G 3/14 - "Klarheitseinwände im Einspruchsverfahren" - Entscheidung

G 3/14 - "Klarheitseinwände im Einspruchsverfahren" - Entscheidung

Umfang der Prüfung gem Art 101 (3) EPÜ von Änderungen im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren auf Klarheit (Art 84 EPÜ)
22 Minuten

Beschreibung

vor 5 Monaten
In dieser zweiten und abschließenden Folge sprechen Gerd Hübscher
und Lukas Fleischer über die verbundenen Entscheidung G 3/14 der
Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus dem Jahr
2004, wobei diese Episode den Leitsatz und den Prozess der
Entscheidungsfindung der Großen Beschwerdekammer behandelt.
Definition der Falltypen Die Große Beschwerdekammer sieht die
Vorlagefragen als Frage zur Auslegung des Art 101 (3) EPÜ, der die
Prüfung von im Einspruchsverfahren geänderten Unterlagen regelt.
Basierend auf den Vorlagefragen werden drei unterschiedliche
Falltypen definiert und teilweise Beispiele gegeben: Typ A i):
Fälle, in denen ein abhängiger Anspruch alternative
Ausführungsformen enthält (darunter möglicherweise eine oder
mehrere bevorzugte), wobei eine davon mit dem zugehörigen
unabhängigen Anspruch kombiniert wird. Typ A ii): Fälle, in denen
ein Merkmal aus einem abhängigen Anspruch in einen unabhängigen
Anspruch übernommen wird, wobei dieses Merkmal zuvor mit anderen
Merkmalen dieses abhängigen Anspruchs verbunden war und nun von
ihnen losgelöst ist. In der Vorlage geht es vielmehr um Fälle, in
denen eine Änderung nicht zu einem Klarheitsmangel führt, sondern
der angebliche Klarheitsmangel bereits in den erteilten Ansprüchen
bestand. Typ B): Fälle, bei denen ein abhängiger Anspruch
vollständig in einen unabhängigen aufgenommen wird. Zusammenfassung
Die Große Beschwerdekammer kommt nach langen Erwägungen zu dem
Schluss, dass die herkömmliche Rechtsprechungslinie korrekt ist und
im Einspruchsverfahren auch bei Änderungen nur in beschränktem
Umfang die Klarheit geprüft werden kann. Eine Klarheitsprüfung ist
in keinem der zuvor definierten Falltypen zulässig. Dass aber durch
Änderungen verursachte Klarheitsprobleme, also etwa durch die
Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung oder durch eine
Zwischenverallgemeinerung von Merkmalen aus abhängigen Ansprüchen,
bei der Prüfung im Einspruchsverfahren zu beanstanden sind, war
unstrittig und daher nicht Gegenstand der Entscheidung. Zwei
Argumente der Großen Beschwerdekammer sind in diesem Zusammenhang
besonders erwähnenswert: Klarheitsmängel können auch im Rahmen der
Prüfung anderer Einspruchsgründe (oder nationaler
Nichtigkeitsgründe) im Rahmen der Auslegung berücksichtigt werden,
indem unklare Merkmale breit ausgelegt werden. Die Beschränkung der
Prüfung von Klarheitsmängel im Einspruchsverfahren schafft insofern
Rechtssicherheit, als dass sie dem Ermessen der
Einspruchsabteilungen und Beschwerdekammern entzogen wird, um eine
willkürliche Entscheidungspraxis zu vermeiden und um zu verhindern,
dass Verfahren durch eine große Anzahl an Klarheitseinwänden
verschleppt werden. Ausgang des Ausgangsfalls Da die Große
Beschwerdekammer klargestellt hat, dass in Fällen - wie dem
Vorlagefall - die Klarheit bei der vollständigen Aufnahme eines
abhängigen Anspruchs in einen unabhängigen Anspruch nicht geprüft
werden kann, wurde der Klarheitseinwand gegen Hilfsantrag 1 nicht
zum Verfahren zugelassen. Der Gegenstand des Anspruchs 1, der eben
eine Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 3 enthielt,
wurde als neu und erfinderisch angesehen, sodass das Streitpatent
im Umfang des ersten Hilfsantrags aufrecht erhalten wurde. Leitsatz
Bei der Prüfung nach Artikel 101 (3) EPÜ, ob das Patent in der
geänderten Fassung den Erfordernissen des EPÜ genügt, können die
Ansprüche des Patents nur auf die Erfordernisse des Artikels 84 EPÜ
geprüft werden, sofern und dann auch nur soweit diese Änderung
einen Verstoß gegen Artikel 84 EPÜ herbeiführt.

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