Drohnenpodcast Folge 6: C0

Drohnenpodcast Folge 6: C0

12 Minuten

Beschreibung

vor 8 Monaten

Klasse bei Masse


Die Klassen C0 und C1 sind der Unterkategorie A1 zugeordnet, bei
C2 ist Fliegen in der Unterkategorie A2 möglich und C3 und C4
(wie auch die etwas aus der Reihe tanzenden Klassen C5 und C6)
sowie alles, was 250 Gramm oder mehr wiegt und keine Klasse
aufweist gehören weit nach draußen in die Unterkategorie A3.


C0


Drohnen der Klasse C0 sind Drohnen, die weniger als 250 Gramm
wiegen – einschließlich Nutzlast. Weniger als 250 Gramm bedeutet,
dass 250 Gramm schon zu viel ist! Das bedeutet aber auch, dass
schon ein zusätzlich angebrachter ND-Filter oder eine LED die
Grenze reißen können. Und dann wird aus einer C0-Drohne nicht
etwa eine C1-Drohne, sondern dann hat man ein echtes Problem.
Welches? Bleiben Sie am besten bis zum Kapitel mit dem
schwungvollen Namen „MTOM“ dran. Ein wenig Spannung soll ja noch
bleiben.


Neben dem Gewicht ist auch die Geschwindigkeit reguliert. Mehr
als 19 m/s sind nicht drin. Das entspricht aber immerhin 68,4
km/h und damit einem Autofahrer in der Stadt, der großzügig
einige Prozente auf die erlaubte Geschwindigkeit draufschlägt.
Auch darf die Drohne nur eine Höhe von 120 Metern über dem
Startpunkt erreichen. Zu diesen Höhenangaben kann man sich
wunderbar auslassen und anregende Diskussionen ausleben
(Stichwort: Fliegen am Berghang). Dazu mehr im weiteren Verlauf.
Dann erfahren Sie auch, warum DJI deswegen einen kleinen
Shitstorm erlebt hat und wie flexibel plötzlich vermeintlich
verpflichtende Regelungen sein können.


Auch zur weiteren Gestaltung der Drohne finden sich in der
Verordnung 2019/945 einige Vorgaben. Schließlich sollen die
Prüfer bei der Zertifizierungsstelle auch was zu tun haben. So
muss die Drohne unter allen anzunehmenden Betriebsbedingungen
sicher steuerbar sein. Das bezieht sich auf Stabilität,
Manövrierbarkeit und Datenübertragungsleistung und soll sogar
gelten, wenn eines oder mehrere Systeme ausfallen. Dass die
Drohne nun den Gleitschirm ausfährt, wenn der Motor ausfällt, das
wird nicht erwartet. Aber dass bei nachlassender Akkuleistung
oder auch Problemen mit der Verbindung Automatismen für den
Rückflug und Warnungen greifen, ist somit Pflicht.


Verletzungen von Menschen während des Betriebs müssen minimiert
werden. Insbesondere sollten scharfe Kanten vermieden werden.
Bitte da aber jetzt kein blindes Vertrauen haben. Der Griff in
die laufenden Rotoren war schon immer und ist auch bei
zertifizierten Drohnen eine sehr blöde Idee. Denn sofern nach
guten Konstruktions- und Herstellungspunkten Gefahren technisch
unvermeidbar sind, darf der Mensch von der Drohne auch verletzt
werden. Immerhin soll ausdrücklich die Gefahr einer von den
Propellerblättern ausgehenden Verletzung begrenzt werden.
Begrenzt! Kurz gesagt: es tut trotzdem weh, sehr weh, wenn man
Pech hat. Dann gibt es noch Vorgaben zum Strom (höchsten 24 V
Gleichstrom).


Und wenn ein Follow-me Modus dabei ist und eingeschaltet wird,
dann darf sich die Drohne höchsten 50 Meter vom Piloten
entfernen. Das ist eine Funktion, bei der man der Drohne in der
Regel über das Display mitteilt, welches Objekt sie starr im
Blick behalten soll. Wenn sich dieses bewegt (wie zum Beispiel
der Pilot selbst), dann fliegt die Drohne mit einem festen
Abstand hinterher, bis sie keinen Bock mehr hat (also das Objekt
aus dem Blick verliert) oder an einem Baum hängen bleibt. Und
dieser Abstand darf maximal 50 Meter betragen. Außerdem muss es
dem Fernpiloten jederzeit möglich sein, die Kontrolle über die
Drohne zurückzuerlangen. Da wird es eng, wenn man gleichzeitig
noch ein Auto steuert. Ein Problem damit gibt es aber auch bei
autonomen Drohnen. Diese sog. Selfiedrohnen werden damit
beworben, dass sie nach dem Einschalten alles automatisch machen,
ohne dass noch eine Fernsteuerung vorhanden sein muss. Beispiele
hierfür sind die DJI Neo oder auch die HoverAir-Drohnen.
Verwechseln die spontan einen vorbeifahrenden VW Beatle mit dem
Gesicht Ihres Besitzers, dann kann man nur noch hinterherwinken
und traurig murmeln, dass es doch eigentlich Follow ME heißt. Ob
zumindest die direkte Verbindung der Drohne mit dem Handy
ausreicht, eine Kontrolle im Sinne der Verordnung anzunehmen,
bleibt noch zu auszudiskutieren.


Wichtig ist noch, dass ein Informationsblatt zu geltenden
Beschränkungen und Auflagen und insbesondere ein Benutzerhandbuch
beiliegen. Letzteres enthält auch die schon angesprochene,
sagenumwobene MTOM bzw. höchstzulässige Startmasse.


Und um Sie nun nicht noch mehr auf die Folter zu spannen, hier
nun der Exkurs zu diesem Thema. Juristen mit Hang zur Penibilität
gefällt das.


EXKURS MTOM


Machen wir es plastisch, was das Thema MTOM angeht: Es begab sich
im Jahr 2025, dass die Firma DJI eine Drohne Namens DJI Flip auf
den Markt brachte. 249 Gramm leicht. Die Grenze für die
paradiesischen Flugmöglichkeiten einer C0-Zertifizierung liegt,
wie gerade ausgeführt, genau bei 250g. Auf einer inzwischen nicht
mehr abrufbaren Werbeseite eines Händlers wurde zum Marktstart
auf die Kompatibilität der DJI Flip mit dem DJI Cellular Dongle 2
hingewiesen. Ein kleiner Zusatz, der das Fliegen auch dort
ermöglicht, wo normale Controller nicht hinkommen und dann das
Mobilfunknetz eingreift. Freudestrahlend wird darauf hingewiesen,
dass die Drohne auch mit den 295g immer noch so kompakt sei.
Aufmerksame Zuschauer haben schon festgestellt, 295g ist mehr als
249g. Und nun? Da kommt das MTOM ins Spiel. Das ist das maximale
Abfluggewicht, auf Englisch viel cooler „Maximum Take-Off Mass“
genannt. Spannend ist, dass das vom Hersteller selbst festgelegt
wird und in die Bedienungsanleitung geschrieben worden sein muss.
Auf dieser Basis erfolgt dann die Zertifizierung. Regelungen dazu
finden sich in den schon bekannten EU-Verordnungen 2019/945 und
2019/947. Vor Aufnahme des Betriebs muss der Fernpilot
überprüfen, dass die Masse einer möglichen zusätzlichen Nutzlast,
die die Drohne mit sich führt, nicht die vom Hersteller
festgelegte MTOM oder das MTOM-Limit seiner Klasse übersteigt
(UAS.OPEN.060). Verantwortlich ist also der Fernpilot. Und nach §
58 Abs. 2 Nr. 10 Luftverkehrsgesetz ist es sogar eine
Ordnungswidrigkeit, wenn man sich nicht daran hält. Der hier
besprochene Fall ist da noch recht einfach. Mit 295g wird aus
einer C0-Lizenz nicht plötzlich eine C1-Zertifizierung. Das wäre
ja noch schöner bzw. wie wir Deutschen sagen: wo kämen wir denn
da hin. Das ist eine Ordnungswidrigkeit. Und selbst wenn man
meint, dass dann plötzlich aus der DJI-Drohne eine
Selbstbaudrohne wird, so sind wir Bereich der Unterkategorie A3.
Und da muss man dahin, wo sich die Aliens in den Kornkreisen
Gute-Nacht sagen: raus aufs Land, weg von allen Wohngebieten.
Dahin, wo Drohnenfliegen zu einem meditativen Erlebnis wird. Aber
dass durch Anbringen von Zubehör ein Selbstbau vorliegt, das
glaubt wohl keiner.


Aber wo ist der rechtliche Spaß? Der kommt, wenn wir kleiner
denken. Was ist denn mit einem ND-Filter mit 5 Gramm oder einem
LED-Licht mit einem Gramm? Und was ist, wenn wir das ganze mit
der DJI Neo durchspielen, die doch nur 135g wiegt und damit trotz
all dieser Spielchen unter 250g bleiben? Jetzt kommt es: Da gilt
das gleiche. 135g sind bei der Neo das MTOM und das muss
eingehalten werden. Es sei denn, es wurde schon offiziell Zubehör
in der Beschreibung (also in der Bedienungsanleitung und damit
auch als Teil der Zerifizierung) benannt. Da ist aber in der
Regel nur DJI-Zubehör aufgeführt, wenn überhaupt. Also den
ND-Filter von Ebay auf die Neo gepackt, 140g abheben lassen und
schwupps, schon illegal. Der Einstieg in die Kriminalität.
Verhaftung, Verurteilung, sozialer Abstieg. Nicht schön, aber so
ist Drohnenfliegen.


Kurz gesagt: Das vom Hersteller in der Bedienungsanleitung
angegebene maximale Abfluggewicht sollte man allenfalls mit dem
dort angegebenen Zubehör erhöhen. Und die starren Grenzen der
Drohnenklassen sind genau das: starr. Flexibilität gibt es nicht.
Um es mit einem Kanzlerkandidaten der SPD vor einigen Jahren zu
sagen: Isso.

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