Zentrum Paul Klee
Lassen Sie sich unsere Werke von Paul Klee auf informative und unterhaltsame Art näherbringen. Die Inhalte der Podcasts bieten den HörerInnen klassiche Werkbeschreibungen und Hintergrundinformationen zu ausgewählten Exponaten von Paul Klee.
Podcaster
Episoden
17.03.2017
2 Minuten
In der Zeit um 1919, nach seinen Erfahrungen im 1. Weltkrieg und
nach den ersten Erfolgen auf dem Kunstmarkt nahm Paul Klee das
Thema der Selbstwahrnehmung und der Selbstreflexion in zahlreichen
Selbstporträts auf. Das bekannteste unter ihnen ist die
Bleistift-Zeichnung «Versunkenheit». Klees Thema war hier weniger
die Reflexion über die Rolle des Künstlers, als vielmehr die
Selbstdarstellung eines nach innen Schauenden, Meditierenden. Der
Künstler blickt nicht mehr nach aussen, sondern schaut in sich
hinein. Die Augen sind fest geschlossen, die Ohren fehlen. Keine
äusseren Störungen und Einflüsse können ihn von seiner Meditation
ablenken. Diese Zeichnung liess er auch als Lithografie umsetzen
und in grosser Auflage drucken. Die Abzüge wurden zum Teil von Hand
koloriert. Paul Klee liess die lithografische Fassung von
«Versunkenheit» im Jahre 1919 in den Münchner Blättern für Dichtung
und Graphik publizieren und stellte sich damit selbst als
weltabgewandten Mystiker dar. Dieses Image wurde von ihm selbst
forciert und von ihm im Vorwort seiner ersten Biografie
festgeschrieben «Diesseitig bin ich gar nicht fassbar…».
Mehr
17.03.2017
3 Minuten
Paul Klees «hungrigem Mädchen» von 1939 möchte man nicht nachts in
einer dunklen Gasse begegnen. Er zeigt das Mädchen als
zähnefletschende Bestie mit weit aufgerissenen Augen. Von einem
menschlichen Wesen, oder gar von einem niedlichen Mädchen, ist
nichts geblieben. Ihre gesamte Erscheinung ist animalisch bis zu
den kleinen Strichen, die Klee für die Darstellung der Pupillen
verwendet. Vor allem im späten Schaffen widmet sich Klee ausgiebig
allem Menschlichen. Besonders interessieren ihn die
unterschiedlichsten Charakterzüge, Begierden und Triebe des
Menschen vom Kind bis zum Greis. So zeigt Klee in dieser
Darstellung nicht etwa ein ausgesprochen hässliches Mädchen.
Vielmehr wird das Mädchen erst zur hässlichen, animalischen Bestie,
weil es halt hungrig ist. Nichts kann das Mädchen ruhig stellen,
ausser das Stillen seines Verlangens. Klee verschafft der
verborgenen Psyche Ausdruck.Er hat das Bild in seiner
Lieblingstechnik der letzten Schaffensjahre gemalt: Kleisterfarbe.
Den Kleister dazu stellt er selber her und mischt Farbpigmente
hinzu. Beim «hungrigen Mädchen» verwendet Klee nur wenig
Pigmentpulver. Die Farbe bleibt so bis zu einem gewissen Grad
transparent und es entstehen feine Bläschen, die auch heute noch
sichtbar sind. Er beschränkt sich auf die Farben Blau, Rot, Grün
und auf Schwarz, die er flächig, in kräftigen Pinselstrichen
aufträgt. Auch die Unterzeichnung bleibt durch die Transparenz der
Farbe sichtbar. An einigen Stellen im unteren Bildteil und bei den
Zähnen verwendet Klee das Weiss des Blattes als Gestaltungsmittel.
Man erkennt gut, dass Klee sich in der endgültigen Ausführung nicht
ganz an die Vorgaben der Unterzeichnung gehalten hat. So sind ein
weiteres Augenpaar und Nasenlöcher links neben dem linken
ausgeführten Auge deutlich zu sehen. Neben dem rechten Auge ist
zudem noch ein Ohr ausgeführt, das Klee ebenfalls weglässt.
Mehr
17.03.2017
2 Minuten
Befremdend wirkt die «Puppe an violetten Bändern», die als
androgynes Mischwesen wie von unsichtbarer Hand gelenkt im Raum
schweben zu scheint. Zum ersten Mal zeigt sich in Klees Werk eine
menschenähnliche Figur als Marionette, ein Motiv das in seinem
späteren Schaffen eine grosse Bedeutung gewinnt. Die Puppe verhält
sich nach ihren eigenen Spielregeln, in völliger Schwerelosigkeit
schwebt sie zischen den violetten Bändern, ihre Füsse sind ausser
Funktion gesetzt, und da sie für diese folglich keine Verwendung
hat, sind ihr sinngemäss an Stelle der zwei Füsse, Hände gewachsen.
Die Hinterglasmalerei war seit dem 16. Jahrhundert in Mitteleuropa
weit verbreitet. Votivbilder, biblische Darstellungen und
Bauernszenen wurden zu tausenden als Winter Beschäftigung von
bäuerlichen Grossfamilien produziert und von Hausierern verkauft.
Klee kaufte sich einige Bilder auf der Auer Dult in München. Auch
Franz Marc und Wassily Kandinsky befassten sich mit dieser Technik
allerdings nicht wie Klee hauptsächlich wegen des Bildnerisch
experimentellen Charakters als viel mehr wegen der
Auseinandersetzung mit volkstümlichen Traditionen. Von Klee sind
heute 64 Hinterglasbilder bekannt. Diese stellen übrigens eine
konservatorische Herausforderung dar, da ihre Malschichten auf der
glatten Glasfläche nur sehr schlecht haften.
Mehr
17.03.2017
2 Minuten
Wie Picasso suchte auch Klee nach einfachen, modernen
Ausdrucksmitteln. Anders als Picasso, der vom magischen Reiz
«primitiver» Skulptur beeindruckt war, entdeckte Klee die Uranfänge
von Kunst in seinen eigenen Kinderzeichnungen. Anfänglich tastete
er sich vorsichtig an eine Reduktion der Form heran. In späteren
Jahren entwickelte er die absichtsvolle Unbeholfenheit zu seiner
spezifischen Ausdrucksform. Im Aquarell «Puppen theater» wird das
Theater zu einer imaginären Bühne der Kindheit. Das Blatt birgt
Abgründe, die man auf den ersten Blick nicht vermutet: Die
bänderartig gegliederten, buntfarbigen Figuren treten als
leuchtendes Negativ aus dem dunklen Grund hervor, bleiben aber in
diesen zugleich wie eingeschrieben. Die Puppe am Boden wirkt wie
achtlos liegen gelassen, das kleine Einhorn rechts schreitet stur
voran. Der Ambivalenz der Bildaussage entspricht die technische
Bearbeitung des Werks: Es ist zusammengesetzt aus zwei
Einzelteilen, deren Aussparung Paul Klee mit schwarzer
Aquarellfarbe retuschiert hat; das untere Teilstück ist das
Fragment des Blattes «Stilleben {{mit d. Würfel.}}», das Klee unter
der nächstfolgenden Werknummer 1923, 22, in seinen Œuvrekatalog
eintrug. So betrachtet, wird das Puppentheater zur doppelbödigen
Bühne mit einer vegetativen «Unterwelt».
Mehr
17.03.2017
3 Minuten
Paul Klee interessiert sich nur selten für perspektivische
Konstruktionen von Räumen, Architekturen und Orten. Schon früh
wendet er anstelle der traditionellen Zentralperspektive lieber
freie Konstruktionsweisen an, die vor allem von kubistischen
Gestaltungsideen inspiriert sind – diese aber auch weiterführen.
Eine weitere Inspirationsquelle sind die metaphysischen Plätze und
Architekturen des italienischen Malers Giorgio de Chirico. De
Chiricos Schaffen der 1910er-Jahre mit seinen leeren, traumartigen
Plätzen und Räumen hat grossen Einfluss auf verschiedenste
Kunstschaffende, insbesondere auf die Surrealisten. In
«Zimmerperspektive mit Einwohnern» ist die Verwandtschaft zu den
Werken von de Chirico zu sehen. Klee konstruiert auf einfache Weise
den Blick in einen Raum. Ein paar kubische Möbel sowie die
Einwohner sind darin zu sehen. Die Einwohner «baut» Klee in die
Perspektive ein, drei Figuren scheinen auf dem Boden zu liegen,
drei weitere an der rechten Wand zu kleben. Sie sind nicht als
plastische Körper dargestellt, sondern als Konstruktionen flächiger
Formen. Sie wiedersprechen also der Dreidimensionalität der
perspektivischen Konstruktion indem sie einfach flach sind.Eine
Bleistiftzeichnung und eine farbige Fassung der «Zimmerperspektive»
aus dem Jahr 1921 sind erhalten. Zudem ist kurz vorher eine
ähnliche farbige Komposition unter dem Titel «Zimmerperspective mit
der dunklen Tür» entstanden. Die farbige Fassung hat Klee jeweils
mithilfe eines Ölpausverfahrens auf den Bildträger übertragen.
Deshalb sind wohl auf der Bleistiftzeichnung auch Ritzspuren zu
finden, die beim Durchpausen mit einem spitzen Gegenstand entstehen
können. Vier Jahre später überarbeitet Klee beide
«Zimmerperspektiven» und nennt sie neu «das andere Geisterzimmer»
und «Geisterzimmer mit der Hohen Türe». Die volumenlosen
Menschenfiguren werden demnach zu Geistern aus einer anderen
Sphäre.
Mehr
Über diesen Podcast
Lassen Sie sich unsere Werke von Paul Klee auf informative und
unterhaltsame Art näherbringen. Die Inhalte der Podcasts bieten den
HörerInnen klassiche Werkbeschreibungen und
Hintergrundinformationen zu ausgewählten Exponaten von Paul Klee.
Kommentare (0)