#682 Unglaubwürdig in allen Punkten: Ist unser Mandant der Täter?

#682 Unglaubwürdig in allen Punkten: Ist unser Mandant der Täter?

Die spannende Welt der Strafverteidigung (6)
24 Minuten

Beschreibung

vor 8 Monaten
Nina und Duri studieren die Akten ihres neuen Falles. Ihr Mandant
wurde am Vormittag auf die Polizeiwache bestellt, dort vorläufig
festgenommen und am Nachmittag als Auskunftsperson befragt. Am
Abend folgte die Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft. Zwei
Einvernahmen an einem Tag - wie kam es dazu? Sie nehmen die
Protokolle unter die Lupe: Warum wurde der Mandant zuerst als
Auskunftsperson vernommen? Welche Rolle spielte diese erste
Vernehmung? Wie sind seine Aussagen bei der Staatsanwaltschaft zu
würdigen? Liest man nur das Protokoll, ist der Mandant der Täter.
Zumindest sieht es so aus: Er lügt - über das Motiv, über das Blut
an seinen Händen, über seine Anwesenheit am Tatort - und er ist
laut Staatsanwalt nicht erschüttert über den Tod seines Bruders.
Aber was sagt ein Protokoll wirklich über die Wahrheit aus? Auch
versetzen sie sich in die Lage ihres Mandanten: Der eigene Bruder
wurde ermordet - und plötzlich steht man selbst unter Verdacht. Wie
erlebt man ein Verhör in einem solchen Ausnahmezustand? Welchen
Einfluss hat die Protokollierungstechnik auf die spätere
Beweiswürdigung? Und welche Rolle spielt der Dolmetscher? Und dann
stellt sich die Frage: Hätten sie als Verteidigung bei der
Hafteinvernahme Ergänzungsfragen gestellt? Was ist deine Meinung?
Ja, Ergänzungsfragen wären wichtig gewesen. Die Protokolle weisen
Widersprüche und Unklarheiten auf, die durch gezielte Nachfragen
hätten aufgeklärt werden können. Insbesondere bei den Punkten
Motiv, Blutspuren und Anwesenheit am Tatort wäre es wichtig
gewesen, nachzufragen, um Fehlinterpretationen oder
missverständliche Formulierungen zu vermeiden. Eine präzise
Fragestellung hätte die Möglichkeit eröffnet, den Kontext der
Aussagen besser einzuordnen und den Mandanten vor einer einseitigen
Protokollierung zu schützen. Oder: Nein, es war taktisch klüger,
keine Ergänzungsfragen zu stellen. Jede Frage birgt das Risiko,
dass sich der Klient weiter in Widersprüche verstrickt oder neue
belastende Aussagen macht. Zudem wurde die Vernehmung von der
Staatsanwaltschaft gesteuert - ohne vorherige Akteneinsicht hätte
jede Intervention mehr Schaden als Nutzen bringen können. In einem
solchen Fall ist es oft besser, später eine eigene Version der
Ereignisse zu präsentieren, als sich auf ein ungünstiges Protokoll
einzulassen. Das Team diskutiert - und du kannst mitentscheiden.
Stimme mit Nina und Duri ab auf [Duris
LinkedIn-Profil](https://lnkd.in/dy6QyrqX). Willkommen im
Strafverteidiger-Team! Willkommen in der spannenden Welt der
Strafverteidigung. Fragen, Meinungen, Feedback? Schreibe an
[bonin@blra.ch](https://www.duribonin.ch).

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