Eigentlich Podcast
Reden beim Laufen und laufend Reden - über Film, Technik und Psychotherapie
Podcaster
Episoden
04.12.2025
1 Stunde 25 Minuten
Bei einem vorweihnachtlichen Spaziergang durch Charlottenburg
spreche ich mit der Psychotherapeutin Anja Ulrich über
„Sozialenergie“ (Günter Ammon), über „Soziale Energie“ (Hartmut
Rosa) und darüber, wie sich diese Form psychischer Energie in der
Gruppentherapie zeigt. Es geht also um Energie, weshalb es uns
passend erscheint, dass wir die Tour vor dem ehemaligen
Bewag-Abspannwerk in der Leibnizstraße, Ecke Niebuhrstraße,
beginnen. Heute unter dem Namen „MetaHaus“ bekannt, versorgte das
Gebäude mit Stahlskelett und roter Klinkerfassade seit den späten
1920er-Jahren Charlottenburg mit Strom. Der Begriff „Soziale
Energie“ zieht, vor allem wegen der Forschung des Soziologen
Hartmut Rosa, immer größere Kreise. Anja Ulrich und ich finden
viele vertraute Ideen in seinen Gedanken, da unser
Ausbildungsinstitut seit den 1970er-Jahren mit dem Konzept der
„Sozialenergie“ der Psychoanalyse eine Weiterentwicklung bescherte.
Der Psychiater, Psychoanalytiker und Mitbegründer unseres
Ausbildungsinstituts, Günter Ammon, hat in seinem Theoriegebäude
die Triebenergie Freuds (Libido) durch die Sozialenergie ersetzt.
In den Shownotes verlinkt: ein längerer Artikel von 1982. Trotz
vieler Gemeinsamkeiten gibt es auch deutliche Unterschiede. Hartmut
Rosa, aufbauend auf seinem Konzept der Resonanz, beschreibt Soziale
Energie als relationales Phänomen, das in Resonanzbeziehungen
entsteht. Energie ist hier keine individuelle Ressource, sondern
eine dynamische, zirkuläre, nicht speicherbare Qualität gelingender
Interaktion, die Menschen im Kontakt belebt und transformiert.
Günter Ammon versteht Sozialenergie als gruppendynamisch erzeugte
psychische Kraft, die die Ich-Struktur aufbaut und
Identitätsentwicklung ermöglicht. Während Rosa einen
phänomenologisch-soziologischen Fokus auf Resonanz legt, betont
Ammon die strukturbildende Funktion sozialer Felder im Rahmen der
Dynamischen Psychiatrie. Die heutige Tour führt uns vorbei an den
Läden der Wilmersdorfer Straße, zur Deutschen Oper, über den
Richard-Wagner-Platz, die UdK, die Paris Bar und schließlich zum
Berliner Institut der Deutschen Akademie für Psychoanalyse in der
Kantstraße. Dann ist der Ofen aus.
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20.11.2025
1 Stunde 21 Minuten
Flo trifft in dieser Episode zum zweiten Mal auf Rolf Behringer vom
Verein Solare Zukunft – diesmal in Freiburg. Gemeinsam spazieren
wir durch den Stadtteil Vauban, wo Rolf frühe nachhaltige
Bauprojekte mit Photovoltaik und Niedrigenergiehäusern vorstellt.
Dabei sprechen wir über aktuelle Entwicklungen wie Balkonkraftwerke
und neue Speichermöglichkeiten. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren
Energien hat sich bereits gut entwickelt, und mit Freiburger
Leuchtturmprojekten wie dem Heliotrop oder dem Sonnenschiff hat die
Energiewende Anlauf genommen. Doch die großen Sektoren wie Wärme
und Verkehr müssen noch deutlich nachhaltiger werden. Auf unserer
Wanderung setzen wir uns mit den unterschiedlichen
Herausforderungen auseinander, vor denen unsere Gesellschaft steht
und versuchen den Blick in die Zukunft nicht zu dystopisch werden
zu lassen. Wir finden etwas Erleichterung in den Utopien des
Solarpunks. Am Ende unserer Tour stehen wir vor dem Solarhaus –
aber über den Zaun klettern wollen wir dann doch lieber nicht.
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06.11.2025
2 Stunden 2 Minuten
Weiter geht's mit dem Halloween-Special zu Body Horror. Reinhard
ist wieder dabei, Chris jedoch nicht. Der hat sich mit Zelt und
Isomatte in die Wildnis verabschiedet. In dieser Episode widmen wir
uns zwei weiteren Filmen des Genres: "The Substance" und
"Together". Laufen beim Reden und laufend reden. Unterwegs im
Treptower Park, wo uns zum Schluss ein ganz anderer Horror einholt:
das dritte Aufnahmegerät hat nicht aufgenommen (Micz vergaß den
Hold-Schieber auf eben jenes "Hold" zu schieben). Wir mussten
Reinhards Tonspur akribisch aus den anderen beiden Spuren
herausschneiden. In "The Substance" von Coralie Fargeat steht der
weibliche Körper im Zentrum einer von Außen auf den Körper
projizierten Selbstoptimierungsspirale. Elizabeth Sparkle, einst
gefeierte Schauspielerin, wird älter – und damit für die Kamera
untauglich. Ein mysteriöses Serum namens „The Substance“ verspricht
Verjüngung. Ein zweites Ich, jung, schön, makellos, bricht durch
den Rücken in die Welt. Die Gebrauchsanweisung sagt deutlich: alle
sieben Tage müssen sich jung und alt abwechseln. Doch dieses zweite
Selbst beginnt, das erste zu verdrängen – bis Identität, Fleisch
und Selbstbild in einem grausamen Machtkampf verschmelzen. Fargeat
inszeniert diese Verwandlung als blutiges Schauspiel über
Körperbesitz, Leistungsdruck und das Begehren, gesehen zu werden.
Im Anschluss reibt Flo Lacans Konzept des "Realen" am Schleim und
Formlosen des Films. Wo "The Substance" Körpergrenzen auflöst, wird
das Reale zum Ort des Unbegreiflichen – jener Überschuss, der sich
der Symbolisierung entzieht. Der Film lässt uns körperlich spüren,
was Lacan nur andeuten konnte: dass das Reale keine äußere
Bedrohung ist, sondern etwas, das unaufhörlich in uns arbeitet. Der
zweite Film, "Together" von Michael Shanks, erweitert das Thema
Körperhorror um eine groteske Komödiennote. Alison Brie und Dave
Franco spielen ein Paar, dessen Beziehung nach dem Umzug auf's Land
zerbröselt, als ein bizarrer Selbstfindungstrip zur physischen
Eskalation führt. Durch ein unerklärliches Phänomen werden die
beiden aneinandergebunden, besser noch ineinanderverwickelt und
-verstrickt. Die Geschichte ist in eine Farce über Abhängigkeit,
Selbstauflösung und die möglicherweise Unmöglichkeit, wirklich
„eins“ zu werden. Shanks inszeniert diesen Körper- und
Beziehungsknoten als Mischung aus Beziehungsdrama und Splatter.
Hier spricht Micz über Julia Kristevas Konzept des "Abjekts" –
jenes Moments, in dem das Ich sich selbst nicht mehr von dem
unterscheiden kann, was es abstößt. "Together" zeigt das Abjekt als
Auflösung der Trennung zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Ich
und Du. Das eklig Verschmelzende wird zum Beweis dafür, dass unser
Selbstbild auf einer dünnen Haut beruht.
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23.10.2025
1 Stunde 38 Minuten
Diese Episode wieder in neuer Konstellation – wir sprechen zu viert
im Sitzen über Horrorfilme, speziell über Body-Horror. Reinhard
Günzler und Chris sind zu Gast und jeder hat einen Body-Horrorfilm
zum Besprechen mitgebracht: Reinhard stellt „Titane" vor und Chris
hat sich ganz frisch im Kino „Weapons" angeschaut. Eigentlich
wollten Micz und Flo noch weitere Body-Horrorfilme vorstellen, aber
„The Substance" und „Together" verschieben wir auf die nächste
Episode EGL090. Bevor wir in die einzelnen Filme einsteigen,
schärfen wir die Definition von Body-Horror und kommen dabei immer
wieder auf einen maßgeblichen Vertreter des Genres zu sprechen:
David Cronenberg. Cronenberg schuf mit „Die Fliege", „Videodrome",
„Crash" und vielen weiteren Filmen die Archetypen des Body-Horrors,
bei denen es um Körperverlust, Grenzerfahrungen und Metamorphosen
geht. Der Horror entsteht aus einer vertrauten Körperwahrnehmung,
die invasiv gespiegelt wird. In den neueren Filmen des Genres
stellen wir fest, dass besonders Regisseurinnen ihrer Kunst
Ausdruck verleihen, da gerade hier die Zwänge, denen der weibliche
Körper innerhalb eines patriarchalen Systems ausgesetzt ist,
bildgewaltig dargestellt werden können. Der französische Film
„Titane" von 2021 von Julia Ducournau verdichtet diese Themen in
ein Kompilat, das immer wieder die Geschichte sprengt. Reinhard
fasst das folgendermaßen zusammen: „Man könnte den Film auch als
eine tödlich endende Passionsgeschichte beschreiben, als einen
brutalen Kreuzweg oder eine dreifache Metamorphose. Also die erste
Metamorphose ist vom Mensch zur (Tötungs-)Maschine, dann von einer
Maschine zu einem Mann und/oder Sohn und schließlich von einem
jungen Mann/Sohn wieder zurück zur Frau und sogar zur Mutter." Der
Film löst in diesen Verwandlungsetappen die gesellschaftlichen und
psychologischen Geschlechterrollen auf. Hinter dem Horror wird eine
Geschichte von Einsamkeit und wiederentstehenden Vertrauen erzählt.
Diese und andere gesellschaftlich relevante Themen sprechen wir
auch dem jüngst im Kino gezeigten Film „Weapons" von Zach Cregger
zu, der das schlagartige Verschwinden einer gesamten Schulklasse
zum Thema macht. Bis auf die Erzählfigur Alex, 11 Jahre, rennen
alle Kinder mit halb ausgestreckten Armen zu genau der gleichen
Uhrzeit in die Nacht hinein und werden nicht mehr gesehen. Der Film
ist episodisch erzählt und baut handwerklich geschickt die Spannung
und den Horror auf. Chris berichtet, dass er während des Films
schnell aufs Klo gehen musste und, um nichts zu verpassen, im
eiligen Laufschritt durchs Kino gegangen ist und dabei
geistesgegenwärtig die Arme so gestreckt hält, wie die Kinder beim
Verschwinden. Das ganze Kino schreckt zusammen angesichts der
gebrochenen Fiktion im Kinoraum. Wir lachen sehr bei dieser
Anekdote. „Weapons" reißt gesellschaftlich relevante Themen auf wie
Altersdiskriminierung, Alkoholismus, Pflegesystem, aber, wie Chris
es auf den Punkt bringt: „Vielleicht hat ‚Weapons' keinen tieferen
Sinn, aber das ist okay."
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09.10.2025
38 Minuten
In dieser späten Sommerloch-Episode zum Thema Stromgitarren reden
wir über "StringBender". Bei diesem auch "Pull-String" genannten
Gadget kann man die Tonhöhe einzelner Saiten verändern. "Bending"
(englisch für "biegen") bedeutet üblicherweise beim Gitarrenspiel,
eine Saite auf dem Griffbrett nach oben oder unten zu ziehen,
wodurch der Ton höher wird. Der "StringBender" tut das und erlaubt
gleichzeitig die Tonhöhe genau festzulegen. Wir sprechen über die
Geschichte des Gadgets und seine Wurzeln im Pedal-Steel Country und
neuere Modelle. Am weitesten verbreitet ist der sogenannte
B-Bender, der die H-Saite um einen Ganzton anhebt, gefolgt vom
G-Bender, der die G-Saite in der Regel um einen Halbton nach oben
zieht. Die technische Umsetzung erfolgt meist über den Gurtpin am
Hals, der durch Ziehen am Gitarrengurt aktiviert wird. Alternativ
gibt es Systeme mit einem oder mehreren Hebeln hinter der Brücke,
sogenannte "Palm Bender". Ein weiterer Player auf dem Markt ist der
"HipShot Bender", der über einen Hebel an der Hüfte ausgelöst wird.
Darüber hinaus existieren Systeme, bei denen Hebel parallel zu den
Saiten nach oben gezogen oder über den Unterarm der Schlaghand
bedient werden. Um den Bending-Effekt hörbar zu machen, stimmen
Micz und Flo eine große Terz und beenden diese dann auf eine kleine
Terz herunter. Ein Wow-Moment für Flo. Angereichert ist die Folge
mit Sound-Beispielen, und im Blogpost findet ihr eine Liste von
Modellen inklusive vieler DIY-Videos im Netz.
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