NEUAUFNAHME: Joseph Goebbels‘ „Michael“ – Bildungsroman eines gescheiterten Künstlers (Folge 269)

NEUAUFNAHME: Joseph Goebbels‘ „Michael“ – Bildungsroman eines gescheiterten Künstlers (Folge 269)

50 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten

Hinweis: Aufgrund unzureichender Tonqualität in der
ursprünglichen Aufnahme wurde dieser Beitrag neu eingespielt.


Joseph Goebbels – von dem Historiker Joachim C. Fest als „das
Gehirn der Manipulation der Seelen“ und als „eine der wenigen
echten Potenzen im Führungsapparat der Bewegung“ charakterisiert
– zählt zu den zentralen Figuren des Nationalsozialismus. Doch
hinter der öffentlichen Rolle als Propagandaminister verbarg sich
ein innerlich zerrissener Mensch: ein gescheiterter Künstler,
geplagt von körperlicher Behinderung, tiefem Selbstzweifel und
der rastlosen Suche nach Identität und Anerkennung.


Geboren im Rheinland als Sohn einer streng katholischen
Arbeiterfamilie, durchlebte Goebbels eine Jugend voller
Spannungen zwischen religiöser Prägung und intellektuellem
Ehrgeiz. Die nationalsozialistische Bewegung, die ihn zunächst
als körperlich wie geistig ungeeignet abtat, erschien ihm
schließlich als Ort der Erlösung – ein verhängnisvoller
Irrglaube, der sein Leben und das Millionen anderer zerstören
sollte.


Sein literarisches Projekt „Michael. Ein deutsches Schicksal in
Tagebuchblättern“, 1929 im Franz-Eher-Verlag erschienen, sollte
der Welt seine künstlerische Berufung beweisen. Goebbels verstand
das Werk als Ausdruck innerer Hingabe – ein „Denkmal deutscher
Inbrunst“, wie er es selbst formulierte. Doch in Wahrheit
offenbart der autobiografisch gefärbte Roman vor allem eines: das
Weltbild eines Mannes, der sich und andere der Ideologie opfert,
die ihm Halt zu geben scheint.


In seinem Tagebuch notierte Goebbels im Februar 1924 mit Pathos:
„Mein Roman in Tagebuchblättern bekommt Linie und Farben. Blut
strömt hinein; es ist ein Augenblick der schöpferischen Geburt in
mir. Dostojewski fungiert als Geburtshelfer. Goethe [hält] mit
seinem ‚Werther‘ formale Patenschaft.“ Doch trotz solcher
literarischer Anleihen bleibt der Zweifel allgegenwärtig: „Die
ersten Seiten sind die schwierigsten. Man muß den Ton finden, den
Duft, den Hauch: den Stil.“ Und am Ende des Schreibprozesses
steht eine resignative Bilanz: „Ich bin wohl zufrieden mit dieser
Geschichte. Aber doch bin ich froh, daß ich sie hinter mich
gebracht habe. Ich werde nie zu Frieden kommen!“


So zeigt sich in „Michael“ nicht nur der Wunsch eines Mannes,
sich als Künstler zu verwirklichen, sondern auch der innere
Abgrund, aus dem seine radikale Weltanschauung erwächst.

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