Podcaster
Episoden
07.11.2025
41 Minuten
Kinderkrippen existierten in der DDR seit den 1950er-Jahren und
galten dort als modern und fortschrittlich. Schon ab dem
Säuglingsalter wurden viele Kinder in staatlichen Tages-, Wochen-
oder Dauereinrichtungen betreut. Besonders die Wochenkrippen
stehen heute im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, weil
sich immer mehr ehemalige „Wochenkinder“ zu Wort melden und über
psychische Folgen berichten, die sie bis ins Erwachsenenalter
begleiten. In der alten BRD fehlte Kinderbetreuung nicht völlig,
sie war aber stark begrenzt und gesellschaftlich wenig
akzeptiert. Dauereinrichtungen wie Säuglingsheime existierten
zunächst, doch nachdem in den 1960er-Jahren gravierende
Hospitalisierungsschäden bei den Kindern festgestellt wurden,
baute man diese Einrichtungen fast vollständig ab. Heute
erscheint es kaum vorstellbar, wenige Wochen alte Babys in ein
Heim zu geben. Betreuung von Vorschulkindern in Kindergärten
allerdings ist für die meisten Familien in Deutschland heute
mittlerweile Alltag und gesellschaftlich akzeptiert. Dennoch
entzündet sich an den DDR-Kinderkrippen bis heute ein
ideologischer Streit. Während sie den einen als Beleg für die
Unmenschlichkeit der Diktatur gelten, betrachten andere sie
weiterhin als fortschrittliches Modell, das es Müttern
ermöglichte, früh wieder arbeiten zu gehen. Wir sprechen heute
über dieses Thema mit Dr. Carolin Wiethoff.
Wiethoff studierte Neuere und Neueste Geschichte, Osteuropäische
Geschichte und Volkskunde an der Westfälischen
Wilhelms-Universität Münster. Sie ist wissenschaftliche
Mitarbeiterin an der Professur für Allgemeine
Erziehungswissenschaft der Universität Erfurt. Ihre
Forschungsschwerpunkte sind Bildungsgeschichte der DDR, Medizin
in Diktaturen sowie die Geschichte der Sozialpolitik und der
sozialen Sicherung in Deutschland. Bei De Gruyter ist im Juli das
Buch Allein unter vielen Alltag, Ausbau und Krise der
Kinderkrippen in der DDR 1950–1968 erschienen.
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02.10.2025
46 Minuten
Fake News, Politikverdrossenheit, Autoritarismus. Ideale der
Aufklärung, wie Demokratie, Gleichheit, Freiheit, Universalismus
und das Vertrauen in rationales Denken sind heute zunehmend unter
Beschuss. Dabei wird die Aufklärung nicht nur von ihren
offensichtlichen Feinden attackiert, sondern steht seit
Jahrzehnten auch von ihren Befürwortern in der Kritik, weil sie
hinter die eigenen Ansprüche zurückzufallen droht. Philosoph
Markus Tiedemann hat mit seinem Buch
Post-Aufklärungs-Gesellschaft. Was wir verlieren und was uns
bevorsteht eine engagierte Verteidigungsschrift für die Werte der
Aufklärung verfasst. Aufklärung, sagt er, ist das Beste, was die
Menschheit je hervorgebracht hat. Trotzdem konstatiert er das
Ende der Epoche der Aufklärung - und wagt den kritischen Blick
nach vorne, in eine Welt nach der Aufklärung.
Prof. Markus Tiedemann studierte Philosophie, Psychologie,
Geschichte und Erziehungswissenschaft. Nach dem Studium arbeitete
er zwölf Jahre als Lehrer und Fachseminarleiter an einer
Gesamtschule und am Hamburger Institut für Lehrerbildung und
Schulentwicklung. Er lehrte an der Johannes Gutenberg-Universität
in Mainz, der Freien Universität Berlin und folgte dann einem Ruf
an die Technische Universität Dresden, wo er die Professur für
Didaktik der Philosophie und für Ethik innehat. Zu seinen
Arbeits- und Interessensschwerpunkten zählen Philosophiedidaktik,
normative Integration und De-Radikalisierung und ethische
Orientierung in der Moderne. Er ist Vorsitzender des „Forums für
Didaktik der Philosophie und Ethik“ und Mitherausgeber der
„Zeitschrift für Didaktik der Philosophie und Ethik“. Bei Brill I
Mentis erschien von ihm das Buch Post-Aufklärungs-Gesellschaft,
welches 2025 auch in englischer Übersetzung veröffentlicht wurde:
Post-Enlightenment-Society. What we are losing and what lies
ahead.
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05.09.2025
46 Minuten
Migration ist eines der derzeit meistdiskutierten Themen in
Politik und Gesellschaft. In der polarisierten Debatte überwiegen
Positionen, die in der Migration nicht den historischen
Normalfall, sondern ein gesellschaftliches Problem sehen, das
dringend gelöst werden muss. Büchner-Preisträgerin Ursula Krechel
interveniert in diese Debatte und hebt sich von ihr deutlich ab,
indem sie in ihrem neuen Buch Schlüssel, Pass, Fluchtboot
(Erscheinungstermin: 6. Oktober 2025) aus ungewohnter Perspektive
auf das Begriffspaar Migration und Remigration blickt. An der
Schwelle von Literatur und Geschichte spürt Ursula Krechel leisen
Zwischentönen nach, erzählt in historischen Vignetten von
Geschichten des Aufbruchs und der Rückkehr, von Flucht und
Ankunft, und fragt nach der Rolle von Erinnerung für unsere
heutige Auffassung von Zugehörigkeit und Gemeinschaft.
Foto: Inge Zimmermann
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08.08.2025
39 Minuten
Günter Grass gehört zweifelsohne zu den einflussreichsten
deutschsprachigen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts, nicht
erst seit seiner Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis 1999.
Bei De Gruyter ist im Februar das erste Handbuch zu Günter Grass
erschienen, das alle biografischen Phasen und literarischen
Facetten des Schriftstellers erschließt. Aber warum sollten wir
uns heute noch mit Günter Grass beschäftigen? Was hat er uns
heute zu sagen? Darum geht's in dieser Folge von Wagnis Wissen.
Zu Gast ist Christoph Jürgensen, er ist Professor für neuere
deutsche Literatur und Literaturvermittlung an der
Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Er arbeitet
literatursoziologisch und forscht unter anderem zu
Gegenwartsliteratur und Popmusik. Bei De Gruyter hat er zusammen
mit Michael Scheffel das Günter Grass Handbuch herausgegeben.
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04.07.2025
48 Minuten
Komapatienten künstlich am Leben erhalten? Pränataldiagnostik
einsetzen, um Behinderungen zu vermeiden? Hightech-Chips im
Gehirn gegen Lähmungen? Und was heißt eigentlich Gerechtigkeit im
Gesundheitswesen? Darf man alles tun, was medizinisch möglich ist
– oder braucht medizinischer Fortschritt auch ethische Grenzen?
In dieser Folge von WAGNIS WISSEN sprechen wir mit der
Medizinethikerin Bettina Schöne-Seifert über die schwierigen
Abwägungen zwischen Machbarkeit und Moral – und darüber, welche
Orientierung die Medizinethik in einer Welt voller
medizinisch-technischer Möglichkeiten geben kann.
Prof. Dr. Bettina Schöne-Seifert studierte Humanmedizin und
Philosophie/Bioethik in Freiburg, Göttingen, Wien, Los Angeles
und Washington DC. Von 2003 bis 2023 hatte sie den Lehrstuhl für
Medizinethik an der Universität Münster inne und ist seitdem
Seniorprofessorin am Institut für Ethik, Geschichte und Theorie
der Medizin. Sie war Gründungsmitglied des 2001 einberufenen
Nationalen Ethikrats bzw. des nachfolgenden Deutschen Ethikrats.
Sie ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften
Leopoldina, der Academia Europaea, des International Bioethics
Committee der UNESCO (seit 2022) und Mitglied des Zukunftsrat der
Bundesregierung (seit 2022). In ihrer Forschung beschäftigt sie
sich mit ethischen Fragen der modernen Medizin, darunter
Reproduktionsmedizin, Sterbehilfe, Forschungsethik,
Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitssystem,
Stammzellforschung, Enhancement und Psychiatrie-Ethik.
Bei Brill I mentis hat Prof. Schöne-Seifert im letzten Jahr
zusammen mit apl. Prof.Dr. Johann S. Ach den Titel Informed
Consent in der Medizin: Begründung, Voraussetzungen, Kontroversen
herausgegeben.
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Über diesen Podcast
Wie gerecht ist unsere Sprache? Welche Ethik braucht künstliche
Intelligenz? Wie gestalten wir lebenswerte Städte? Wir wollen es
wissen – also fragen wir bei denen nach, die sich am besten damit
auskennen. Bei WAGNIS WISSEN spricht Journalistin Nadine Kreuzahler
mit Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft über drängende
Fragen der Gegenwart. ► Website:
https://www.degruyter.com/publishing/wagnis-wissen
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