"Mozart/Mozart": Eine Zumutung für Verstand und Gehör

"Mozart/Mozart": Eine Zumutung für Verstand und Gehör

42 Minuten
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Texte, Kritiken und ein wöchentlicher Podcast über Kino, Erinnerung und die Magie der Bilder – zwischen VHS-Nostalgie, Streaming-Gegenwart und dem, was Film in uns auslöst.

Beschreibung

vor 1 Tag

Die ARD-Serie “Mozart/Mozart” ist ein Lehrstück darüber, wie man
große Stoffe klein, mutige Ansätze mutlos und historische Figuren
erstaunlich leblos inszenieren kann.


Was hier als moderne, feministische Neudeutung verkauft wird,
entpuppt sich schnell als unerquicklich glattes Konstrukt, das
weder dem historischen Stoff noch der eigenen
Gegenwartsbehauptung traut. Die Serie wirkt, als habe man Mozart
vor allem als Projektionsfläche gebraucht, nicht aus echtem
Interesse an seiner Zeit, seiner Kunst oder seiner Abgründigkeit,
sondern um zeitgeistige Thesen möglichst konfliktfrei
unterzubringen. Das Ergebnis ist eine Erzählung, die behauptet,
viel zu sagen, aber erstaunlich wenig zu riskieren bereit ist.


Das größte Problem liegt im Ton. “Mozart/Mozart” erzählt zwar
eine Geschichte, erstickt jedoch am eigenen Anspruch. Was hier
erzählt wird, bleibt substanzlos, weil es sich vor allem am
Zeitgeist abarbeitet, statt der Figur zu vertrauen, die sie
vorgibt zu rehabilitieren. Maria Anna Mozart wird nicht vertieft,
sondern funktionalisiert als Projektionsfläche aktueller
Haltungen. Dabei hätte in ihr eine große, eigenständige
Frauengeschichte gelegen. Diese Chance wird verspielt zugunsten
einer glatten Gegenwartsbehauptung. Verschärfend kommt hinzu,
dass die Serie auch den Zugang zur klassischen Musik beschädigt.
Mozarts Werk wird nicht getragen und nicht entfaltet, sondern von
modernen Popklängen überlagert. Das ist ein ästhetischer
Kurzschluss und für eine Serie über Mozart ein nahezu grotesker
Fehlgriff.


Auch visuell bleibt die Serie hinter ihren Möglichkeiten zurück.
Das Historische wirkt wie Kulisse, nicht wie gelebte Welt.
Kostüme und Räume sind ordentlich, aber seelenlos. Nichts riecht
nach Schweiß, Geldnot, Größenwahn oder Angst. Alles sieht nach
gut ausgeleuchtetem Bildungsfernsehen aus und genau so fühlt es
sich auch an.


Besonders unerquicklich ist die moralische Selbstzufriedenheit,
die über der gesamten Erzählung liegt. Statt Ambivalenzen
auszuhalten, werden sie geglättet. Statt Widersprüche zuzulassen,
werden sie erklärt. Die Serie will auf der richtigen Seite stehen
und vergisst dabei, spannend zu sein. Kunst aber entsteht selten
aus Absicherung, sondern aus Zumutung.


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Am Ende bleibt “Mozart/Mozart” eine Serie, an der alles falsch
ist. Falsch gedacht, falsch erzählt, peinlich in ihrer
Anbiederung und vollkommen belanglos in ihrer Wirkung. Sie nimmt
eine historisch hochinteressante Frau und einen der radikalsten
Künstler der Musikgeschichte und macht aus beidem ein angepasstes
Fernsehprodukt. Und das ist vielleicht das härteste Urteil, dass
eine Geschichte über Genie, Unterdrückung und Kunst am Ende vor
allem eines hinterlässt. Totale Gleichgültigkeit.


Streaming-Plattformen, die die Inhalte dieser Episode
anbieten (Stand: Dezember 2025):


“Miss Sophie - Same Procedure as Every Year” - Prime Video


“Jingle Bell Heist” - Netflix


“Oh. What. Fun.” - Prime Video


“Weihnachten zu Hause” - Netflix


“Mozart/Mozart” - ARD Mediathek


“Amadeus” - Sky/WOW


“A Chorus Line” - Prime Video


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