Podcaster
Episoden
17.08.2025
16 Minuten
Ein unscheinbarer Fund im Keller des argentinischen Obersten
Gerichtshofs hat ein verdrängtes Kapitel der Vergangenheit neu
aufgerissen: Tausende Mitgliedsbücher der Deutschen Arbeitsfront,
Propagandafotos und Nazi-Symbole lagerten dort jahrzehntelang
unbeachtet. Was wie ein kurioser Zufall wirkt, entpuppt sich als
Spiegelbild der argentinischen Erinnerungspolitik – geprägt von
Verdrängung, selektiver Aufarbeitung und politischer
Instrumentalisierung.
Die Kisten waren bereits 1941 im Zuge von Polizeirazzien
sichergestellt worden, doch statt transparenter Aufarbeitung
verschwanden sie im Gerichtskeller. Historiker sprechen von
Verschleierung. Präsident Javier Milei inszeniert die späte
Wiederentdeckung nun als Akt der Transparenz, doch Kritiker sehen
darin vor allem Imagepflege. Denn Argentinien war nach 1945 nicht
nur Zufluchtsort für NS-Verfolgte, sondern auch für Täter wie
Eichmann oder Mengele – ein ambivalentes Erbe, das bis heute
fortwirkt.
Der Fund wirft daher zentrale Fragen auf: Sind Archive Orte der
Aufklärung oder der politischen Selbstrechtfertigung? Geht es um
historische Verantwortung – oder um ein Marketingprojekt für eine
Regierung, die sich weltoffen geben will, während sie das
Gedenken zugleich ökonomisiert? Die „Störfrequenz“-Folge zeigt,
wie eng Erinnerung, Macht und Schweigen verknüpft bleiben. Und
wie brüchig der Versuch ist, Geschichte mit Ausstellungen und
Pressekonferenzen zu bändigen, solange die eigentlichen Konflikte
nicht öffentlich verhandelt werden.
Mehr
17.08.2025
8 Minuten
In der aktuellen „Störfrequenz“-Folge spricht Holger Elias mit
Miles Rowan vom investigativen Journalistenkollektiv Unfold News
Research über das jüngste Treffen zwischen Donald Trump und
Wladimir Putin in Alaska. Offiziell blieb die Begegnung
ergebnisarm – doch gerade diese Leerstelle sorgt für Unruhe.
Rowan warnt: Was nicht verkündet wird, kann umso gravierender im
Hintergrund verhandelt worden sein – von Energie-Deals bis hin
zur Zukunft der Ukraine, die im schlimmsten Fall zur bloßen
Verhandlungsmasse degradiert wird.
Besonders kritisch beleuchtet das Gespräch Europas Rolle. Statt
als eigenständiger Akteur aufzutreten, klammert sich die EU an
die „transatlantische Freundschaft“, obwohl die USA unter Trump
ihre Verlässlichkeit längst verloren haben. Rowan spricht von
„Selbstverleugnung“: Europa müsse lernen, sich aus der
politischen Hörigkeit gegenüber Washington zu befreien und eine
unabhängige Außen- und Sicherheitspolitik aufzubauen.
Doch der wichtigste Punkt liegt für ihn nicht im Militärischen,
sondern im Inneren: Europas Überlebensfrage ist die Stärkung der
Demokratie. Populismus, Wahlmüdigkeit und autoritäre Versuchungen
bedrohen die Stabilität weit stärker als fehlende Panzer. Statt
Milliarden in den militärisch-industriellen Komplex zu pumpen,
brauche es Investitionen in Bildung, Teilhabe und soziale
Gerechtigkeit. Nur eine lebendige Demokratie sei langfristig der
wirksamste Schutz gegen autoritäre Rückfälle – nach innen wie
nach außen.
Mehr
15.08.2025
8 Minuten
Wer Lithium sagt, denkt an die grüne Zukunft: E-Autos, Batterien,
Klimarettung. Doch in der Atacama-Wüste zeigt sich, was dieser
schöne Schein verschweigt: ausgetrocknete Flussbetten, verdorrte
Felder, ganze Dörfer, denen das Wasser genommen wird – damit
Konzerne den »weißen Schatz« fördern können. In der neuen Folge
von Störfrequenz reisen wir mitten hinein in diesen globalen
Konflikt.
Es geht nicht nur um Technik und Märkte, sondern um
Macht,Abhängigkeiten und alte koloniale Muster in neuem Gewand.
Chile, einst Symbol für den Kampf um Ressourcen beim Kupfer, ist
heute Dreh- und Angelpunkt der Lithium-Ökonomie. Während die
Gewinne in den Norden fließen, bleiben im Süden Staub, Armut und
Umweltzerstörung zurück.
Doch die Geschichte geht tiefer: Wie verwandelt sich
dieEnergiewende in ein Geschäftsmodell für geopolitische
Dominanz? Welche Rolle spielen NATO, Investitionsabkommen und das
Vokabular von »Nachhaltigkeit«? Und: Ist der »Rohstoffkrieg« nur
die Fortsetzung imperialer Logik unter grünem Vorzeichen?
Redaktion: Holger Elias
Mehr
14.08.2025
27 Minuten
Emile Sagan seziert den politisch aufgeladenen Begriff »illegale
Migration« als Sprachwaffe, die Menschen entrechtet und das
Asylrecht aushöhlt. Kernthese: »Illegalität« ist kein
persönliches Delikt, sondern ein von außen verordneter Status,
der Rechte entzieht.
Juristische Basis sind die Genfer Flüchtlingskonvention. Auch das
Grundgesetz sichert das Recht, Schutz zu suchen – auch bei
»unerlaubter« Einreise; im Verfahren besteht legaler Aufenthalt.
Dennoch verbreiten Politik und Medien den Begriff und knüpfen
damit Migration an Kriminalität: Beispiele reichen von Boulevard
über Merz’ Rede von »illegaler Migration in unsere Sozialsysteme«
bis zu Tagesschau-Formulierungen. Die Wiederholung schaffe
Plausibilität, verschiebe Verantwortung von globalen Ursachen auf
Individuen und bereite restriktive Politik vor.
Empirie und Fallbeispiele zeigen Folgen: Racial Profiling,
Abschiebehaft, Familienabschiebungen, Pushbacks – eine Praxis,
die menschenrechtliche Standards verletzt. Sagan kontrastiert
dies mit Gegenbewegungen und juristischen Korrekturen, die
präzise Sprache einfordern. Fazit: Nicht Flucht ist illegal,
sondern die Entrechtung im Namen der Sicherheit.
Der Text plädiert für eine Rückeroberung der Öffentlichkeit –
durch aufklärerischen Journalismus, Kunst und klare
Begriffspolitik –, damit das Recht, Rechte zu haben, wieder
Ausgangspunkt der Debatte wird! Wir hören die Vertonung des
Beitrages »Illegal ist, was ihr draus macht«. Der ist erschienen
in der Zweiwochenschrift für Politik, Kunst und Wirtschaft
»Ossietzky«. Gelesen wird das Manuskript von Holger Elias.
Mehr
06.08.2025
25 Minuten
Es war nicht das Bild eines sinkenden Boots im Mittelmeer, das
den deutschen Diskurs über Migration 2024/25 prägte. Es war das
Echo eines einzelnen Satzes, gesprochen in der kühlen Klarheit
einer Talkshow-Kulisse, sachlich vorgetragen, präzise gesetzte
Silben: »Wir werden konsequent abschieben.« Friedrich Merz sagte
das nicht zum ersten Mal, aber diesmal klang es wie eine
Vollmacht. Für eine Politik der kalten Hand. Für eine
Gesellschaft, die ihr Mitgefühl in ein Lager am Rand verbannt...
Hören Sie heute in "Störfrequenz" »Die Rhetorik der Vertreibung«
von Holger Elias. Der Beitrag erschien in der Zweiwochenschrift
für Politik, Kultur und Wirtschaft »Ossietzky«, Sonderausgabe 15
/16 vom 26. Juli 2025.
Sprecher: Holger Elias und Sebastian Heiligstedt
Mehr
Über diesen Podcast
Störfrequenz ist dein akustisches Gegensignal zur politischen
Reizüberflutung. Holger Elias, langjähriger Journalist und
ehemaliger Reuters-Korrespondent, nimmt dich mit hinter die
Kulissen von Schlagzeilen, Systemroutinen und medialen
Verzerrungen. Mit präziser Sprache, kritischem Blick und
gelegentlich satirischem Ton analysiert er das, was andere lieber
ausblenden. Politik. Wirtschaft. Kultur. Machtverhältnisse. Und
das, was sie verschweigen. In jeder Folge: journalistische
Reflexion – ohne PR-Filter. Störfrequenz – weil der zweite Blick
oft der wichtigste ist.
Kommentare (0)