Buchrezension: „33 erstaunliche Lichtblicke“ | Von Norbert Häring

Buchrezension: „33 erstaunliche Lichtblicke“ | Von Norbert Häring

7 Minuten

Beschreibung

vor 6 Monaten

Der Wissenschaftsjournalist der Welt, Axel
Bojanowski, will uns laut Untertitel seines Buches „33
erstaunliche Lichtblicke“ davon überzeugen, dass „die Welt besser
ist, als wir denken“. Das zu zeigen, gelingt ihm. Hinter seinem
tatsächlichen Anspruch bleibt er dagegen weit zurück, nämlich zu
zeigen, dass wir in der besten aller möglichen Welten
leben.


Ein Standpunkt von Norbert Häring.


Wenn es nach den Berichten und Kommentaren der Medien geht,
dann sind Hunger, Bildungsnotstand, Ressourcenknappheit,
Wassermangel und Krankheiten unausrottbare Geißeln der
Menschheit, vor allem in den ärmeren Ländern. Fragt man
entsprechend die Menschen danach, wie groß diese Probleme sind
und ob sie geringer oder größer werden, verschätzen die meisten
sich massiv zum Schlechteren.


Gegen diese Negativverzerrung schreibt Axel Bojanowski mit
33 oft eindrucksvollen Berichten von dramatischen Verbesserungen
an. Er berichtet vom starken Rückgang extremer Armut, trotz
starkem Bevölkerungswachstum, von einer noch dramatischeren
Verbesserung der Bildungssituation in armen Ländern, von einer
Lebenserwartung, die dort inzwischen meist fast so hoch ist wie
in den reichen Ländern, von wachsenden Landmassen auf der Erde,
trotz (langsam) steigendem Meeresspiegel. Selbst in Bangladesch,
dem Land, von dem es immer hieß, ein Drittel werde im Meer
versinken, nimmt die Landmasse zu. Auch die Anzahl der Opfer von
Wetterkatastrophen ist trotz rapidem Bevölkerungsanstieg stark
gesunken.


Das sind alles Befunde, die in ihrem Ausmaß die meisten und
selbst der Richtung nach viele überraschen werden. Sie taugen als
Mittel gegen übertriebenen Pessimismus. Sie können zeigen, dass
die Welt nicht ganz so schlecht ist, wie viele denken, eventuell
auch, dass sie noch besser ist, als selbst moderate Optimisten
meinen. Insofern löst Bojanowski ein, was der Untertitel
verspricht. Das wäre geeignet, den Lesern Mut zu machen, dass es
sich lohnt sich für weitere Verbesserungen der Zustände zu
engagieren.


Allerdings wählt Bojanowski fast durchgängig Formulierungen,
die deutlich weiter gehen. Mit den Beispielen will er uns
überzeugen, ja fast nötigen, seiner impliziten Aussage
zuzustimmen, dass wir bereits in der besten aller möglichen
Welten leben, und dass, wer daran zweifelt, wer auf Missstände
und auf Probleme zum Beispiel neuer Technologien hinweist, ein
ewiger Pessimist und Nörgler ist.


Das fängt bei der Einführung an, in der der Autor es komplett
versäumt, Pessimisten bei ihren Sorgen abzuholen, sondern
stattdessen seitenlang einen Fortschritt der letzten Jahrhunderte
nach dem anderen aufzählt. Erst am Ende des Vorworts räumt er
summarisch ein, dass es immer noch viel zu verbessern gibt, dass
„der Fokus allein auf Fortschritte in die Irre führen“ würde,
weil übertriebener Optimismus ebenso lähme wie betriebener
Pessimismus.


Das scheint aber eher ein nachträglicher Gedanke gewesen zu
sein, denn im Buch macht es sich nicht bemerkbar, weder
inhaltlich, noch im Ton. Und am Ende macht Bojanowski sogar noch
explizit, dass er es nicht so ernst meint mit der Anerkennung von
Problemen, wenn er ein Kapitel überschreibt mit:
„Die ewige Quengelei der Fortschrittsskeptiker“.

...hier weiterlesen:
https://apolut.net/buchrezension-33-erstaunliche-lichtblicke-von-norbert-haring/


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