Folge 15 - Julia Grinberg, Schriftstellerin

Folge 15 - Julia Grinberg, Schriftstellerin

Das Journal einer Unzugehörigkeit
48 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten

Die Schriftstellerin Julia Grinberg, wäre die Literatur eine
Staffel von White Lotus, ist die Rebellin, die die Party crashed,
zu der sie selbst eingeladen hat. Vor wenigen Tagen, am 1. Juni,
schrieb sie auf ihrem Blog: „I did it my way. Heute vor 25 Jahren
habe ich eine Grenze überschritten.“ Es war allerdings nicht die
erste Grenze, die die Dichterin überschritt. Tochter eines
Offiziers der Roten Armee übersiedelte die Familie der 1970
geborenen Julia Grinberg von Kaserne zu Kaserne – von Kazan,
wolgaaufwärts nach Saratov, dann kurzzeitig an den Pazifik nahe
Japan, anschließend in die DDR und schließlich ins ukraninische
Dnipro, wo Julia Grinberg den größten Teil ihrer frühen
Sozialisation erlebte, zur Schule ging und Chemie studierte.
Welche Emotionen hinter dem gegenwärtigen Konflik in der Ukraine
mitschwingen, begreift Julia Grinberg auf eine komplexe und
vielschichte Weise. Sie organisierte nicht schon in den ersten
Tagen des Krieges Hilfskonvois nach Lwiw, sondern begann auch
ukrainisch, anstatt russisch zu sprechen. Zugleich thematisierte
Julia in ihrem Lyrik-Debüt das, was Luftwurzeln sind. Zusammen
mit Yevgeniy Breyger gründet sie in Frankfurt am Main Jahre
vorher den „Salon Fluchtentier.“ Und jetzt veröffentlichte die
Dichterin aus dem Rheingau im Elif Verlag das „Journal einer
Unzugehörigkeit.“ Wer dieses poetische Journal aufmerksam
verfolgt, wird nicht eingesogen in ein Knäul poetisch
dargebotener Zweifel und Unbehagen. Vielmehr entwirft Julia
Grinberg im Wechsel von prosaisch-tagesjournalartiger Notate und
poetischer Abbreviaturen einen Weg von zunehmender Souveränität,
darin auch die Schönheit dieser Texte besteht.

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