Protektive in vitro Wirkung mitochondrialer Entkoppler auf die Apoptose in Leukämiezellinien

Protektive in vitro Wirkung mitochondrialer Entkoppler auf die Apoptose in Leukämiezellinien

Beschreibung

vor 22 Jahren
Den überwiegend in den Mitochondrien lokalisierten Membranproteinen
der Bcl-2-Familie wird eine besonders kritische Bedeutung beim
Schutz der Zelle gegen den apoptotischen Zelltod beigemessen. Der
genaue Wirkungsmechanismus dieser Proteine ist bis dato unbekannt.
Sie sind aber in der Lage, in der mitochondrialen Membran Kanäle zu
bilden und dadurch den funktionellen Veränderungen in den
Mitochondrien im Verlauf der Apoptose sowie ihrer Schwellung
entgegenzuwirken. Eine Störung des mitochondrialen
Elektronentransports und die Öffnung der sogenannten „permeability
transition“-Pore sind als frühe Ereignisse im Verlauf des
apoptotischen Zelltodes bekannt. Der Entkoppler mitochondrialer
Atmung und Phosphorylierung, FCCP, verursacht durch eine Erhöhung
der Permeabilität der inneren mitochondrialen Membran für Protonen
ähnliche Störungen der mitochondrialen Funktion. Ziel dieser Arbeit
war es, den Effekt des mitochondrialen Entkopplers FCCP alleine
oder in Kombination mit bekannten Apoptoseinduktoren, wie dem
Proteinkinase C-Inhibitor Che und dem
Serin/Threonin-Proteinkinasehemmer Sts zu untersuchen. Desweiteren
sollten biochemische Mechanismen aufgeklärt werden, die der
Modulation der Apoptose durch FCCP in Leukämiezellinien des
lymphatischen (CCRF-CEM) und myeloischen (HL-60) Ursprungs zugrunde
liegen. Der Effekt mitochondrialer Entkoppler auf die durch Che und
Sts induzierte Apoptose sollte ausserdem mit der Wirkung bekannter
Modulatoren des programmierten Zelltodes wie Caspasehemmer zVAD und
Ca2+Mg2+-Endonuklease-Inhibitor ATA in gleichem Modellsystem
verglichen werden, um weitere Hinweise über die Stärke und Dauer
der apoptosemodulierenden Wirkung von FCCP zu erhalten. Die
durchgeführten in vitro Zellkulturuntersuchungen zeigten, dass eine
Inkubation der CCRF-CEM- und HL-60-Zellen mit FCCP dosisabhängig
den verzögerten Zelltod in beiden Leukämiezellinien induzierte. Im
FCS-haltigen Zellkulturmedium wurde in beiden Zellinien eine
Apoptose nach 18-stündiger Behandlung mit 4 µM FCCP in 25% der
Population beobachtet. 50% der HL-60-Zellen und 85% der
CCRF-CEM-Zellen waren apoptotisch oder tot, wenn 20 µM FCCP über
einen Zeitraum von 18 Stunden eingesetzt wurden. Ein FCS-Entzug
resultierte in der Sensibilisierung der CCRF-CEM- und
HL-60-Zellinien gegenüber FCCP: mehr als die Hälfte der Population
in beiden Leukämiezellinien waren bereits 12 Studen nach
Behandlungsbeginn mit FCCP apoptotisch bzw. tot. Die im Westernblot
demonstrierte Caspase-3-abhängige proteolytische Spaltung von PARP,
sowie die Reduktion des intrazellulären CPP-32-Spiegels
(Procaspase-3) zeigte sich bereits 6 Stunden nach Behandlungsbeginn
mit FCCP, statt, verglichen mit 24 Stunden unter normalen
Inkubationsbedingungen. Im Verlauf der durch FCCP induzierten
Apoptose konnten wir mittels konventioneller
DNA-Agarose-Gelelektrophorese keine oligonukleosomale
DNA-Fragmentierung (180-200 bp) nachweisen, mit Hilfe der pulsed
field-Gelelektrophorese wurden lediglich große DNA-Fragmente (15-40
kbp) aufgezeigt. Nach zweistündiger Inkubation mit 10 µM Che bzw.
achtstündiger Behandlung mit 300 nM Sts starben 90%
CCRF-CEM-Zellen, während 60% der HL-60-Zellen nach zweistündiger
Einwirkung von Che apoptotisch bzw. tot waren. Überraschenderweise
war die proteolytische Spaltung von PARP nach Behandlung beider
Zellinien mit einer niedrigeren Konzentration von Che (10 µM)
ausgeprägter als mit der höheren Konzentration des Proteinkinase
C-Hemmers (20 µM), obwohl die Anzahl der toten Zellen direkt
proportional zur eingesetzten Che-Konzentration war. Die Zugabe von
FCCP bzw. von Caspasen-Inhibitor zVAD verzögerten den durch Che und
Sts induzierten apoptotischen Zelltod: 20-40% mehr Zellen
überlebten innerhalb der ersten sechs Stunden der Inkubation, wenn
4-20 µM FCCP zum Inkubationsmedium zugegeben wurden, während nur
15-20% mehr Zellen bei Zugabe von 50 µM zVAD am Leben blieben. Der
protektive Effekt von zVAD und ATA war jedoch nur vorübergehend:
sechs Stunden nach Behandlungsbeginn mit Che oder Sts gab es keinen
statistisch signifikanten Unterschied im Überleben der Zellen. Die
Vorbehandlung mit ATA verhinderte komplett eine Apoptose in beiden
Zellinien, so daß diese mindestens einige Tage nach
Behandlungsbeginn mit Serin/Threonin-Proteinkinase-Hemmern intakt
blieben. Alle eingesetzten Modulatoren hemmten das Auftreten der
durch Che bzw. Sts ausgelösten biochemischen Zeichen der Apoptose,
wie oligonukleosomale DNA-Degradation, Abfall der PARP-Aktivität
und Aktivierung der Caspase-3. Eine 3-stündige Inkubation der
CCRF-CEM- und HL-60-Zellen mit 10 µM Che führte in beiden Zellinien
zu einem deutlichen Abfall der intrazellulären NAD+-, NADH-, NADPH-
und ATP-Konzentrationen. Insbesondere in der CCRF-CEM-Zellinie
stand die Senkung des intrazellulären Gehaltes an
Pyridinnukleotiden im Vordergrund, in den myeloischen HL-60-Zellen
war die ATP-Depletion ausgeprägter. Während FCCP oder zVAD den
Abfall der Energie- und Redoxäquivalente lediglich partiell
verhinderten, war ATA in der Lage, die Depletion von NAD+, NADH,
NADPH und ATP komplett zu inhibieren. Da FCCP und zVAD lediglich
die mit der Apoptose assoziierten biochemischen Phänomene, wie die
Aktivierung der Caspase-3 oder der Ca2+-Mg2+-Endonuklease und nicht
die Depletion der Energie- und Redoxäquivalente in Leukämiezellen
aufhoben, waren die durch die Einwirkung von Che aufgetretenen
Störungen des Energiestoffwechsels ein möglicher Grund, weshalb die
protektive Wirkung von FCCP und zVAD nur vorübergehend war.

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