwand gilt heute als der wichtigste
Starter der menschlichen Blutgerinnung. Es wird davon ausgegangen,
dass die Lokalisation von TF innerhalb der Gefäßwand unter
physiologischen Verhältnissen eine strikte Trennung von den
plasmatischen Gerinnungsfaktoren gewährleistet, so dass es unter
physiologischen Bedingungen nur nach Wegfallen der endothelialen
Barriere zur Bildung des TF/VIIa-Komplexes und dort zur Auslösung
der Blutgerinnung kommt. Nach der bisherigen Lehrmeinung stellen
Monozyten die einzigen bekannten Blutzellen dar, die nach
Langzeitstimulationsbedingungen in der Lage sind, TF zu
synthetisieren und zu exprimieren. Der monozytäre TF spielt vor
allem bei der Pathogenese der Sepsis und der damit assoziierten
Disseminierten Intravasalen Gerinnung (DIC) eine wichtige Rolle. In
der vorliegenden Arbeit zeigte sich, dass TF bereits nach einer
fünf minütigen Stimulation von Vollblut mit fibrillärem Kollagen in
Monozyten-Plättchen-Komplexen und Neutrophilen-Plättchen-Komplexen
gemessen wurde. Die TF Präsentation in den
Leukozyten-Plättchen-Komplexen war streng abhängig von der
vorhandenen Plättchenzahl. Mit Hilfe von Vollblutgerinnungsmodellen
und prokoagulatorischen Assays konnte gezeigt werden, dass der
schnell präsentierte Tissue Factor funktionell aktiv war und somit
die Fibrinbildung auslöste. Elektronenmikroskopische Aufnahmen
zeigten, dass das TF Antigen auf der Oberfläche von Plättchen
vorhanden war, die sich in Konjugaten mit Leukozyten befanden. Um
die Frage nach dem Ursprung dieses intravaskulären TF zu klären,
wurden Monozyten, Neutrophile Granulozyten und Plättchen auf ihren
Gehalt an TF Protein mit einem Double-Sandwich-ELISA untersucht.
Dabei konnte nur in den Plättchen TF Antigen nachgewiesen werden.
Weitergehende Untersuchungen zeigten, dass TF in der Tat in den
a-Granula und dem „open cannanicular system“ der Plättchen
lokalisiert ist. In den Plättchen und in deren Vorläuferzellen war
keine m-RNA für TF vorhanden. So bleibt die letztendliche Quelle
des intravaskulären TF bis auf weiteres ungeklärt. Durch Hemmung
von Adhäsionsproteinen, die die Interaktion von Plättchen mit
Leukozyten vermitteln, wie P-Selektin und CD40L, konnte die
TF-Präsentation in den Plättchen-Leukozyten-Komplexen inhibiert
werden. Daher ist davon auszugehen, dass mehrere Adhäsionsproteine
an dem Prozess der Präsentation von intravaskulärem TF beteiligt
sind. Ein aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit abgeleitetes
Modell der Aktivierung des intravaskulären TF geht davon aus, dass
in dem zwischen Leukozyten und Plättchen entstandenen
Microenvironment ein von dem Plasma weitgehend unabhängiger Raum
entsteht. In diesem Microenvironment wird möglicherweise der von
den aktivierten Plättchen sezernierte TFPI durch die
leukozytenassoziierte Elastase sowie weitere Proteasen und reaktive
Sauerstoffspezies inaktiviert. TF kann damit zusammen mit FVIIa und
FXa die Gerinnung starten. Die Ergebnisse lassen vermuten, dass die
gesamte Blutgerinnung auf der Oberfläche von Plättchen stattfinden
kann. Der intravaskuläre TF spielt vermutlicherweise eine Rolle bei
der Aufrechterhaltung der Gerinnung innerhalb des lumenwärts
wachsenden Thrombus. Somit kann die Fibrinbildung gezielt dort
aktiviert werden, wo sie benötigt wird, um den Thrombus zu
stabilisieren. Das Vorhandensein eines schnell aktivierbaren,
intra-vaskulären Tissue Factor Systems stellt ein neues Konzept
dar, um sowohl den physiologischen als auch den pathologischen
Gerinnungsstart besser zu verstehen.

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