Oscars & Himbeeren - der Film- und Serien-Podcast
Texte, Kritiken und ein wöchentlicher Podcast über Kino, Erinnerung und die Magie der Bilder – zwischen VHS-Nostalgie, Streaming-Gegenwart und dem, was Film in uns auslöst.
Podcaster
Episoden
19.12.2025
32 Minuten
James Cameron ordnet sein eigenes Universum neu. “Avatar:
Fire and Ash” erzählt Pandora erstmals als geschlossene,
konfliktreiche Welt und findet mit den Asche-Na’vi und Oona
Chaplins Varang eine neue erzählerische Schärfe. Ein Film, der
dem “Avatar”-Franchise erstmals erzählerisches Gewicht und
emotionale Tiefe gibt.
“Avatar: Fire and Ash” ist der Film, in dem James Cameron sein
eigenes Mammutprojekt sichtbar zusammenführt. Es bleibt ein
“Avatar”-Film mit Pandora, mit großem Ernst und mit einer Welt,
die weiterhin auf Überwältigung setzt. Gleichzeitig wirkt dieser
dritte Teil deutlich bewusster in dem, was er erzählt. Die
Geschichte folgt einer klaren Linie, sie verzettelt sich nicht
mehr in bloßen Erweiterungen des Universums, sondern entwickelt
einen erzählerischen Zusammenhang, der trägt. Konflikte sind
präziser gesetzt, Figuren bekommen eine erkennbare innere
Bewegung und stehen nicht länger nur für Ideen oder Haltungen,
sondern für Entscheidungen, die den Verlauf der Handlung spürbar
prägen. Mit den Asche-Na’vi öffnet der Film zudem erstmals einen
kulturellen Raum innerhalb Pandoras, der rauer, widersprüchlicher
und weniger idealisiert ist und damit eine Tiefe einführt, die
den vorherigen Teilen spürbar gefehlt hat.
Besonders deutlich wird diese Entwicklung auf der emotionalen
Ebene. Der Film rückt näher an seine Figuren heran und nimmt ihre
Beziehungen ernst. Veränderungen geschehen nicht beiläufig,
sondern formen den Kern der Geschichte. Handlungen wirken nach,
Verluste hinterlassen Spuren, und die Erzählung gönnt sich
Momente, in denen das Geschehen wirken darf. In diesem Kontext
sticht Varang, gespielt von Oona Chaplin, besonders hervor. Ihre
Figur ist nicht nur eine Gegenspielerin, sondern eine Präsenz.
Die Art, wie sie sich bewegt, spricht und den Raum einnimmt,
verleiht ihr eine Autorität, die sich aus Körpersprache, Haltung
und innerer Konsequenz speist. Varang wirkt nie wie eine bloße
Funktion der Handlung, sondern wie ein Ausdruck dieser neuen,
harschen Facette der Pandora-Kultur.
Auch visuell folgt der Film dieser Haltung. Die Bilder sind
weiterhin von beeindruckender Kraft und Detailfülle, stehen
jedoch stärker im Dienst der Erzählung. Technik und Schauwert
unterstützen die Geschichte, statt sie zu dominieren. Das
verleiht dem Film eine neue Ruhe und Klarheit. “Avatar: Fire and
Ash” wirkt wie der Punkt, an dem James Cameron seine Erzählung
bündelt und fokussiert. Pandora erscheint hier nicht mehr nur als
Projektionsfläche für Schönheit und Harmonie, sondern als
komplexe Welt mit inneren Spannungen, kulturellen Brüchen und
Figuren, die diese Widersprüche tragen. Genau daraus bezieht
dieser Film seine erzählerische Geschlossenheit und seine
spürbare Reife.
“Avatar: Fire and Ash” läuft derzeit in den deutschen Kinos
(Stand Dezember 2025).
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12.12.2025
33 Minuten
“Stromberg - Wieder alles wie immer” ist kein echtes Comeback,
sondern eine routinierte Wiederverwertung. Der Film versucht
erkennbar, die Figur im aktuellen Zeitgeist zu spiegeln:
Machtmissbrauch, toxische Arbeitskultur und das unangenehme Erbe
alter Männerbilder. Doch dieser Versuch bleibt halbherzig. Kaum
wird es interessant, drückt der Film auf Reset und flüchtet sich
in bekannte Muster, alte Pointen und die sichere Komfortzone der
Serie. Statt Weiterentwicklung gibt es Wiederholung. Statt
Haltung bloß Andeutung. Dabei tut der Film so, als müsse man dem
Publikum heute erst erklären, dass “Stromberg” ein untragbarer
Charakter ist, obwohl das schon damals klar war. “Stromberg” war
nie als Missverständnis angelegt, sondern von Anfang an als
Zumutung.
Besonders unerquicklich wirkt dabei das penetrante Product
Placement, das jede vermeintliche Meta-Ebene unterläuft. Wenn
reale Marken derart sichtbar ins Bild gedrückt werden, entlarvt
das die eigentliche Motivation des Projekts. Ausgerechnet
“Stromberg”, einst Sinnbild für Abgründe im Arbeitsalltag,
verkommt hier zur Kulisse für Werbebotschaften. Christoph Maria
Herbst spielt “Stromberg” erwartbar präzise, Bjarne Mädel, Milena
Dreißig und Diana Staehly funktionieren zuverlässig in ihren
bekannten Rollen. Doch genau diese Routine ist Teil des Problems:
Niemand geht ein Risiko ein, niemand will diese Figuren wirklich
antasten oder weiterführen.
Unterm Strich fehlt diesem Film jede klare Richtung. Er will
reflektieren, aber nicht zuspitzen. Er will kritisch wirken, ohne
Konsequenzen zu ziehen. Er will anschlussfähig bleiben und sagt
deshalb am Ende nichts. Zur aktuellen Debatte über Macht,
Verantwortung und Veränderung trägt “Wieder alles wie immer”
nichts bei. Kein neuer Blick, kein Erkenntnisgewinn und vor allem
kein gesellschaftlicher Stachel. Nur die Erkenntnis, dass man
manchmal besser loslässt, statt auf Autopilot weiterzufahren.
“Stromberg - Wieder alles wie immer” läuft derzeit in den
deutschen Kinos (Stand Dezember 2025).
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05.12.2025
33 Minuten
Die neu aufgelegte “The Beatles Anthology” auf Disney+ fühlt sich
an wie ein sanftes Auffrischen eines ohnehin schon besonderen
Zeitdokuments, das seit seiner ersten Veröffentlichung im Jahr
1995 für viele Menschen etwas beinahe Intimes bewahrt hat. Man
merkt der Serie an, dass sie mit Respekt behandelt wurde, zumal
die Restaurierung von Peter Jackson und seinem Team durchgeführt
wurde. Die restaurierten Bilder wirken klarer, der Ton klingt
wärmer und präziser, ohne den Charakter des Materials völlig zu
glätten. Vieles, was früher ein wenig fern erschien, kommt einem
jetzt erstaunlich nah. Die Gesichter, die Stimmen und die kleinen
Gesten, all das wirkt nun vertrauter und lebendiger.
Ein schönes Geschenk ist die neue neunte Episode. Sie zeigt Paul,
George und Ringo in den 90er-Jahren bei der Arbeit an der
ursprünglichen Anthology, beim Blödeln, beim Diskutieren und beim
Nachdenken. Da liegt eine leise Melancholie in der Luft, aber
auch Humor und ein Gefühl von Frieden. Man sieht drei Menschen,
die eine gemeinsame Vergangenheit teilen, die größer ist als jede
einzelne Erinnerung, und genau dadurch bekommt die Serie eine
zusätzliche emotionale Tiefe. Es wirkt nie reißerisch und nie
erzwungen. Es ist einfach schön, diesen Momenten beizuwohnen.
Natürlich ist es keine radikale Neuerfindung. Ein Teil des
Bonusmaterials ist Fans schon früher begegnet und die technische
Überarbeitung ersetzt nicht die Patina der alten DVDs. Aber darum
geht es hier auch nicht. Diese Neufassung will nicht das Original
übertreffen, sondern es würdig weitertragen, mit behutsamen
Korrekturen, mit einem moderneren Klangbild und mit einem warmen
Blick zurück.
Insgesamt wirkt die neue “The Beatles Anthology” wie eine
Einladung. Sie lädt dazu ein, die Geschichte der Beatles noch
einmal neu zu betrachten, ohne die Magie von damals zu verlieren.
Sie macht das Vergangene nicht glänzender als es war, sondern
zugänglicher. Und vielleicht ist genau das ihr größter Wert. Sie
lässt uns ganz leise wieder spüren, warum diese vier Musiker uns
nach all den Jahrzehnten noch immer berühren.
Streaming-Plattformen, die die Inhalte dieser Episode
anbieten (Stand: Dezember 2025):
“The Beatles Anthology” - Disney+
“Warfare” - Sky/WOW
“Die Hand an der Wiege” (2025) - Disney+
“Die Rosenschlacht” - Disney+
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28.11.2025
36 Minuten
“Train Dreams” ist einer dieser seltenen Filme, die sich nicht
anbiedern, nicht hetzen und auch nicht versuchen, mit künstlicher
Dramatik Aufmerksamkeit zu erzwingen. Er erzählt das Leben des
Bahn- und Holzarbeiters Robert Grainier so unspektakulär, wie das
Leben eines Menschen nun einmal oft ist. Und genau darin liegt
die Kraft dieses Netflix-Films.
Die Inszenierung ist leise und entschleunigt. Die Kamera
beobachtet mehr, als dass sie inszeniert, und das funktioniert
erstaunlich gut. Die Bilder stimmen, die Atmosphäre trägt, und
Joel Edgerton spielt Robert mit einer Zurückhaltung, die am Ende
mehr über diesen Mann verrät, als es laute Szenen je könnten. Es
ist ein Film, der sich Zeit nimmt: für Landschaften, für
Stimmungen und für die kleinen Wechsel in einem Gesicht. Wer
schnelle Wendungen oder klassische Western-Konflikte erwartet,
wird hier definitiv nicht bedient. Aber wer sich auf die Ruhe
einlässt, bekommt ein sehr intensives Erlebnis.
Besonders stark ist, wie der Film große Themen wie Verlust,
Einsamkeit und Wandel nicht erklärt, sondern einfach spürbar
macht. Es gibt keine großen Monologe und keine Konstruiertheit.
Alles wirkt natürlich und uneitel. Der Schmerz, der Alltag und
die ständigen Versuche weiterzumachen. All das wird sehr
schlicht, aber sehr präzise erzählt.
“Train Dreams” ist kein Film für jeden Abend und nicht für jeden
Geschmack. Er ist langsam, melancholisch und streckenweise
schwer. Doch genau so soll er sein. Und wer diese Art von
Erzählung schätzt, bekommt ein herausragendes Werk, das lange
nachhallt. Kein lauter Oscar-Bittsteller, sondern ein stiller
Film, der seine Wirkung erst zeigt, wenn man danach noch eine
Weile sitzen bleibt.
Für Fans ruhiger, atmosphärischer Filme ist “Train Dreams” ein
ganz klarer Empfehlungstitel. Ein Film, den man nicht einfach nur
schaut, sondern den man einatmet.
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21.11.2025
26 Minuten
“Mr. Scorsese” ist eine jener Dokumentationen, die einem sofort
das Gefühl geben, man bekomme etwas Echtes zu sehen. Es ist nicht
nur ein Best-of großer Momente, sondern ein durchdachtes, ruhiges
Porträt eines Mannes, der das Kino geprägt hat und trotzdem
erstaunlich geerdet geblieben ist. Rebecca Miller begleitet
Martin Scorsese mit spürbarem Respekt und mit einer Ruhe, die
dieser Serie guttut. Nichts wirkt aufgeblasen und nichts unnötig
dramatisiert. Schritt für Schritt entsteht das Bild eines
Künstlers, der seine Arbeit seit Jahrzehnten mit derselben
Mischung aus Neugier, Selbstkritik und Leidenschaft betreibt.
Die Gespräche mit De Niro, DiCaprio, Spielberg und vielen anderen
haben etwas Intimes. Sie wirken nicht wie große Statements für
die Pressemappe, sondern wie Erinnerungen von Menschen, die ihn
über weite Strecken ihres Lebens begleitet haben. Gerade die
persönlichen Rückblicke, seine Kindheit in Little Italy, die
katholische Prägung, das fragile asthmakranke Kind im engen New
York der Nachkriegsjahre, lassen spüren, wie tief diese
Erfahrungen später in seinen Filmen weitergearbeitet haben. Viele
Motive, die sein Werk prägen, wirken nach dieser Dokumentation
fast zwangsläufig.
Besonders stark ist die Serie dort, wo Scorsese über seine Krisen
spricht. Momente, in denen Studios Druck machten, Projekte zu
scheitern drohten oder seine Vision infrage gestellt wurde. Die
Episode rund um Taxi Driver, in der er offen darüber spricht, wie
weit er zu gehen bereit war, um seinen Film zu schützen, zeigt
nicht nur seine Beharrlichkeit, sondern auch seine
Verletzlichkeit. Trotz all dieser Härte bleibt er erstaunlich
selbstironisch und nie selbstgefällig.
Millers Inszenierung ist zurückhaltend und präzise. Sie lässt
Scorseses Stimme Raum und vertraut auf seine Erinnerungen, ohne
sie zu überhöhen. So entsteht ein menschliches und oft
überraschend leises Bild eines Regisseurs, der sich nie auf
seinem Ruf ausgeruht hat.
“Mr. Scorsese” ist keine spektakuläre Enthüllungsdokumentation.
Sie braucht das auch nicht. Es ist ein ruhiges, sorgfältig
erzähltes und respektvolles Porträt eines Filmemachers, dessen
Filme unser Bild von Moral, Gewalt, Schicksal und Erlösung über
Jahrzehnte geprägt haben. Genau deshalb funktioniert diese
Dokumentation so gut. Sie lässt einen Mann sprechen, der sein
Leben lang versucht hat, die Welt zu verstehen, Bild für Bild.
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Über diesen Podcast
Immer freitags präsentiert Ronny Rüsch "Oscars & Himbeeren",
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und sein Co-Host Axel Max sich die Frage: Was ist neu bei Netflix,
Disney+, Amazon Prime & Co.? Welcher Film erhitzt die Gemüter?
Welche Serie wird jetzt schon gefeiert? Informativ. Unterhaltsam.
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