Phänotypische und funktionelle Charakterisierung lymphozytärer Subpopulationen nach ausgedehnter Verbrennungsverletzung

Phänotypische und funktionelle Charakterisierung lymphozytärer Subpopulationen nach ausgedehnter Verbrennungsverletzung

Beschreibung

vor 20 Jahren
Die Immunantwort auf ein Verbrennungstrauma beginnt im Moment der
Verletzung und resultiert in einer Monozytenaktivierung, die mit
einer vermehrten Synthese und Ausschüttung von inflammatorischen
Mediatoren einhergeht. Unter physiologischen Bedingungen dient ein
ausgewogenes Zusammenspiel von pro- und antiinflammatorischen
Zytokinen der Homöostase, wohingegen das Immunsystem nach massivem
Trauma mit einer oft exzessiven Freisetzung proinflammatorischer
Mediatoren reagiert. Patienten mit schwerer Verbrennungsverletzung
sind daher hochgradig gefährdet ein ausgedehntes „systemic
inflammatory response syndrome, (SIRS)“, d. h. eine maligne
Ganzkörperinflammation, eine Sepsis oder eine
Multiorgandysfunktion, assoziiert mit einer hohen Letalität, zu
entwickeln. Eine überwiegend antiinflammatorische Immunantwort
dagegen manifestiert sich als systemische Immundefizienz und
Anergie mit einer signifikant erhöhten Infektionsanfälligkeit. Es
besteht eine eindeutige Ursache-Effekt-Beziehung zwischen Trauma
und Zytokinsystem. Mechanischer Stress führt zu schweren Störungen
der Interaktion von Monozyten und T-Zellen mit der Folge einer
schwerwiegenden Immundysfunktion, wobei PGE2 als einer der
Hauptmediatoren der traumainduzierten Immundepression angesehen
wird. Erhöhte PGE2-Spiegel sind mit einer reduzierten
T-Zellmitogenese, IL-2-Produktion und IL-2-Rezeptorexpression
korreliert und für eine Verschiebung der T-Helfer-Aktivität in
Richtung eines dominierenden TH2 Phänotyps mit erhöhter Synthese
der immunsuppressiven Zytokine IL-4 und IL-10 verantwortlich.
Zytokine sind für die Kommunikation im Immunsystem, vor allem bei
der Koordination einer Immunantwort durch T-Lymphozyten, von
entscheidender Bedeutung. Als sezernierte Proteine waren sie bis
vor kurzem der durchflusszytometrischen Analyse nur begrenzt
zugänglich. Wir konnten sie wie in vorliegender Arbeit beschrieben
in fixierten Zellen intrazellulär nachweisen, d. h. vor der
Sekretion. Dieses Verfahren erlaubte es uns, die Expression der
Zytokingene quantitativ, kinetisch, korreliert mit
Oberflächenproteinen und auf die Einzelzelle bezogen analytisch zu
erfassen, zumindest bis zur posttranslationalen Ebene. In
peripheren mononukleären Blutzellen (PBMC) von 10 Patienten mit
schwerer Verbrennungsverletzung (KOF >30%) und 15 gesunden
Kontrollpersonen wurde die Zytokinsynthese mit Ionomycin und PMA
polyklonal induziert und die Zellen anschließend mit
fluorochromkonjugierten monoklonalen Antikörpern gegen IL-2, IL 4
und IFN-g, sowie gegen CD4-, CD8-, CD45RA- und
CD45RO-Zelloberflächenantigene in unterschiedlichen Kombinationen
gefärbt. Massives Verbrennungstrauma führte nach polyklonaler
Stimulation der T Lymphozyten zu teils signifikanten systemischen
Veränderungen der Zytokinexpression in den Kulturüberständen.
Verglichen mit einer exzessiven IL-4 Freisetzung und stark erhöhter
IL-10 Sekretion zeigten die IFN-g- und die IL-2 Synthese eine nur
mäßige Steigerung gegenüber den gesunden Kontrollen. Wir sahen
somit eine traumatisch induzierte Veränderung des Zytokinprofils in
Richtung eines überwiegend TH2-artigen, immunsuppressiven
Phänotyps. Diese Verschiebung von einer eher zytotoxischen (TH1) zu
einer weitgehend humoralen und daher abgeschwächten Immunantwort
ist mit einer erhöhten Infektionsanfälligkeit verbunden. Mit der
durchflusszytometrischen Einzelzellanalyse gelang uns dann
erstmalig die Identifikation der CD8+ Zelle, die ursächlich für die
gesteigerten Syntheseantworten im posttraumatischen Verlauf
verantwortlich ist. Die Synthesekapazität der CD4+ T-Helferzellen
blieb nahezu unverändert. Eine Ausnahme bildete die prozentuale
Abnahme IFN-g positiver Gedächtniszellen (CD45RO+) zugunsten einer
zunehmenden Zahl IFN-g produzierender naiver T Helferzellen
(CD45RA+). In der CD8+ Subpopulation kam es in der ersten Woche
nach Verbrennungsverletzung zu einer signifikanten Steigerung der
IL-2, IL-4 und IFN-g de novo Synthese, die interessanterweise bei
weiterer, differenzierter Analyse eine positive Korrelation mit dem
klinischen Verlauf ergab. Patienten, die verstarben, zeigten im
Vergleich zu den Überlebenden signifikant erhöhte IL-4 und IL-2
Syntheseraten der CD8+ Zellen. Betrachtet man die IL-2 Synthese
dieser CD8+ Zellen genauer, nahm nur die Zahl IL-2-produzierender
CD8+CD45RA+ Zellen signifikant zu, verglichen mit dem
Kontrollkollektiv, wobei beide Patientenkollektive an dieser
Entwicklung partizipierten. Auch die IFN-g Synthese der CD8+CD45RA+
Subpopulation zeigte an allen Tagen post Trauma eine signifikante
Zunahme gegenüber den Kontrollen ohne aber mit der Überlebensrate
zu korrelieren. Dagegen war der prozentuale Anteil IFN-g
produzierender CD8+ CD45RO+ Zellen von Verstorbenen signifikant
gegenüber den Überlebenden reduziert und blieb auch an allen
Untersuchungstagen deutlich hinter dem Kontrollniveau zurück, das
von den überlebenden Patienten z. T. signifikant übertroffen wurde.
Neben der funktionellen Charakterisierung über die
Zytokinexpression (intrazellulär) kann der Aktivierungsstatus des
Immunsystems durchflusszytometrisch auch über eine
Oberflächenphänotypisierung ermittelt werden, ohne aber damit
funktionell unterschiedliche Subpopulationen von T Zellen
definieren zu können. Einen ersten Hinweis auf die Aktivierung des
Immunsystems von Verbrennungspatienten erhielten wir über die
signifikante Zunahme von IL-2Ra (CD25) tragenden T-Zellen in der
ersten Woche nach Trauma. Aktivierte T-Zellen exprimieren
darüberhinaus MHC-Klasse II-Moleküle und verschiedene
Adhäsionsmoleküle, denen bei der Wechselwirkung der Zellen
entscheidende Bedeutung zukommt. Akzessorische Moleküle erhöhen
beispielsweise die Avidität der T-Zell-APC Interaktion und wirken
kostimulatorisch. Wir konnten nach schwerer Verbrennungsverletzung
eine verstärkte Expression des vorherrschenden T-Zellrezeptors
(TCR) a/b und der akzessorischen T Zellmoleküle CD2, CD7, CD28,
CD29 und CD80 nachweisen. Die Zunahme von CD28-Molekülen auf der
Oberfläche von CD4+ und CD8+ T-Zellen ist besonders bemerkenswert,
da mit zunehmender Signalstärke des über CD28 vermittelten Signals
die Differenzierung einer T-Zelle auf die TH2-Entwicklung
ausgerichtet wird. Die Aktivierung von T-Lymphozyten ist außerdem
mit markanten Veränderungen im Expressionsmuster einzelner CD45
Isoformen verknüpft. Die Induktion der CD45RO Isoform und der
Verlust von CD45RA waren beim Schwerstverbrannten besonders
auffällig. Die durchflusszytometrische Bestimmung des
Aktivierungsstatus des Immunsystems hat unseres Erachtens das
Potenzial einer Standardmethode zur Ermittlung von
Hochrisikopatienten mit deren Hilfe immunsupprimierte Patienten und
solche mit SIRS und Sepsis unterschieden werden können. Die
zentrale Vorbedingung für eine effektivere Sepsistherapie stellt
eine verbesserte Diagnostik im Sinne kontinuierlicher
zellbiologischer Informationen („Online-Monitoring“) am Krankenbett
dar, um die meist sehr schnell wechselnden immuninflammatorischen
Zustandsbilder direkt zu erkennen und einer zeitgerechten,
individuell adaptierten Behandlungsintervention zuzuführen.

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