SG #059: Studieren in Deutschland
Joanne und viele andere von Euch haben gefragt, ob ich etwas über
die deutschen Universitäten erzählen kann und darüber wie es ist,
in Deutschland zu studieren. Das werde ich heute machen! Wer in
Deutschland studieren möchte,
12 Minuten
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Beschreibung
vor 15 Jahren
Joanne und viele andere von Euch haben gefragt, ob ich etwas über
die deutschen Universitäten erzählen kann und darüber wie es ist,
in Deutschland zu studieren. Das werde ich heute machen!
Wer in Deutschland studieren möchte, der braucht zunächst einmal
die so genannte Hochschulreife. Das bedeutet, dass man einen
guten Schulabschluss braucht und eine bestimmte Anzahl an Jahren
in die Schule gegangen sein muss. Die allgemeine Hochschulreife
ist in Deutschland das Abitur, es gibt aber auch die
Fachhochschulreife. Es gibt feste Regeln, was man mitbringen
muss, um studieren zu dürfen. Das ist unterschiedlich von Fach zu
Fach und von Universität zu Universität. Außerdem ändert sich
derzeit das gesamte System in Deutschland: Es wird umgestellt auf
die international anerkannten Abschlüsse des Bachelor und Master.
Daher ist es gerade alles etwas chaotisch.
Angenommen, ich habe also das Abitur. Und ich möchte studieren.
Dann gibt es trotzdem noch ein Problem: Manche Fächer sind so
beliebt, dass zu viele junge Menschen diese Fächer studieren
möchten. Dann kann die Universität einen so genannten Numerus
Clausus einführen. Das ist Lateinisch. Es bedeutet: Nur wenn ich
einen bestimmten Abitur-Notendurchschnitt habe – also besonders
gute Noten im Abschlusszeugnis, darf ich studieren.
Jetzt sage ich Euch kurz, wie es früher war und heute manchmal
noch ist – da gab es nämlich das Diplom. Diese Diplomstudiengänge
werden fast alle verschwinden, weil sie durch den Bachelor und
Master abgeschafft werden. Aber ich sage Euch trotzdem, was das
war: Zunächst mal hat man zwei bis vier Semester studiert, das
war das Grundstudium. Ein Semester ist ungefähr ein halbes Jahr
lang. Dann gab es eine Vorprüfung, das so genannte Vordiplom.
Danach hat man nochmal vier bis sechs Semester studiert im
Hauptstudium, und am Ende gab es die Diplomprüfung. Ein Diplom
ist eine Urkunde, also ein wichtiges Zeugnis. In vier bis fünf
Jahren konnte man also ein Diplom machen. Ihr habt das vielleicht
schon einmal auf Visitenkarten gesehen: Es gibt in Deutschland
viele Diplom-Ingenieure.
Ich selber habe einen Magister Artium. Das ist so etwas ähnliches
wie ein Diplom. Aber einen Magister gibt es nur in geistes- und
sozialwissenschaftlichen Fächern. Dabei studiert man meistens ein
Hauptfach und zwei Nebenfächer. Ich hatte als Hauptfach
Amerikanische Kulturgeschichte gewählt, als Nebenfächer Politik
und Völkerkunde. Der Magister-Studiengang ist sehr frei, man kann
sich seinen Stundenplan frei zusammenstellen, und das hat
wirklich Spaß gemacht. Am Ende musste ich Prüfungen ablegen,
mündlich und schriftlich, und ich musste eine Magisterarbeit
schreiben, also ein Dokument zu einem bestimmten Thema, 120
Seiten lang.
Es gibt auch unterschiedliche Arten von Veranstaltungen in einem
Studium. Typisch sind Vorlesungen. Das bedeutet: In einem meist
sehr großen Saal steht ein Professor oder Dozent vorne an der
Tafel und erzählt eineinhalb Stunden lang etwas über sein Thema.
Die Studenten schreiben die Informationen mit und lernen sie
später zu Hause. Manche Vorlesungen sind Pflicht – es muss also
jeder Student dieser Fachrichtung in diese Vorlesung gehen. Das
wird kontrolliert. Oft gibt es auch am Ende eine Prüfung. Andere
Vorlesungen sind freiwillige Angebote – der Student kann
hingehen, muss aber nicht. Dann gibt es noch Seminare – das sind
dann Veranstaltungen mit weniger Studenten. Während in
Vorlesungen oft gleich hunderte von Studenten in einem Saal
sitzen, sind in manchen Seminaren nur zehn Studenten anwesend.
Hier wird Wissen vertieft und genauer auf ein Thema eingegangen.
Die Studenten müssen auch oft Referate halten – sich also auf ein
Thema besonders gut vorbereiten und dann vor den anderen
Studenten darüber einen Vortrag halten. Studenten untereinander
nennen sich übrigens Kommilitonen. Wenn das Semester vorbei ist,
hat man als Student aber noch keine Ferien, denn zunächst beginnt
die vorlesungsfreie Zeit. In dieser Zeit soll man zum Beispiel
Hausarbeiten schreiben – Arbeiten zu einem bestimmten Thema über
ungefähr 20-30 Seiten. Referate und Hausarbeiten werden benotet.
Und dann sind endlich Semesterferien.
Wer Hilfe braucht, der kann bei seinem Prof – das ist die
Kurzform für Professor – in die Sprechstunde gehen. Die meisten
Dozenten haben eine bestimmte Zeit in der Woche, in der sie für
die Studenten zur Verfügung stehen. Dann kann man Fragen stellen
und sich Hilfe holen.
Jetzt nochmal kurz zur derzeitigen Situation: Diplom und Magister
wird es also nicht mehr lange geben. Stattdessen den Bachelor –
der also ähnlich dem Grundstudium ist, und den Master, der das
Hauptstudium beinhaltet.
Es gibt noch eine Besonderheit in Deutschland: Das Staatsexamen.
Wer zum Beispiel Jura oder Medizin studiert, der muss am Ende
staatliche Prüfungen ablegen. Dies soll dafür sorgen, dass die
Qualität unabhängig und gleichbleibend ist.
Was kann ich Euch noch zum Thema Universität und Studieren in
Deutschland erzählen? Es gibt einige sehr große Universitäten,
wie zum Beispiel die in München. Hier habe ich studiert. Ich habe
in einer eigenen Wohnung gelebt – andere leben im Studentenheim
oder in Wohngemeinschaften, so genannten WGs. Ein Campusleben
gibt es in München nicht, weil jedes Institut in einem anderen
Gebäude untergebracht ist, und viele dieser Gebäude sind über die
Stadt verteilt. Es gibt also keinen zentralen Platz für alle
Studenten. Andere Universitäten wie Tübingen sind kleiner und
daher vielleicht auch besser geeignet für internationale
Studenten. Denn hier lernt man die anderen Studenten eher kennen.
In großen Universitäten ist es oft sehr anonym.
Ich werde oft von Euch gefragt, was Ihr tun sollt, wenn Ihr in
Deutschland studieren wollt. Ich kann es Euch leider nicht sagen,
weil ich selber nie in der Situation war! Ich empfehle Euch
daher, im Internet zu stöbern und gute Tipps gerne auch bei
SlowGerman.com auf die Homepage zu schreiben. Jede Universität
hat eine Studienberatung und diese kann Euch genau sagen, welche
Voraussetzungen Ihr für ein Studium in Deutschland braucht. Ich
wünsche Euch dafür jedenfalls viel Erfolg!
Text der Episode als PDF:
https://slowgerman.com/folgen/sg59kurz.pdf
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