Guten Morgen, Naked String Quartet
Axel Brüggemann im Gespräch mit Shasta Ellenbogen
22 Minuten
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Beschreibung
vor 6 Monaten
Vier Musikerinnen haben sich am Pool aufgebaut: Ein nacktes
Quartett, mitten im Berliner KitKat-Club. Auf den Pulten steht
Haydns Kaiserquartett. Die Meisten Zuhörerinnen und Zuhörer tragen
Fetisch-Kleidung, viele hören aufmerksam zu, einige nippen dabei an
Getränken. Irgendwann beginnt einer der Männer ganz
selbstverständlich den Hintern seiner Partnerin zu schlagen
– mit der flachen Hand, stets im Rhythmus der Musik. Das
Quartett spielt weiter. Das Publikum hört weiter zu und genießt die
Frivolität der Nacht. Nur Haydns Kaiserquartett wird für das Naked
String Quartet zukünftig einen neuen Namen tragen: das Spanking
Quartett. Shasta Ellenbogen ist die Violistin und die Gründerin des
Naked String Quartet. Wenn sie am Morgen nach der Aufführung über
die Welt der klassischen Musik spricht, tut sie das mit eben so
viel Frustration wie Leidenschaft. Ellenbogen ist eine hoch
virtuose Musikerin aus Kanada. Sieben Jahre lang hat sie die
Konzertreihe Classical Sundays an verschiedenen Orten in Berlin
veranstaltet. Das war ihr erster Versuch, einer reglementierten
Klassik-Welt zu entkommen. Ellenbogen hat die Nase voll von der
Mainstream Klassik. Und das ist noch untertrieben. Sie stört das
Auftreten und die Inkompetenz vieler Musikerinnen und Musiker –
besonders von Dirigenten. Sie spricht von mangelnder
Kommunikationsfähigkeit, von fehlendem Überblick über die Partitur,
von schlechter Probenarbeit und miserabler Bezahlung. Für sie ist
die alte Klassik-Welt ein »perfekter Mix aus toxischer Männlichkeit
und dem Geruch von bully boomern«. Enttäuschungen erlebte
Ellenbogen auch in der Kammermusik. Sie beschreibt das Naked String
Quartet daher bewusst als untypische Kammermusikgruppe, obwohl auch
hier eine art Diktatur herrsche – nur ein »matriarchalisches
Diktatorentum in freundlicher Ausführung«. Ellenbogen glaubt, dass
klassische Musik auch deshalb unpopulär ist, weil sie auf eine
überkommene Art und Weise präsentiert wird. Die Klassik-Krise sei
keine Bildungskrise, sagt sie, sondern eine künstlerische Krise.
Die Hauptprobleme seien mangelnde Partiturkenntnis und
undifferenzierte Positionierungen von Musikerinnen und Musikern
gegenüber der Musik. Nach den Classical Sundays wurde Ellenbogen
vom KitKat Club zu einem Konzert eingeladen – ein sonntägliches
Brunch-Event. Nach einem halben Jahr fragte sie nach, ob Klassik
nicht auch in die eigentliche Clubnacht integrieren könnte und bot
der Chefin an, kostenlos bei einer Rokoko-Party zu spielen – zum
ersten Mal nackt. Damals hat das Publikum, Ellenbogen erinnert
sich, dass einige ziemlich high waren, die Performance mit
Haydn-Musik geliebt und »hörten uns mit offenem Mund zu.« Seit dem
war ihr klar, dass regelmäßige Konzerte eine Chance haben. Da
musste nur noch »über den finanziellen Zuschlag für das
Nacktspielen« verhandelt werden – und seither tritt das Naket
String Quartet jeden Samstag im KitKat-Club auf. Das erste Mal ohne
Klamotten zu spielen war für Ellenbogen und ihre Kolleginnen mit
allerhand Aufregung verbunden. »Alle hatten Hemmungen«, sagt die
Bratscherin, »meine persönliche Hauptsorge war, dass die Leute mich
nicht hot finden.« Doch sobald sie auf der Bühne stand, habe die
Nacktheit keine Rolle mehr gespielt. Seither gibt es verschiedene
Musikerinnen (und einige Musiker), die an den Samstagen zum Naket
String Quartett verschmelzen und in der Regel Musik von Schubert,
Mendelssohn, Dvorak, Beethoven, Ravel, Johann Strauss, Smetana oder
Offenbach spielen. Das Publikum im KitKat Club unterscheide sich
nicht wirklich von einem normalen Konzertpublikum, sagt Ellenbogen.
Zwar tragen es Fetisch Klamotten oder sei ebenfalls nackt, aber das
Wichtigste sei, dass die Leute sich unterhalten wollen. Die Musik
dient als Inspiration. Trotz der Nacktheit und der Umgebung
empfindet Ellenbogen den KitKat Club als »die sicherste Umgebung,
in der ich je gespielt habe«. Es sei ein sicherer Raum abseits der
typischen Leistungsän
Quartett, mitten im Berliner KitKat-Club. Auf den Pulten steht
Haydns Kaiserquartett. Die Meisten Zuhörerinnen und Zuhörer tragen
Fetisch-Kleidung, viele hören aufmerksam zu, einige nippen dabei an
Getränken. Irgendwann beginnt einer der Männer ganz
selbstverständlich den Hintern seiner Partnerin zu schlagen
– mit der flachen Hand, stets im Rhythmus der Musik. Das
Quartett spielt weiter. Das Publikum hört weiter zu und genießt die
Frivolität der Nacht. Nur Haydns Kaiserquartett wird für das Naked
String Quartet zukünftig einen neuen Namen tragen: das Spanking
Quartett. Shasta Ellenbogen ist die Violistin und die Gründerin des
Naked String Quartet. Wenn sie am Morgen nach der Aufführung über
die Welt der klassischen Musik spricht, tut sie das mit eben so
viel Frustration wie Leidenschaft. Ellenbogen ist eine hoch
virtuose Musikerin aus Kanada. Sieben Jahre lang hat sie die
Konzertreihe Classical Sundays an verschiedenen Orten in Berlin
veranstaltet. Das war ihr erster Versuch, einer reglementierten
Klassik-Welt zu entkommen. Ellenbogen hat die Nase voll von der
Mainstream Klassik. Und das ist noch untertrieben. Sie stört das
Auftreten und die Inkompetenz vieler Musikerinnen und Musiker –
besonders von Dirigenten. Sie spricht von mangelnder
Kommunikationsfähigkeit, von fehlendem Überblick über die Partitur,
von schlechter Probenarbeit und miserabler Bezahlung. Für sie ist
die alte Klassik-Welt ein »perfekter Mix aus toxischer Männlichkeit
und dem Geruch von bully boomern«. Enttäuschungen erlebte
Ellenbogen auch in der Kammermusik. Sie beschreibt das Naked String
Quartet daher bewusst als untypische Kammermusikgruppe, obwohl auch
hier eine art Diktatur herrsche – nur ein »matriarchalisches
Diktatorentum in freundlicher Ausführung«. Ellenbogen glaubt, dass
klassische Musik auch deshalb unpopulär ist, weil sie auf eine
überkommene Art und Weise präsentiert wird. Die Klassik-Krise sei
keine Bildungskrise, sagt sie, sondern eine künstlerische Krise.
Die Hauptprobleme seien mangelnde Partiturkenntnis und
undifferenzierte Positionierungen von Musikerinnen und Musikern
gegenüber der Musik. Nach den Classical Sundays wurde Ellenbogen
vom KitKat Club zu einem Konzert eingeladen – ein sonntägliches
Brunch-Event. Nach einem halben Jahr fragte sie nach, ob Klassik
nicht auch in die eigentliche Clubnacht integrieren könnte und bot
der Chefin an, kostenlos bei einer Rokoko-Party zu spielen – zum
ersten Mal nackt. Damals hat das Publikum, Ellenbogen erinnert
sich, dass einige ziemlich high waren, die Performance mit
Haydn-Musik geliebt und »hörten uns mit offenem Mund zu.« Seit dem
war ihr klar, dass regelmäßige Konzerte eine Chance haben. Da
musste nur noch »über den finanziellen Zuschlag für das
Nacktspielen« verhandelt werden – und seither tritt das Naket
String Quartet jeden Samstag im KitKat-Club auf. Das erste Mal ohne
Klamotten zu spielen war für Ellenbogen und ihre Kolleginnen mit
allerhand Aufregung verbunden. »Alle hatten Hemmungen«, sagt die
Bratscherin, »meine persönliche Hauptsorge war, dass die Leute mich
nicht hot finden.« Doch sobald sie auf der Bühne stand, habe die
Nacktheit keine Rolle mehr gespielt. Seither gibt es verschiedene
Musikerinnen (und einige Musiker), die an den Samstagen zum Naket
String Quartett verschmelzen und in der Regel Musik von Schubert,
Mendelssohn, Dvorak, Beethoven, Ravel, Johann Strauss, Smetana oder
Offenbach spielen. Das Publikum im KitKat Club unterscheide sich
nicht wirklich von einem normalen Konzertpublikum, sagt Ellenbogen.
Zwar tragen es Fetisch Klamotten oder sei ebenfalls nackt, aber das
Wichtigste sei, dass die Leute sich unterhalten wollen. Die Musik
dient als Inspiration. Trotz der Nacktheit und der Umgebung
empfindet Ellenbogen den KitKat Club als »die sicherste Umgebung,
in der ich je gespielt habe«. Es sei ein sicherer Raum abseits der
typischen Leistungsän
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